Was Brüssel lesen sollte

Medien

Brüssel ist mehr als vorzügliche Pommes, Schokolade und Waffeln. Die Stadt ist das Herz der Europäischen Union, hier werden Weichen gestellt und Entscheidungen getroffen, die den Kontinent nach innen und außen prägen. Deshalb versteht es sich von selbst, dass zahlreiche Unternehmen und Wirtschaftsverbände hier präsent sind – und mit ihnen Tausende von Kommunikationsprofis, deren Arbeit durch die Nähe zur Politik geprägt ist.

Die Medienlandschaft ist breit gefächert. Das Interesse der Journalistinnen und Journalisten ist deutlich mehr als in nationalen Medien auf die politischen Entwicklungen auf EU-Ebene fokussiert. Was soll man als Kommunikationsverantwortlicher lesen? Folgende Medien eignen sich am besten, um in der Brüsseler Blase auf dem Laufenden zu bleiben und an Debatten teilzunehmen.

Die „Must-reads“

Politico Europe

Der Ableger der zu Axel Springer gehörenden US-Mediengruppe hat sich seit dem Start 2015 schnell als eines der wichtigsten Referenzmedien in Brüssel etabliert.

Ein breit aufgestelltes Team an Journalistinnen und Journalisten berichtet laufend über die Entwicklungen in allen großen Politikbereichen. Zur Pflichtlektüre haben sich viele der überwiegend morgens verschickten Newsletter entwickelt: Oft unterhaltsam geschrieben, erhält die Leserschaft Updates zu großen und kleinen Gesetzesvorhaben und allem, was um diese Themen herum geschieht.

Kostenlos abonnieren lässt sich unter anderem das „Brussels Playbook“, das einen Überblick über die großen Linien der Geschehnisse in der EU vermittelt. Der Newsletter „EU Influence“ fungiert als das „Gossip Girl“ von Brüssel: Hier erfährt man, wer neu in der Stadt ist, welche Verwicklungen und Skandälchen sich hinter den Kulissen ereignen oder welche Rolle die Sauna im Hauptquartier der NATO beim Eintritt Finnlands in das Bündnis gespielt hat.

Neben den Newslettern und dem Bezahlangebot „Politico Pro“ hat das Medienunternehmen sein Konferenzgeschäft ausgebaut. So organisiert „Politico“ regelmäßig, teilweise auch online übertragene, Veranstaltungen, in denen besonders interessante politische Entwicklungen und Gesetzespakete besprochen werden.

Financial Times

Die „Financial Times“ ist natürlich kein Geheimtipp. Bei aller Liebe für politisches Klein-Klein brauchen und suchen Brüsseler Policy-Fans den Blick auf das große Ganze. Für Nachrichten und Analysen aus der Finanzwelt und der Wirtschaft ist diese Zeitung mit ihren ergänzenden Online-Angeboten weiterhin die erste Adresse. Zuletzt hat die „Financial Times“ auch ihr Event-Angebot in Brüssel erweitert. Mit „FT Europe Express“ bietet das Medienhaus außerdem einen lesenswerten auf Brüssel spezialisierten Newsletter an.

Nationale Medien

Die EU besteht aus 27 Mitgliedsländern. Demnach sind auch viele Akteure in der Brüsseler Blase ihren Heimatländern verbunden. Das ist wenig überraschend, aber es erklärt, weshalb der Einfluss der nationalen Medien für Kommissionsmitarbeitende, Abgeordnete, die Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten und alle anderen nicht zu unterschätzen ist. Die meisten großen Medienhäuser haben Korrespondentinnen und Korrespondenten in Brüssel, und es lohnt sich, zu lesen, zu hören oder zu sehen, wie diese die Brüsseler Entwicklungen in ihre Heimatländer tragen.

Die „Rising Stars“

Table Media

Dieses Onlinemedium aus Deutschland gibt es erst seit ungefähr zwei Jahren. Es richtet sich – nicht zuletzt erkennbar am Preis – vor allem an Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik und Wirtschaft. Eines der werktäglichen Briefings, „Table Europe“, liefert Analysen und Hintergründe rund um Regulierung und Politik aus Brüssel. Auch wenn das Medium in der Breite noch nicht sehr bekannt ist, gelingt es der Redaktion zunehmend, relevante Geschichten als Erste zu bringen.

Contexte

Ein weiteres Onlinemedium, das den etablierten Brüsseler Outlets den Kampf angesagt hat, ist „Contexte“. Das EU-Angebot der im Kern französischen Redaktion gliedert sich nach Politikbereichen. Mehr als einmal hatte diese Redaktion ersehnte Dokumente oder Analysen vor allen anderen bekommen. Noch ist „Contexte“ nicht flächendeckend im Bewusstsein der Brüsseler Blase präsent. Wenn die Redaktion so weitermacht, dürfte sich das aber ändern.

Die „Must-knows“

Euractiv

Dieses mehrsprachige Nachrichtenportal deckt ähnlich wie „Politico“ die einzelnen Bereiche der Brüsseler Politik ab und informiert in Newslettern und Artikeln über neue Entwicklungen. Auch wenn die Reichweite geringer ist als die von Politico, gelingen dem „Euractiv“-Team regelmäßig Scoops. Abos der wichtigsten Newsletter sind also Pflicht – und im Vergleich zu „Politico Pro“ auch gratis. Mehrsprachig meint in diesem Fall übrigens nicht nur die üblichen zwei oder drei Sprachen Englisch, Deutsch oder Französisch. Teile des Angebots von „Euractiv“ gibt es zum Beispiel auch auf Griechisch, Tschechisch oder Rumänisch. Das spürt man auch in der Berichterstattung: Die Redaktion ist divers und verteilt über die gesamte EU.

MLex und PaRR

Jeder, der beruflich an regulatorischen oder wettbewerbspolitischen Themen interessiert ist, sollte diese beiden Medien auf seinem Schirm und die Alerts in seinem Posteingang haben. Artikel und Analysen von „MLex“ und „PaRR“ wollen keine leichte Leseunterhaltung sein. Ihre Analysen richten sich an Investoren, Anwältinnen und Gesetzgeber. Was nach einer Nische klingt, trifft in Brüssel auf eine durchaus breite Leserschaft – inklusive der EU-Kommission.

Bloomberg

Last but not least sei hier „Bloomberg“ erwähnt. Das Terminal wird insbesondere für Nachrichten aus den Bereichen Technologie und Finanzmärkte gerne herangezogen. „Bloomberg News“ unterhält auch eine große Redaktion in Brüssel. Wer Abwechslung von den Newslettern von „Politico“ sucht, findet sie im Newsletter „Brussels Edition“ von Bloomberg.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Europa. Das Heft können Sie hier bestellen.

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