Nur noch jede*r Zweite vertraut der Regierung

Edelman Trust Barometer

Nach zwei Jahren Pandemie ist das Vertrauen der Deutschen in Regierung, Medien, Wirtschaft und NGOs wieder deutlich gesunken. Das zeigen die Ergebnisse des jüngsten „Edelman Trust Barometers“, für das die Netzwerkagentur Edelman mehr als 36.000 Menschen in 28 Ländern weltweit befragte.

Der Regierung, im vergangenen Jahr als die vertrauenswürdigste Institution eingestuft, vertrauen im Januar dieses Jahres nur noch 51 Prozent der Deutschen (2021: 59 Prozent, Mai 2020: 64 Prozent). Die Wirtschaft gilt 50 Prozent der Befragten als vertrauenswürdig (2021: 54 Prozent), die Medien 51 Prozent (2021: 52 Prozent) und NGOs 46 Prozent (2021: 46 Prozent).

Immerhin: Im November 2021, als die Befragung durchgeführt wurde, galt keine der Institutionen den Befragten als vertrauenswürdig. Da sich in Deutschland gerade eine neue Regierung konstituierte, wurde das Vertrauen in die Institutionen hierzulande im Januar erneut abgefragt.

Führungspersönlichkeiten wie Regierungsverantwortlichen (46 Prozent), CEOs (41 Prozent) und Journalist*innen (48 Prozent) wird demnach grundsätzlich eher wenig Vertrauen entgegengebracht. Nur Wissenschaftler*innen genießen das Vertrauen der Bevölkerung (69 Prozent, global 75 Prozent).

Gründe für den Vertrauensverlust

Maßgeblich für den Vertrauensverlust ist laut Studienautor*innen, dass Regierung und Medien hierzulande anstatt als einigende Kräfte (Regierung: 34 Prozent; Medien: 36 Prozent) als spaltende Kräfte (Regierung: 46 Prozent; Medien: 41 Prozent) in der Gesellschaft angesehen werden.

Deutlich über ein Drittel der deutschen Befragten sei zudem überzeugt, dass Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Medien und Regierung die Menschen absichtlich anlügen und in die Irre führen. Gleichzeitig steige die Sorge, dass Falschnachrichten als Waffe verwendet werden (67 Prozent, global 76 Prozent).

Hinzu kommt laut Studie eine weitere fragwürdige Entwicklung: 64 Prozent der in Deutschland Befragten geben an, dass den Menschen hierzulande die Fähigkeit fehle, konstruktive und zivile Debatten über Themen zu führen, bei denen sie unterschiedlicher Meinung sind.

Arbeitgeber erneut glaubwürdigste Informationsquelle

Ein Problem ist auch, dass es einen Überfluss an Informationen gibt, bei denen nicht immer offensichtlich ist, ob diese richtig oder falsch sind. Diese „Infodemie“, von der in der Studie die Rede ist, habe weiter an Fahrt aufgenommen.

Denn die traditionellen Medien (58 Prozent, global 57 Prozent) und Social Media (20 Prozent, global 37 Prozent) verlieren als Quelle für allgemeine Nachrichten und Informationen hierzulande weiter an Vertrauen.

Stattdessen bleibt die Kommunikation des Arbeitgebers die glaubwürdigste Informationsquelle. 49 Prozent der Befragten müssen Informationen durch ihren Arbeitgeber nur ein- oder zweimal sehen, um diese zu glauben (global 52 Prozent). Weitere 25 Prozent vertrauen den Informationen auf den ersten Blick (global 13 Prozent).

„Mehr denn je sind die Blicke auf die Wirtschaft gerichtet, um die Lücke, die die Regierung nicht füllt, zu schließen“, kommentiert Christiane Schulz, Geschäftsführerin bei Edelman Deutschland. „Der eigene Arbeitgeber hat dabei als Quelle für Informationen seinen Vertrauensvorschuss als einziger noch nicht verspielt.“

CEOs müssen sichtbar sein

Die eigene Unternehmenschefin oder den eigenen Unternehmenschef halten 54 Prozent der Befragten für glaubwürdig. Den Studienautor*innen zufolge wird von ihnen erwartet, dass sie Gespräche und politische Debatten zu einer Reihe von Themen mitgestalten und beeinflussen.

70 Prozent oder mehr sind hierzulande und global der Meinung, dass CEOs Gespräche über Themen, die speziell mit der Wirtschaft zu tun haben, informieren und mitgestalten sollten, etwa zu Arbeitsplätzen und Lohnungleichheit. Die Mehrheit möchte laut Studie aber auch, dass sich CEOs zu gesellschaftlichen Herausforderungen wie Technologie und Automatisierung sowie den Klimawandel äußern.

Insgesamt brauche es nun mehr denn je gebündelte Kräfte der Institutionen, vertrauenswürdige Informationen und eine klare Kommunikation, die Orientierung bietet, fasst Christiane Schulz zusammen. „Die Ergebnisse unserer Zusatzbefragung zeigen, dass die Befragten der neuen Regierung und den anderen Institutionen einen kleinen Vertrauensvorschuss geben und die Hoffnung in sie nicht ganz verloren ist. Für Regierungsverantwortliche, aber auch für Journalisten und Unternehmenslenker heißt es, diesen spätestens jetzt kooperativ zu nutzen.“

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