Wie Kommunikatoren Zeitfresser vermeiden

Zeitmanagement

 Ich habe nie gezählt, wie oft ich in meinen rund 30 Jahren in dieser Branche von Kommunikatoren den Satz „Mir fehlt die Zeit“ gehört habe. Jeder weiß, dass der Job eines Kommunikationsverantwortli­chen in Unternehmen ein sehr fordernder war, ist und es auch bleiben wird.

Kein Tag ist wirklich planbar. Das Unerwartete kommt oft gerade dann, wenn es nicht in den vorge­sehenen Ablauf passt. Das ist anstrengend, erfordert eine hohe Flexibilität und maximale Konzentration. Der Druck ist immens, denn im Zeitalter der Digita­lisierung ist alles noch einmal schneller geworden. Vorbei die Zeit, als man sich mit einem wohldurch­dachten Pressestatement Zeit lassen konnte.

Ich erinnere mich noch an diverse Kommunikatoren, die früher lässig auf Medienanfragen mit „Kein Kommentar“ geantwortet haben. Einen Shit­storm gab es noch nicht. Die Folgen waren deshalb überschaubar. „Am nächsten Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, pflegte einer meiner frühe­ren Kollegen dann augenzwinkernd zu sagen.

Heute weiß jeder, dass eine gute und schnelle Kommunikation überaus hilfreich ist – vor allem um kritische Situationen zu meistern. Der Kommu­nikator ist Lotse im Meer der sich überschlagenden Meinungen – vor allem im aufgewühlten Netz. Um im Tagesgeschäft die richtigen Entscheidungen auf der Kommandobrücke der Kommunikation zu treffen, braucht man Zeit. Daher ist Effizienz der Schlüssel, um sie sich zu schaffen.

Ende der One-Man-Shows

Kommunikation ist schon lange keine One-Man- oder One-Woman-Show mehr. Es gibt Teams, Newsrooms, PR-Abteilungen – oft mit einer Vielzahl von Leuten. Die wollen gesteuert, motiviert, gefordert und geför­dert werden. Das kostet Zeit. Die ist aber gut investiert. Denn die kommunikativen Herausforderungen lassen sich nur im Team optimal managen. Je besser die Crew, desto ruhiger kann der Kapitän das Schiff steuern.

Zeitfresser in diesem Job gibt es viele. Die meis­ten lassen sich aber auch bekämpfen. Muss man auf jedes Event? Ganz klar: Nein! Präsenz vor Ort kostet Zeit. Nicht jeder Vortrag bringt einen weiter. Oft las­sen sich die Key Facts auch digital verfolgen oder im Anschluss komprimiert aufsaugen. Auch die Vielzahl der Informationen, die auf einen Kommunikator täg­lich einprasseln, gilt es zu dosieren und zu strukturie­ren. Niemand muss heute mehr auf einen „Presse­spiegel“ warten, um sich ein schnelles Bild der Lage zu machen. Alerts und smarte digitale Dashboards mit Themen- und News-Entwicklungen helfen weiter.

Endlose Diskussionen im eigenen Haus

Ein erfahrener Kommunikator eines Unternehmens hat mir kürzlich gesagt, dass am meisten Zeit durch endlose Diskussionen im eigenen Haus verschwen­det wird – mit Leuten, die „nicht auf Ballhöhe mit der modernen Kommunikation sind“. Er verglich das mit dem kommunikativen Debakel der CDU rund um die Generalabrechnung des Youtubers Rezo. Auch in Unternehmen sind viele Führungskräfte keine Kom­munikationsprofis. Dafür haben sie schließlich ihre Fachleute.

Dennoch braucht es ein Verständnis für Kommu­nikation und ihre Wirkung. Deshalb hat der genannte Kommunikator „Kom-Breaks“ eingeführt. Er ver­steht darunter kleine feine Impulse über Kommuni­kation für die Kolleginnen und Kollegen im Manage­ment außerhalb seines Bereichs. Immer wieder stellt er Trends aus der weiten Welt der Kommunikation vor und macht sie anhand von Beispielen (be-)greif­bar. Seitdem er das macht, ist das Verständnis für Kommunikation gestiegen. Er spart dadurch Zeit.

Was er mit der eingesparten Zeit macht, habe ich ihn gefragt? „Ich lasse mich von unseren jungen Leuten ‚aufschlauen‘ – in Sachen Tiktok und anderen Entwicklungen.“ Zeit zu haben, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben – ein guter Plan.

Das Buch zum Autor

Frank Behrendts 2016 erschienenes Buch „Liebe dein Leben und nicht deinen Job. 10 Ratschläge für eine entspannte Haltung” hat auch außerhalb der Kommunikationsbranche für Furore gesorgt. Es gibt Anregungen, wie man trotz eines ausgefüllten Arbeitsalltags gelassener und mit guter Laune durch das Leben gehen kann.

 

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ZEIT. Das Heft können Sie hier bestellen.

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