Viele Führungskräfte tun sich schwer damit, ihren Mitarbeitern systematisch Feedback zu geben. Dabei ist die Beziehung zwischen Feedback und Motivation in Studien klar belegt. Wer häufig Rückmeldung erhält, gibt meistens sein Bestes – im Gegensatz zu Mitarbeitern, die nur wenig Feedback bekommen.
Feedback sollte richtig dosiert sein. Es wäre nicht klug, beim ersten Fehler des Mitarbeiters gleich ein Kritikgespräch mit ihm zu führen. Wählen Sie jeweils die richtige Feedbackintensität. Das situative Feedback-Modell unterscheidet je nach Situation fünf Stufen (siehe Abbildung). Im Normalfall beginnen Sie auf der ersten Stufe. Es stört Sie bei einem Mitarbeiter eine eher kleine Auffälligkeit, die Sie gerne geraderücken möchten. In diesem Fall wählen Sie eine kleine „Feedbackdosis“. Erst wenn diese nicht fruchtet, steigern Sie die Intensität.
Fünf Feedbackstufen
Stufe 1: Kurzfeedback
Das Kurzfeedback spielt sich zwischen Tür und Angel ab – ein kurzes Lob, eine knappe Kritik, etwa in der Art: „Super Job, hast du großartig gemacht!“ – „Die Leitung des Meetings hat mir nicht so gut gefallen. Kannst du es auch anders machen?“ Wenn der andere zustimmt, ist das Thema vorerst abgehakt. Der Vorgesetzte verlässt sich darauf, dass der Mitarbeiter sich den Hinweis zu Herzen nimmt.
Stufe 2: Konstruktives Feedback
Führen mehrere Kurzfeedbacks nicht zum gewünschten Erfolg, folgt als zweite Stufe das konstruktive Feedbackgespräch. Es hat feste Regeln und findet in einem separaten Raum unter vier Augen statt. Es werden konkrete Schritte vereinbart, um den Stein des Anstoßes zu beseitigen.
Stufe 3: Metafeedback
Wenn der Mitarbeiter weiterhin sein Verhalten nicht ändert, geht es im Metafeedback nicht mehr um diese eine Verhaltensweise, sondern um die Tatsache, dass er Zusagen nicht einhält: „Kann ich überhaupt Vertrauen in Ihre Zusagen haben?“ Metafeedback bedeutet also, dass der Feedbackgeber die konkrete Situation verlässt und eine übergeordnete Sichtweise einnimmt.
Stufe 4: Kritikgespräch
Das Kritikgespräch bietet dem Mitarbeiter eine letzte Möglichkeit, sein Verhalten zu ändern. Es konzentriert sich allein auf die negativen Fakten und stellt den Übergang zu Disziplinarmaßnahmen dar (Ermahnung, Abmahnung, Kündigung).
Stufe 5: No-go-Gespräch
Es gibt Situationen, in denen die Feedbackregeln nicht mehr sinnvoll sind – etwa wenn ein Mitarbeiter komplett ausrastet und den Arbeitsfrieden gefährdet. In diesem Fall muss das No-go-Gespräch ein Stoppzeichen setzen.
Die Regeln der konstruktiven Kritik
Die wichtigste Regel lautet: Achten Sie auf den Feedback-Dreiklang! Er besagt, dass zu einem Feedback grundsätzlich drei Schritte gehören:
- Wahrnehmung: „Ich habe beobachtet …“
- Wirkung: „Das löst bei mir aus …“
- Wunsch: „Ich wünsche mir …“
Der Dreiklang zwingt Sie, zunächst die Position eines Reporters einzunehmen: Sie beobachten, ohne zu werten. Erst anschließend interpretieren Sie das Beobachtete, indem Sie danach fragen, welche Wirkung es in Ihnen auslöst – und leiten dann hieraus Ihre Wünsche und Erwartungen ab.
Viele Menschen überspringen die ersten beiden Schritte und konfrontieren ihr Gegenüber gleich mit ihren Wünschen und Erwartungen. Zum Beispiel verlangt ein Vorgesetzter, dass der Mitarbeiter Projekte künftig professioneller managen soll. Damit jedoch fällt er mit der Tür ins Haus: Der Mitarbeiter kann nicht nachvollziehen, wie der Vorgesetzte zu dieser Forderung gekommen ist.
Das Feedback vorbereiten
Feedback sollte zeitnah, aber nicht spontan erfolgen. So lässt sich eine verärgerte, von Emotionen geleitete Stimmung vermeiden. Wenn kritisches Feedback gelingen soll, braucht es zudem eine sorgfältige Vorbereitung.
Schritt 1: Fakten sammeln, Beispiele notieren
Schritt 2: Bewerten, was beobachtet wurde
Schritt 3: Das Ziel des Feedbacks definieren
Verbindlich im Ton bleiben
Im Falle eines kritischen Feedbacks müssen Sie mit irritierten, auch abweisenden Reaktionen rechnen. Ohne Frage stehen Sie vor einer herausfordernden Situation. In dieser Lage hilft es, auf einige Regeln zu achten:
- Steigen Sie positiv ein, wenn möglich. Bitte kein Schauspiel!
- Folgen Sie dem Feedback-Dreiklang.
- Prüfen Sie, ob der andere Sie verstanden hat.
- Bleiben Sie verbindlich im Ton, aber hart in der Sache.
- Konzentrieren Sie sich auf Lösungen.
