Besser prompten

Künstliche Intelligenz

Arbeiten Sie noch oder prompten Sie schon? Anwendungen, die auf generativer künstlicher Intelligenz beruhen, steigern unsere Produktivität – so weit, so bekannt. Aber wussten Sie auch, dass sie es selbst dann tun, wenn wir keine Ahnung haben, wie wir sie zu bedienen haben?

Eine gemeinsame Studie, die renommierte US-Wirtschaftshochschulen vor Kurzem durchgeführt haben, zeigt genau das: Unternehmensberater*innen, die kreative und analytische Aufgaben mit Hilfe von ChatGPT-4 erfüllten (unter anderem sollten sie eine Pressemitteilung schreiben), erledigten im Schnitt 12 Prozent mehr Aufgaben, waren 25 Prozent schneller und erzielten um 40 Prozent bessere Ergebnisse als ihre Kolleg*innen, die keine KI einsetzten. Eine besondere Schulung war nicht notwendig.

Oder um es mit Studien-Co-Autor Ethan Mollick zu sagen: Indem man KI nutzt, lernt man, wie man KI nutzt. Mollick, der an der Wharton School der Universität von Pennsylvania lehrt und regelmäßig sein selbst antrainiertes Wissen mit der Öffentlichkeit teilt, nahm die Studie zum Anlass, in einem kürzlich erschienenen Blogbeitrag mit dem Mythos Prompting aufzuräumen und Tipps zu geben.

Nicht verkomplizieren

Was ist überhaupt ein Prompt? Unser Auftrag an die Maschine, also unsere Aufgabenstellung, die wir ihr in Form eines Textes in das Chatfeld eingeben, ist ein Prompt (engl. Aufforderung). Prompts formulieren wir ganz intuitiv, denn Anwendungen wie ChatGPT sind als Chatbot konzipiert. Das heißt, wir treten in einen Dialog mit der KI: Wir geben dem Bot einen Auftrag, dieser führt ihn durch, wir bessern nach und kommen so Schritt für Schritt zum Ziel. Mollick nennt das Dialogorientiertes Prompting („Conversational Prompting“).

Prompt-Neulingen gibt er den Rat: Nicht verkomplizieren, sondern einfach mit dem System interagieren und schauen, was passiert. „Sprechen Sie mit der KI, als wäre sie ein unermüdlich hilfsbereiter Student, der ein wenig naiv ist und Sie so glücklich machen will, dass er lieber Fakten erfindet, anstatt Sie zu enttäuschen“, schreibt Mollick. Auf diese Weise entwickle man ein Gespür für die Stärken und Grenzen der KI, wo sie wahrheitsgemäß antworte und wann sie unzuverlässig sei. (Zum Thema „Halluzinationen“ lesen Sie hier mehr.)

Ein Booster auf dem Weg zum Ziel ist Kontext. Die Wissensbasis der KI müsse man sich als riesige Wolke vorstellen, schreibt Mollick: In einem Winkel dieser Wolke kreiere die KI Antworten in Shakespeare-Manier, in einem anderen antworte sie auf Basis mathematischer Formeln, wie man sie in Schulbüchern findet. Wer keinen Kontext gibt, wird Antworten irgendwo aus der Mitte der Wolke erhalten. Je konkreter die Frage, desto passgenauer die Antwort.

Hilfreich ist, der KI eine Identität zuzuweisen, wie Mollick exemplarisch ausführt: „Du bist ein fachkundiger, freundlicher Lehrer, der seinen Schülern bei komplexen Themen behilflich ist.“ Das verwandle die KI zwar nicht in einen wirklichen Lehrer, schreibt Mollick. Aber es hilft ihr, zu verstehen, welche Art von Antwort benötigt wird und in welchem Ton sie antworten soll. Auch ein eingefügter Text kann Kontext liefern.

