Vom Umgang mit schlecht informierten Journalisten

Pressearbeit

Es ist ein häufiges Ärgernis in Pressestellen: Journalisten rufen an, stellen Fragen, haben aber − wenn überhaupt − nur eine vage Vorstellung von der Materie. Vorab-Recherche? Nun ja. Also fängt der Pressesprecher bei null an und erklärt zunächst einmal die Basics.

Noch ärgerlicher ist, dass der Sprecher beinahe froh sein kann, wenn sich überhaupt jemand direkt informiert. Denn Recherche kommt in Redaktionen immer öfter zu kurz. Die Folge: Berichte stecken voller Fehler – und die Pressestelle muss auf diese nachträglich reagieren.

Ein Beispiel aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen: Zur besten Sendezeit befasst sich ein Magazinformat mit deutschem Bier. Der Moderator verkündet vermeintlich Erschreckendes in die Kamera. Bis zu 60 Hilfsstoffe seien beim Bierbrauen erlaubt. Im Hintergrund des Studios illustriert eine Grafik, was angeblich alles verwendet werden darf. Sogar Asbest wird aufgeführt. Skandal! Skandal?

An Faulheit liegt es in der Regel nicht

Als skandalös ist in Wahrheit eher die schlechte Recherche der Redaktion zu bezeichnen. Die Journalisten hatten sich allein auf dubiose Quellen verlassen, moniert Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund: „Die Aussage war grob irreführend und eindeutig falsch.“ Ein Anruf in seiner Pressestelle vorab hätte genügt, um die Behauptungen zu widerlegen, sagt der Sprecher. Doch diese Mühe habe sich niemand aus jener Redaktion gemacht.

Dass Wahrheit und intensive Recherche so manche vermeintlich gute Geschichte ruinieren können, kennt jeder Journalist. Es ist bedauerlich, aber Alltag. Sicherlich gibt es solche Berichterstatter, die sich einen Quotenknüller nicht „totrecherchieren“ mögen. Aber beim Gros der Journalisten steckt erfahrungsgemäß keine böse Absicht dahinter, wenn sie einseitig oder schlampig recherchieren.

Es wäre also falsch, Journalisten als potenzielle Faulpelze zu diffamieren. Die Arbeitssituation vieler hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Redaktionen bauen massiv Stellen ab. Viele Journalisten schlagen sich als sogenannte Freie durch. Die Konkurrenz ist groß, die Berufsbezeichnung nicht geschützt. Jeder kann sich Journalist nennen. Redaktionen sparen zudem bei der Ausbildung. Von regelmäßigen Möglichkeiten der Mitarbeiter zu Weiterbildungen ganz zu schweigen. Ein Seminar in Recherche? Oftmals Luxus.

Gleichzeitig ist der Zeitdruck in Redaktionen gestiegen. Alles muss blitzschnell online sein. Wer dennoch Zeit für Recherche findet, stößt im Internet auf oft unüberschaubar viele Quellen. Eines der größten Übel sind selbsternannte Experten, die zweifelhafte Informationen verbreiten. Deren Websites sehen oft professionell und seriös aus. Nicht jeder Journalist forscht nach, welche Person mit welchen Interessen genau dahintersteckt. Dabei reicht oft ein Blick ins Impressum.

Es bleibt Ihnen als Pressesprecher manchmal nichts anderes übrig: Machen Sie die Hausaufgaben der ­Journalisten!

  • Bereiten Sie ein „Fact Sheet“ vor.
  • Nennen Sie darin renommierte Experten zum Thema.
  • Bieten Sie Zugang und Links zu Untersuchungen und Studien.

Wenn dann seine Zeit knapp wird, hat der Journalist auf einem Blick die wichtigsten Fakten vorliegen. Vermutlich wird er befürchten, dass Sie Informationen voreingenommen selektieren. Aber in dem Fall muss er sich eben Zeit nehmen – und recherchieren.

Am besten simpel und bildhaft erklären

Bedenken Sie: Sie als Pressesprecher beschäftigen sich ständig mit einem Thema. Der Journalist hingegen im Zweifelsfall nur wenige Stunden. In dieser kurzen Zeit muss er Zusammenhänge verstehen und einordnen. Sie können ihm dabei helfen, indem Sie das Wichtigste so einfach wie möglich erklären. Auch wenn Sie den Eindruck haben, jedes Mal wieder bei Adam und Eva anfangen zu müssen.

Scheuen Sie sich nicht vor bildhaften Vergleichen! Zu simpel gibt es nicht, nur zu kompliziert. Es geht darum, Wissen zu vermitteln. Gelingt es Ihnen, komplizierte Zusammenhänge griffig zu formulieren, wird das jeder Journalist dankbar aufgreifen und nutzen.

Doch was tun, wenn niemand in der Pressestelle anruft? Wenn falsche Behauptungen aufgestellt werden? Dann hilft oft nur eines: Diese höflich, aber bestimmt widerlegen, Fehler korrigieren.

So hat es der Deutsche Brauer-Bund gemacht. Am Ende musste die TV-Redaktion die Passagen über die vermeintlich erschreckenden Erkenntnisse über Hilfsstoffe in deutschem Bier neu filmen. Das war ganz sicher teurer als ein Anruf bei der Pressestelle.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe TREUE. Das Heft können Sie hier bestellen.

Weitere Artikel