Was am Ende eines Gesprächs steht, prägt sich besonders gut ein. Wenn Sie die positiven Aspekte ans Ende packen, würde das die zuvor besprochene Kritik verwässern. Das Lob am Ende birgt die Gefahr, dass die Wirkung des Feedbacks verpufft.
Um glaubwürdig zu sein, sollten Sie die positiven Beobachtungen genauso sorgfältig darlegen wie später die negativen Aspekte. Entwerten Sie das Positive nicht, indem Sie mit einem „Aber“ zum kritischen Teil überleiten. Lassen Sie einfach stehen, was Sie gesagt haben, halten Sie kurz inne – und kommen Sie dann auf Ihre negativen Beobachtungen zu sprechen.
Falsch: „Die Ausarbeitung ist insgesamt gut, aber …“ Das pauschale Lob wirkt unglaubwürdig und wird durch das „Aber“ entwertet. Der positive Einstieg wirkt hier negativ.
Richtig: „Bei dieser Ausarbeitung hat mir die Präambel besonders gut gefallen. Sie bringt die Idee und unsere Philosophie präzise auf den Punkt. Die Gliederung, die Sie gewählt haben, ist stimmig, auch der Stil passt genau für die Zielgruppe.“ Kurze Pause. „Einige Sachen sind mir noch aufgefallen, die würde ich jetzt gerne mit Ihnen im Einzelnen durchgehen.“
Prüfen, ob der andere das Gesagte versteht
Als Sender stehen Sie vor der Aufgabe, so klar wie möglich auszudrücken, was Sie meinen. Auch Mimik, Gestik, Verhaltensweisen und Stimmmodulationen müssen das Gesagte unterstützen. Letztlich kann das alles aber nur eine „starke Einladung“ an den Empfänger sein, Verständnis für Ihre Sichtweise der Dinge zu entwickeln. Ob er sie annimmt, entzieht sich Ihrer Kontrolle.
Wenn Ihr Gegenüber keine Einsicht zeigt, kann das daran liegen, dass er die Feedbackbotschaft einfach nicht verstanden hat. In diesem Fall können weitere Schleifen helfen, durch die sich beide Seiten einander annähern. Uneinsichtigkeit kann aber auch daher rühren, dass Ihr Gegenüber Sie bewusst missversteht und sich auf den Feedbackprozess nicht einlassen möchte. Gegen diese Freiheit des menschlichen Geists ist kein Kraut gewachsen.
Diese möglichen Reaktionen sollten Sie kennen
Als Reaktion auf Druck entsteht Gegendruck. Genauso ist es bei Feedbackgesprächen. Wenn Sie brüsk auf Ihren Mitarbeiter einreden, wird er nicht minder hart antworten. Sprechen Sie hingegen zögerlich mit ihm, ergehen Sie sich in vagen Andeutungen, vielleicht aus Sorge, verletzend zu sein, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch der andere zögerlich reagiert.
Sich auf Lösungen konzentrieren
Wenn Sie negatives Feedback geben, müssen Sie dem Mitarbeiter die Möglichkeit einräumen, seine Sicht darzustellen. Der richtige Zeitpunkt hierfür ist gekommen, wenn er Ihnen zugehört und Ihre Sicht der Dinge verstanden hat. Achten Sie aber darauf, dass Ihr Gegenüber keine Rechtfertigungsarie inszeniert oder dass sich das nicht Gespräch in endloser Analyse des Geschehenen verfängt. Bleiben Sie nicht bei den Problemen hängen, sondern lenken Sie das Gespräch auf mögliche Lösungen. Problemfokussierte Diskussionen haben die Tendenz, sich in Schulddiskussionen zu verlieren. Wenn sich ein Gespräch dagegen auf Lösungen konzentriert, agieren die Beteiligten zukunftsgerichtet, werden kreativ und entwickeln gemeinsam neue Ideen.
Positives Feedback geben
Die größte Gefahr beim positiven Feedback liegt darin, dass es überhaupt nicht gegeben wird. Dabei ist das eine der einfachsten und wirksamsten Methoden, um gute Leistungen zu fördern. Wer für ein Verhalten belohnt wird, neigt dazu, dieses Verhalten zu wiederholen. Gemeint ist damit nicht ein pauschales Lob, sondern die Anerkennung guter Leistung anhand konkreter Beobachtungen.
Es lohnt sich also, auch positives Feedback gut vorzubereiten:
- Sprechen Sie berechtigtes Lob immer aus.
- Folgen Sie der Dreiklangregel.
- Loben Sie nachvollziehbar und ehrlich.
Im Unterschied zum negativen Feedback fehlt für ein Lob der drängende Anlass. Machen Sie es sich deshalb zur Gewohnheit, berechtigtes Lob, wann immer sich ein Anlass bietet, auch auszusprechen. Die Anwendung der Dreiklangregel im Falle eines positiven Feedbacks kann zum Beispiel wie folgt ablaufen:
Schritt 1 (Wahrnehmung): „Ich habe gestern mitbekommen, wie Sie, ohne dass es Ihre Verantwortung gewesen wäre, auf Herrn Müller zugegangen sind und ihn über die Fehleinstellung an seiner Maschine informiert haben. Das hat uns viel Zeit und Geld gespart.“
Schritt 2 (Wirkung): „Da habe ich mich sehr über Ihre Verantwortungsübernahme gefreut. Das ist für mich echte Teamarbeit. Super!“
Schritt 3 (Wunsch/Erwartung): „Das wünsche ich mir weiter so.“
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ENDE. Das Heft können Sie hier bestellen.