Nächstes Level: Strukturierte Prompts

Wer komplexe Fragestellungen bearbeiten will, wird mit dialogorientiertem Prompting viel Zeit und Geduld benötigen. Effizienter geht es mit sogenannten strukturierten Prompts. Mit ihrer Hilfe kann die KI eine spezifische Aufgabe erledigen, und das wiederholt und individuell anpassbar. Darauf sind künstliche Intelligenzen wie die Large-Language-Models (LLM) eigentlich nicht ausgelegt. Deshalb erfordert es Mollick zufolge einige Versuche, um eine Anleitung zu entwickeln, die einigermaßen konsistent funktioniert. Doch auf lange Sicht kann sich die Zeitinvestition lohnen.

Ethan Mollick gibt folgende Tipps für einen strukturierten Prompt:

  1. Rolle und Ziel
    Klare Rollen- und Zieldefinitionen helfen, passgenaue Antworten zu erhalten.
  2. Schritt-für-Schritt-Anweisung
    Als Faustregel gilt: Sind Anweisungen für jemand anderen, der nicht mit der Anfrage oder dem Themenbereich vertraut ist, leicht zu verstehen, dann sind sie das wahrscheinlich auch für die KI. Erklären Sie den Zweck der Aufgabe oder Frage, um der KI Orientierung zu bieten. Die Anweisung sollte klar strukturiert sein. Besteht die Anweisung aus mehreren Schritten, geben Sie eine Chronologie vor („Zuerst tu das, dann tu das“). Zerlegen Sie komplexe Fragestellungen in einzelne Schritte und bitten Sie die KI, „schrittweise“ vorzugehen. Überprüfen und bewerten Sie die Zwischenergebnisse. Macht die KI das, was sie soll? Wenn nicht, passen Sie Ihren Ansatz an.
  3. Präzise Sprache
    Verwenden Sie eine klare, präzise und einfache Sprache. Vermeiden Sie Mehrdeutigkeiten.
  4. Expertise
    Damit die KI wie gewünscht agiert, muss man ihr erklären, wie sie sich zu verhalten hat. Hier kommen eigenes Wissen und die eigene Sichtweise ins Spiel.
  5. Einschränkungen
    Regeln oder Bedingungen steuern das Verhalten der KI. So kann etwa die Länge der Antworten der KI begrenzt werden oder das Frage-Antwort-Ping-Pong, damit die KI nicht in einer Schleife stecken bleibt oder den roten Faden verliert. Man kann auch festlegen, wann und wie die KI Gespräche initiieren soll, zum Beispiel: „Immer warten, bis der Anwender das Gespräch beginnt“ oder „Beginn das Gespräch immer, indem du dich als KI-Coach vorstellst“.
  6. Fragen (Personalisierung)
    Man kann die KI bitten, Fragen zu stellen. Sich gemeinsam durch Fragen durchzuarbeiten, verhilft der KI zu Kontext.
  7. Beispiele
    Anhand von konkreten Beispielen erkennt die KI, welche Art von Inhalten, Schreibstil oder Entscheidungen gewünscht werden.

Beispiel für einen strukturierten Prompt. © Ethan Mollick / OneUsefulThing.org

Beispiel für einen strukturierten Prompt. © Ethan Mollick / OneUsefulThing.org

Strukturierte Prompts können sehr komplex werden, sind aber effektiver als einfache Prompts – zumindest noch. Glaubt man Ethan Mollick, werden sie bald obsolet sein. Denn je besser künstliche Intelligenzen werden, umso schneller werden sie herausfinden, was man möchte – ganz ohne aufwendigen Prompt.


Dieser Beitrag ist Teil der Themenreihe „How-to GenAI“, die sich mit dem Einsatz von generativer künstlicher Intelligenz in der Unternehmenskommunikation beschäftigt. Wöchentlich erscheinen an dieser Stelle Beiträge wechselnder Autor*innen zu theoretischen und praktischen Aspekten.