Zwar kann es der Frauenfußball nicht mit dem der Männer aufnehmen, was Aufmerksamkeit und Medieninteresse angeht. Er hat aber die treueren Fans, sagt Friederike Mehring, Pressesprecherin von Turbine Potsdam. Im Interview spricht sie unter anderem darüber, warum sie die Forderung nach gleicher Bezahlung von Spielern und Spielerinnen für utopisch hält und wie die Kommunikation die Gleichberechtigung dennoch vorantreiben kann.
Frau Mehring, sie kommunizieren für einen der erfolgreichsten Frauenfußballvereine Deutschlands. Wie sieht Ihre Arbeit aus?
Friederike Mehring: Je nachdem, was gerade ansteht, ist die Kommunikation unter der Woche fast immer gleich. Wenn wir am Wochenende gespielt haben, werden montags beispielsweise alle Berichte und Ergebnisse auf unserer Homepage veröffentlicht und auf Social Media – Facebook, Instagram – geteilt. Dienstags und mittwochs folgen die Spielberichte der zweiten Mannschaft sowie der Jugendmannschaften, und bewegt sich die Woche dem Ende zu, geht es schon wieder an die Ankündigungen für das kommende Wochenende. Ansonsten schreibe ich Pressemitteilungen, wenn irgendetwas Bedeutendes passiert ist – sich eine Spielerin beispielsweise verletzt, ein Event ansteht oder wir eine Neuverpflichtung haben. Außerdem bereite ich unsere Heimspieltage vor, schreibe also Akkreditierungen und koordiniere Interviewanfragen. Auch außerhalb der Saison ist viel Vorbereitung gefordert: Autogrammkarten müssen gestaltet, ein Jahresplaner erstellt und die Homepage auf die neue Saison aktualisiert werden.
Welche Rolle spielt Social Media in Ihrer Kommunikation?
Heutzutage besitzt ja eigentlich fast jeder Mensch ein Smartphone. Die meisten, gerade Jugendliche, beziehen ihre Informationen ausschließlich über die sozialen Medien. Es ist also ein absolutes Muss, dort vertreten zu sein – und zwar mit schönem, ansprechendem, qualitativ hochwertigem Content. Auf diese Weise macht man die Leute auf sich aufmerksam – ob es Spielerinnen, potenzielle Stadionbesucher oder Sponsoren sind. In meinen Augen ist dieses Medium nicht nur die Außendarstellung der Zukunft, sondern bereits von heute. Künftig wird es nur noch wichtiger werden.
Ist es schwieriger, für den Frauenfußball zu kommunizieren als für den Männerfußball?
Wenn man die Social-Media-Zahlen vergleicht, sieht man zum Beispiel, dass dem Account von Bayern München mehrere Millionen Menschen folgen. Vergleicht man aber, wie viele Menschen mit den Beiträgen interagieren – sie also liken oder darauf antworten – sieht das Verhältnis im Frauenfußball besser aus. Wir haben eine fast zehnprozentige Interaktionsrate – das ist schon hoch. Wenn die Leute uns also auf allen Kanälen folgen, tun sie das aus wirklichem Interesse. Oft verfolgen sie das Geschehen über die gesamte Saison hinweg. Dagegen schauen beim Männerfußball viele Leute wohl einfach nebenbei, was dort gerade so passiert. Ich würde also sagen, es ist für uns etwas schwieriger, Leute dazu zu bekommen, uns zu folgen. Wenn man es aber einmal geschafft hat, hat man wirklich treue Fans gewonnen.
Kommunizieren Sie hauptsächlich für die bestehenden Fans oder wollen Sie auch Überzeugungsarbeit leisten?
Natürlich will man das Interesse der schon bestehenden Fanbase stillen, aber mehr Leute zum Stadionbesuch zu animieren, ist immer das Ziel. Gerade in der Frauenbundesliga – aber auch im Fußball allgemein – sind die Zuschauerzahlen in den Stadien rückläufig. Diesem Trend wollen wir in der Liga gemeinsam entgegenwirken. Auf Social Media beispielsweise kann man viel „zum Anfassen“ posten, Stadionerlebnisse, um den Menschen das Gefühl zu geben: „Das habe ich gerade verpasst, vielleicht gehe ich nächste Woche mal hin.“ Man muss es den Leuten schmackhaft machen. Hat jemand daran Gefallen gefunden, ist die Hemmschwelle, sich ein Ticket zu kaufen, aufgrund der Preise auch ein bisschen niedriger.
Stört es Sie, dass Frauenfußball in den Medien immer noch wesentlich weniger Aufmerksamkeit erhält als Männerfußball?
Stören tut es mich nicht direkt – so war es eben immer schon. Im Frauenfußball sind wir im Moment auf einem sehr guten Weg, auf uns aufmerksam zu machen. Gerade bei der Weltmeisterschaft im Sommer liefen sehr gute Sachen, der DFB-Kanal ist sehr gut bestückt. Ich bin auch generell kein Fan davon, Frauen- und Männerfußball zu vergleichen. Schade finde ich es natürlich schon, dass Frauen weniger Aufmerksamkeit erhalten, da sie am Ende das Gleiche leisten – in Bezug auf Zeit, Engagement und Leidenschaft. Ich persönlich glaube nicht, dass man irgendwann mit den Männern gleichziehen wird, was das Interesse angeht. Aber wir bekommen definitiv schon mehr Aufmerksamkeit als früher und daran sollten wir weiterhin arbeiten.
