Ein Blick in die Kristallkugel

Zukunftsprognosen von jungen und erfahrenen PRlern

Welche Rolle werden etablierte Zeitungen und Magazine in Print und Online in zehn Jahren für die PR spielen?

Rüdiger Oppers: „PR macht nur Sinn, wenn es glaubwürdige Instanzen gibt. Solche Instanzen werden deshalb auch in zehn Jahren etablierte Zeitungen und Magazine sein, wobei die Verbreitung dann mehr über digitale Kanäle erfolgen wird. Es ist daher falsch, wenn heute so getan wird, als sei der Journalismus dem Untergang geweiht.

Das Gegenteil ist der Fall: Journalismus hat Zukunft, vor allem solcher, der auf Qualität setzt. Verlagsmanager irren, wenn sie glauben, Zeitungen, Magazine oder Online-Auftritte ließen sich kostengünstig mit PR-Material statt mit journalistischen Inhalten füllen. Diese Geschäftspolitik durchschauen Leser sehr schnell.“

Rüdiger Oppers ist Leiter des Zentralbereichs Kommunikation beim Spezialchemieunternehmen Evonik (c) Evonik

Rüdiger Oppers ist Leiter des Zentralbereichs Kommunikation beim Spezialchemieunternehmen Evonik. Von 2007 bis 2013 war er Chefredakteur der „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“ (c) Evonik

 

Franziska Vallentin: „Zeitungen sind zäh. Sie sterben langsam‘ – damit mag Medienprofessorin Emily Bell recht haben. Etablierte Medienmarken sind immer noch stark, vor allem in der investigativen Recherche. Das wird auch in zehn Jahren noch so sein. Doch die Bandbreite wird größer: Neue Kommunikationsformen zergliedern den Infomarkt weiter.

Formate wie Xing Klartext machen es heute schon vor. Gerade wer seine Zielgruppen direkt erreichen will, muss die Kommunikations-Klaviatur stetig erweitern und mutig sein. Nur auf den Leitartikel oder eine große Online-Strecke kann sich 2025 kein PR-Profi mehr verlassen.“

Franziska Vallentin leitet seit Oktober 2015 das Kommunikationsteam bei der ­Bahn-Tochter DB Netz (c) Privat

Franziska Vallentin stieg 2010 als Volontärin in der Konzernkommunikation der Deutschen Bahn ein. Zuletzt war sie dort als stellvertretende Sprecherin für den Personalbereich des Konzerns tätig. Seit Oktober 2015 leitet sie das Kommunikationsteam bei der ­Bahn-Tochter DB Netz (c) Privat

 

Storytelling, Integrierte Kommunikation und Co.: Welche Trends in der Kommunikation sind wirklich neu und innovativ, welche folgen althergebrachten Prinzipien?

Uwe Berlinghoff: “Bereits die Urmenschen kannten Content und Storytelling: Die Höhlenmalereien mit ihren lebendig dargestellten Jagd- und Alltagsszenen spiegeln bis heute die Erlebniswelt von vor 40.000 Jahren. Auch die Verstärkung von Botschaften durch Vereinheitlichung und Wiederholung ist ein alter Hut.

Wirklich neue Trends entstehen derzeit wegen des digitalen Wandels. Kommunikation wird dadurch schneller und dialogorientierter. Um mit den eigenen Botschaften durchzudringen, muss Kommunikation immer stärker in den normalen Alltag der Menschen gelangen. Dafür ist Glaubwürdigkeit die entscheidende Währung.“

Uwe Berlinghoff ist Bereichsleiter Konzernkommunikation, Kommunal- und Verbandsmanagement sowie Nachhaltigkeit bei Mainova (c) Mainova AG

Uwe Berlinghoff ist Bereichsleiter Konzernkommunikation, Kommunal- und Verbandsmanagement sowie Nachhaltigkeit beim Energieversorger Mainova in Frankfurt am Main. Zuvor war Berlinghoff Senior Vice President Communications bei Air Berlin (c) Mainova AG

 

Larissa Lauth: “An sich ist Storytelling nichts Neues: War es nicht schon immer die Kernkompetenz der PR, Inhalte authentisch und ansprechend aufzubereiten? Verändert haben sich aber die Möglichkeiten, wie Geschichten erzählt werden – etwa mittels crossmedialem Storytelling.

Eine echte Neuerung stellt hingegen der Corporate Newsroom dar. Damit begegnen Unternehmen den gestiegenen Anforderungen an Schnelligkeit, Transparenz und Konsistenz ihrer Botschaften im digitalen Zeitalter. Die Entscheidung für den Newsroom erfordert vor allem eines: Mut, neue Wege in der Kommunikation zu gehen. Schließlich ist der Leitspruch ‚Mauern einreißen‘ durchaus wörtlich zu verstehen.“

Larissa Lauth unterstützt nun den Vorstand ihrer BdP-Landesgruppe als „Young ­Professionals-Beauftragte“ (c) Monika Werneke

Larissa Lauth hat Unternehmenskommunikation/ PR an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz studiert. Sie war Vorstandsmitglied der studentischen PR-Initiative Kommoguntia und unterstützt nun den Vorstand ihrer BdP-Landesgruppe als „Young ­Professionals-Beauftragte“ (c) Monika Werneke

 

Obwohl stets von einer “feminisierten PR-Branche” die Rede ist, sind Frauen auf Chefposten auch in der Kommunikation rar. Wird sich das in absehbarer Zeit ändern?

Jan Reinholz: „Die PR-Branche wandelt sich stets: Nicht nur neue Kommunikationsformen und -wege, sondern auch neue Rollenmuster in kommunikativen Berufen entstehen. Die darin hineinwachsende Generation hat neue Werte und urteilt nicht nach dem Geschlecht, sondern nach Kompetenz. Und für eben diese Generation ist es nun an der Zeit, kommunikative Führungspositionen zu besetzen.

Wenn Frauen diese neuen Möglichkeiten nutzen und sich ihrer kommunikativen Stärken – und auch ihrer Führungsqualitäten – bewusst sind, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir bald mehr Frauen auf Chefposten in der PR sehen werden.“

Jan Reinholz ist Vorstandsvorsitzender des PRSH – Public Relations Studierende Hannover (c) Privat

Jan Reinholz ist Student der Public Relations an der Hochschule Hannover und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des PRSH – Public Relations Studierende Hannover (c) Privat

 

Andrea Fratini: „Die Zeichen dafür stehen gut. Der Anteil qualifizierter Frauen in der PR-Branche hat ohnehin weiter zugenommen. Und viele Absolventinnen unterschiedlicher Kommunikations-Studiengänge verlassen die Unis mit dem konkreten Ziel, in der PR-Branche Karriere zu machen. Dies beobachte ich zunehmend in Bewerbungsgesprächen.

Attribute, die man Frauen auch in Studien zuschreibt, wie Einfühlungsvermögen, Selbstkritik sowie die Bereitschaft zur offenen und transparenten Kommunikation, bringen viele weibliche PR-Kräfte per se mit. Diese Eigenschaften entsprechen zunehmend gefragten Managementqualitäten. Also: gute Voraussetzungen für künftig mehr Kommunikatorinnen auf Chefsesseln.“

Andrea Fratini leitet die Unternehmenskommunikation der Bauer Media Group in Hamburg (c) Privat

Andrea Fratini leitet die Unternehmenskommunikation der Bauer Media Group in Hamburg. Zuvor war sie ab 2001 als Leiterin Media und Public Relations und Pressesprecherin für die börsennotierte Zeal SE in London, vormals Hamburg, tätig (c) Privat

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Zukunft. Das Heft können Sie hier bestellen.

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