Biontech und Hidden Champions

Editorial

Ist Biontech ein Hidden Champion? Diese Frage mag Ende 2021 etwas merkwürdig klingen angesichts eines Umsatzes des Covid-19-Impfstoffherstellers von etwa 13,4 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten dieses Jahres und angesichts der globalen Bedeutung des Unternehmens. 2020 setzte Biontech insgesamt rund 482 Millionen Euro um.

Ich habe mal in meinen E-Mails nachgeschaut. Am 13. Mai 2020 schickte ich eine schriftliche Interviewanfrage an Biontech. Eine Antwort bekam ich nicht, was mich nicht verwunderte, weil die Firma bereits als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffes galt. Kurz vorher habe der erste Run an Medienanfragen eingesetzt, wie Kommunikationschefin Jasmina Alatovic im Interview erzählt. Viel zu tun also. Ihr Kommunikationsteam bestand damals lediglich aus zwei Personen.

In dieser Ausgabe richten wir den Fokus auf Unternehmen und Akteure, die sonst nicht in der ersten Reihe stehen. Es geht um die Kommunikationsstrategien von Unternehmen wie Symrise und Schott, um Employer-Branding-Aktivitäten von ZF Friedrichshafen und der Kion Group. Wir stellen die Mittelstandsinitiative „Maschinenraum“ vor und fragen Kommunikationsverantwortliche, welche Herausforderungen ihren Arbeitsalltag prägen. Die Pressesprecher des ADAC Mittelrhein und des Chemieparkbetreibers Currenta berichten, wie sie mit der Flutkatastrophe im Ahrtal beziehungsweise der Explosion im Chempark in Leverkusen umgingen.

Unternehmen sichtbarer machen

Kommunikator*innen von Hidden Champions sagen einhellig, dass sie dafür arbeiten, ihre Unternehmen sichtbarer zu machen. Im Zuge der Recherche für einen Artikel in dieser Ausgabe kontaktierte ich ein Entsorgungsunternehmen. Die schriftliche Antwort, die ich von einer Pressesprecherin zurückbekam, war zwar aussagekräftig, aber zu lang, um sie ungekürzt zu übernehmen. Irritierend fand ich den Hinweis in der Antwort-E-Mail, ihr bei Kürzungen „das finale Stück dann noch einmal zur Freigabe zuzusenden“.

Es sollte für Journalisten selbstverständlich sein, dass sie Zitate nicht verfälschen oder aus dem Zusammenhang reißen. Das ist allein schon rechtlich geboten. Bei brisanten politischen Themen oder investigativer Wirtschaftsberichterstattung kommt es auf jedes Wort an. Dass eine Pressesprecherin bei einem erkennbar positiven und harmlosen Thema die Möglichkeit zur Artikelfreigabe erwartet, wundert mich schon. Wenn man so wenig Vertrauen in Journalisten hat, sollte man die Medienarbeit besser ganz einstellen. Die Antwort haben wir nicht verwendet.

Leider ist das Ende dieses Jahres wieder von der Corona-Pandemie geprägt. Umso mehr wünsche ich Ihnen allen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr!

Volker Thoms, Chefredakteur

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #HiddenChampions. Das Heft können Sie hier bestellen.

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