Wenn aus Mitarbeitern Alumni werden

Netzwerk

Nennen Unternehmen ihre ehemaligen Mitarbeiter Alumni, eröffnet das ein mentales Szenario: ein lernorientiertes Arbeitsumfeld, wo Fach- und Führungskräfte in der Corporate University gefördert werden, on- and off-Campus lernen und arbeiten, sich fachlich und persönlich entwickeln. Das ist wiederum verknüpft mit Vorstellungen über das Unileben, etwa: vielfältige Eindrücke, Experimentierfreude, Verantwortung für das eigene Vorankommen, Wissensaustausch in der Gemeinschaft, eifriges Netzwerken. Nutzen Unternehmen diesen Vergleich mit der Welt der Hochschule, drücken sie sprachlich einen Teil ihres Selbstverständnisses aus – und einen Anspruch: dass Lernbereitschaft, Wissen teilen und Kontakte untrennbar mit der Tätigkeit im Unternehmen verbunden sind.

Wo Vernetzung und Wissen Wettbewerbsvorteile verschaffen, sogar ganze Berufsbilder prägen, liegt es für Ex-Arbeitgeber und Ex-Mitarbeiter nah, im Gespräch zu bleiben. Man profitiert weiterhin voneinander und vom Netzwerk des anderen. Diesen Gedanken greifen Unternehmen auf, die Alumni-Communitys betreiben.

Deren Nutzen lässt sich etwa entlang der Leistungsziele von HR und von Marketing durchspielen. Beispiele: Die Personalgewinnung profitiert von Alumni, die als „Re-Hires“ zurückkehren. Sie erhöht die Reichweite ihres Empfehlungs-Programms („Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter“), indem sie dieses ausweitet auf Alumni, die offene Stellenangebote beim Ex-Arbeitgeber in wiederum ihren Netzwerken inserieren. Für Marketing und Vertrieb sind solche Ehemaligen interessant, die bei ihrem neuen Arbeitgeber Teil des Einkaufsgremiums sind. Je nach Kundenbeziehungs­phase werden Zielpersonen aus dem Alumni-Pool für die Gewinnung von Neugeschäft adressiert oder bestehendes Geschäft ausgeweitet und Kunden enger gebunden.

Alumni und Strategiebeitrag

Darüber hinaus kann die Alumni-Kommunikation in die Aufgabenfelder des strategischen Managements integriert werden, etwa in die Beobachtungen des Marktumfelds. Subjektive, einzelfallbezogene Beobachtungen von Ehemaligen können in Diskussions­foren und Fachgesprächen zu Branchenthemen und marktlichen Entwicklungen gewonnen werden. Dass die Umfeldbeobachtung generell eine Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist, beschreiben zum Beispiel Buchholz/Knorre (2012).

Die Kommunikation des Unternehmens mit dieser Bezugsgruppe zielt also darauf ab, Weiterempfehlungen und Fürsprachen einzuholen, sowie auf die Bereitschaft, Wissen zu teilen. Das passt in die Diskussion zur Unternehmenskommunikation, anstelle der „One-Voice-Policy“ Bezugsgruppen lieber zu mobilisieren, Inhalte zu teilen und kommunikativ Unterstützung zu leisten, wie Thomas Mickeleit in einem pressesprecher-Beitrag aus 2013 schreibt.

Analog profitieren Alumni von diesen Effekten, so diese anschlussfähig an die Inhalte ihrer aktuellen Tätigkeit und der damit verbundenen Interessen sind. Die Nutzen für das Unternehmen und für die Peers befördern sich gegenseitig. Alumni-Netzwerke sind Marktplätze für offene Stellen, Ausschreibungen und Informationen. Um das zu bewerkstelligen, sind vom Unternehmen betriebene Online-Dienste üblich, deren Funktionalitäten diesen Marktplatz-Charakter induzieren sollen. Typisch für das Ressort sind auch Alumni-Veranstaltungen, die zusammen mit der Kommunikationsplattform das fördern, was einen Marktplatz hervorbringt: interpersonelle Kommunikation.

Das bedeutet: Die angepeilten Wertbeiträge können nur über die Kommunikation in der Community herbeigeführt werden. Das versucht die zentrale, interessengeleitete Kommunikation des Unternehmens mit der Community. Ein Alumni-Programm-Design kann ausgehend von der grundlegenden Struktur der Organisation und den an das Programm geknüpften Wertbeitragszielen die Kommunikationsprozesse in diesen Strukturen zunächst nur beschreiben, die zwischen den Netzwerkmitgliedern und den autorisierten Programmsprechern von Unternehmensseite verlaufen sollen – etwa zwischen den Peers und den Community-Moderatoren. Sie kümmern sich um Organisatorisches und Redak­tionelles: entwickeln und verbreiten Inhalte, organisieren regelmäßige Veranstaltungen und Stammtische, pflegen die Kommunika­tionsplattform und moderieren in externen Business-Netzwerken Gruppen, die mit der Unternehmens-Alumni-Kommunikationsplattform verknüpft sind.

Als prominente Community-Kuratoren treten Personen aus der Geschäftsleitung auf, die gegenüber dem Netzwerk über die Inhalte eben dieser sprechen und symbolisch dem Programm Gewicht verleihen. Beide Parteien entwickeln und verbreiten Inhalte in der Community, sind Absender begleitender Push-Kommunikation, die Beteiligung, Fürsprachen und Weiterempfehlungen bewirken soll.

Gegenseitigen Nutzen schaffen

Die Handlungsbeteiligungen in der Community und für das Unternehmen werden am ehesten erzielt, wenn das Programm die gemeinsamen Nutzenerwartungen erkennbar anspricht. Das sind zum Beispiel redaktionelle Inhalte, Kommunikationsmedien für die Vernetzung, Anlässe wie Abendveranstaltungen, regionale Stammtische, Foren, Möglichkeiten für Gruppengründungen, Stellenbörsen.

Die Grundvoraussetzung ist aber ein gemeinsames Verständnis darüber, was es bedeutet, Alumnus zu sein und umgekehrt Ex-Mitarbeiter als Alumni zu verstehen. Die gedankliche Konzeptualisierung Ehemaliger als Alumni verläuft nicht einseitig. Sie muss intern und von der Bezugsgruppe verstanden und akzeptiert sein, in Bezug auf die Formen der Handlungsbeteiligungen, die daran geknüpft sind. Alumni, die das Netzwerk nur für ihre Anliegen und ihre Eigenwerbung nutzen, dürften den akzeptierten „Geben und Nehmen“-Orientierungsrahmen ebenso verletzen wie Unternehmen, die ihre Corporate Messages überbetonen.

Und es bedeutet, dass künftige und „amtierende“ Alumni das subjektive Erleben ihrer Tätigkeit und der Unternehmenskultur überhaupt als anschlussfähig an das Sinnbild empfinden: Passt gemeinschaftliches Wissen teilen, Weiterempfehlen, Fürsprechen überhaupt zur Kultur – aus Sicht der Person? Was ist man persönlich bereit mit der Community zu teilen? Und was ist zu teilen erlaubt vor dem Hintergrund von Interessenkonflikten mit dem aktuellen Arbeitgeber?

Communitys werden nicht einfach so „gemacht“. Ob sich die Menschen darin als Teil einer solchen verstehen, zeigt ihre Kommunikation.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Communitys. Das Heft können Sie hier bestellen.

Weitere Artikel