Hat sich durch die Weltmeisterschaft im Sommer etwas zum Positiven verändert?
Generell merkt man, ob bei uns in der Liga oder bei der Nationalmannschaft: Je besser eine Mannschaft abschneidet, desto größer ist das Interesse. Ich glaube aber, dass gerade in Bezug auf die Nationalmannschaft – auch dank dem sehr gelungenen Werbeclip der Commerzbank – schon etwas hängen geblieben ist. Viele Nationalspielerinnen sind den Leuten jetzt ein bisschen bekannter. Auch dank den Medienaktivitäten des DFB ist eine größere Aufmerksamkeit entstanden. Bis zu den Bundesligavereinen ist das aber leider noch nicht durchgesickert.
Versuchen Sie trotzdem, Ihre Vereinskommunikation solchen Ereignissen anzupassen?
Momentan haben wir nur zwei deutsche Nationalspielerinnen, Johanna Elsig und Anna Gasper, unter Vertrag. In der vergangenen Saison waren es eine Schwedin und vier potentielle deutsche Nationalspielerinnen, von denen Svenja Huth und Johanna Elsig zur WM fuhren. Daher tangierte uns der Social-Media-Hype des DFBs eher weniger.
Wir haben in der Vorabkommunikation schon versucht, auf diesen Zug aufzuspringen. Man stellt die WM-Teilnehmerinnen noch einmal vor, wünscht ihnen viel Erfolg, fragt sie nach ihren Zielen. Sobald das Turnier aber läuft, glaube ich nicht, dass es sich für den Verein positiv auswirkt, da dazu die absolute Bekanntheit und das Fachwissen zum Frauenfußball fehlt – es sei denn, es stehen bei einem Verein wirklich viele Nationalspielerinnen unter Vertrag. Das ist aber meistens bei Wolfsburg und Bayern der Fall, und die bekommen auf Grund ihres Namens und des Erfolgs sowieso schon die meiste Beachtung.
Nun erhalten Fußballspielerinnen ja nicht nur weniger Aufmerksamkeit als ihre männlichen Kollegen, sondern auch weniger Gehalt. In den USA haben die Spielerinnen ihren Verband dieses Jahr beispielsweise wegen Diskriminierung verklagt. Was halten Sie von solchen Aktionen?
Ich bin nicht sicher, würde aber sagen, dass es nicht wirklich etwas bringt. Die Leute zu zwingen und zu erpressen, ist glaube ich nicht der richtige Weg. Der Frauenfußball muss einfach seine eigene Nische finden. Klar, man sollte sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Wir als Frauen bringen ordentlich Leistung und Leidenschaft – da muss es definitiv auch im monetären Bereich eine Steigerung geben. Es kann ja nicht sein, dass in der Bundesliga ein Großteil der Spielerinnen arbeiten muss, um im Profifußball aktiv sein zu können. Aber zu sagen, man will genauso viel bekommen wie die Männer, ist in meinen Augen utopisch. Ich finde aber auch, dass die Summen, die im Männerfußball fließen, jenseits von Gut und Böse sind.
Was kann die Kommunikation stattdessen tun, um die Gleichberechtigung von Fußballerinnen und Fußballern voranzutreiben?
Man muss das Interesse vieler Leute wecken, um zu zeigen, dass es die Welt doch interessiert, was hier abgeht. In der Beziehung zählen dann wirklich nur Zahlen. Außerdem kann eine gute und professionelle Kommunikation – ob beim DFB oder in den Vereinen – die Frauen auch als Profis von hoher Qualität darstellen. Ich glaube schon, dass das auch in den Köpfen der Zuschauer oder Follower hängen bleibt.
Zum Schluss: Was reizt Sie persönlich besonders an Ihrem Job?
Mir gefällt es tatsächlich, dass der Frauenfußball noch nicht fertig entwickelt ist. Dass wir gerade noch um so viel kämpfen müssen – das motiviert. Ich glaube auch, dass der Frauenfußball-Fan an sich ein bisschen dankbarer ist. Die freuen sich eher, wenn man alles nahbar gestaltet und erzählt. Auch der Frauenfußball im Allgemeinen ist noch sehr nahbar. Ich liebe es, mit meinen Spielerinnen zusammenzuarbeiten. Es herrscht eine sehr familiäre Atmosphäre, und sie haben immer Spaß und sind nicht genervt, wenn es hier und da mal heißt, wir drehen noch ein Video. Bei männlichen Profis kann das eher der Fall sein. Die Frauen sind auch selbst sehr interessiert daran, zu Wort zu kommen, gerade wenn es um diese Entwicklungsthemen geht, und selbst etwas bewegen zu können. Im Männerfußball ist das anders, der steht schon sehr für sich. Bei uns aber haben die Spielerinnen momentan die Chance, für sich selbst zu kämpfen. Ich glaube, das ist ein sehr großer Ansporn.