Kurz, knapp, Statement

Media Relations

Es gab einmal eine Zeit, in der konnte man mit geschlossenen Augen erkennen, welcher Partei ein Politiker angehörte – man brauchte nur ein Statement von ihm im Fernsehen zu hören. Hing er mit der Stimme in der letzten Silbe oben, war er sicher von den Grünen oder der Linken. Wenn er stimmlich „gelandet“ war, gehörte er einer anderen Partei an. Wie kam das? Erstgenannte hatten ein Problem: Ihr Statement war zu lang geraten oder hatte zu viele Aspekte enthalten, sodass es am Ende der redaktionellen Schere zum Opfer fiel. 

Die Politiker sind heute andere, doch die Fehler, die zu diesen gekappten Statements führen, sind noch immer dieselben. Und sie können jedem passieren: Politikern wie Kommunikatoren, CEOs oder Experten. Der Verfasser ist zu wenig inhaltlich fokussiert, die Argumente sind zu wenig strukturiert und deshalb gerät das Statement zu lang und zu unscharf. Der O-Ton-Geber hat einfach „zu viel gewollt.“ Die Redaktionen schneiden sich deshalb das Beste heraus – und das sicherlich nicht immer im Sinne des Erfinders. Das gilt übrigens für Print, Radio und TV gleichermaßen. Doch wie geht es nun richtig?

Das Wollen

Tipp 1: Formulieren Sie für sich im Stillen Ihre Botschaft in einem einzigen Satz. Damit haben Sie den Kern Ihrer Message. Um diesen Kern herum sammeln Sie die nötigen Argumente – und nur die nötigen. Den Rest streichen Journalisten sowieso.

Tipp 2: Formulieren Sie konzeptionell. Das bedeutet: Formulieren Sie in ganzen Sätzen und benennen Sie die Dinge, anstatt sie durch Fürwörter/Pronomina zu ersetzen, wie „der, die, das“ oder „er, sie, es“. Notfalls in jedem Satz aufs Neue. Andernfalls entsteht durch Kürzung leicht ein falscher Zusammenhang. Dabei hilft es, sich den Empfänger Ihrer Botschaft als blutigsten Laien vorzustellen – übrigens gar nicht so unrealistisch in der Journalistenlandschaft.         

Und überlegen Sie: Will ich informieren oder provozieren? Je nachdem brauchen Sie eine andere Herangehensweise. Ein Beispiel: Der britische Biochemiker Terence Kealey hat angeblich herausgefunden, dass das morgendliche Frühstück den Blutzuckerspiegel für viele Stunden erhöht. Er könnte sagen: „Ich empfehle Breakfast-Cancelling, weil dies den gesamten Tag lang den Blutzuckerspiegel auf niedrigem Niveau hält.“ Stattdessen formulierte er: „Frühstücken ist das neue Rauchen“. Die sachliche Variante erzeugt Verwunderung – die provokante Variante erzeugt Widerstand. Was wollen Sie?

Die Länge

Tipp 3: Fragen Sie die Redaktion, wie lang das Statement werden soll und halten Sie sich daran. Jede Botschaft funktioniert in jeder Länge. Es ist besser, wenn Sie kürzen, als wenn die Redaktion im Nachhinein kürzt. Wenn Sie noch keinen Abnehmer haben, gilt: TV sendet gern maximal zehn bis 20 Sekunden, Radio nimmt auch 30 Sekunden. Das entspricht vier bis fünf Sätzen.

Zeitungsredaktionen verfahren auf gleiche Weise. Diese zerlegen Statements gern in einzelne Sätze, Satzgruppen, Satzteile. Anders ist es bei rechtfertigenden Stellungnahmen des Unternehmens in Krisensituationen. Hier sind viele Redaktionen etwas vorsichtiger und zitieren vollständiger, aber eine Garantie gibt es dafür nicht. Deshalb gilt immer: Testen Sie Ihr Statement vorab an Ihrem Umfeld – geht’s noch kürzer?

Die Struktur

Tipp 4: Für das Kurz-Statement hat sich eine rhetorische Form bewährt, die als Vierklang, Fünfsatz-Modell oder Zielsatz-Methode bekannt ist. Dahinter steckt die Reihung: Botschaft – ein oder mehrere Begründungen – eventuell ein Beispiel – Wiederholung der Botschaft. Das klingt verständlich, aufgeräumt und professionell. Beispiel:

„Wir als Verband der Diesel-Freunde fordern eine kostenlose Nachrüstung der Dieselfahrzeuge durch die Hersteller. Schließlich haben die Autoproduzenten die technischen Möglichkeiten und die Verantwortung. Die Autofirmen haben die fertige Nachrüstungstechnik in der Schublade und sie konnten außerdem die Dieselkrise ahnen. Deshalb sind die Kfz-Hersteller in der Pflicht, die Diesel-Autos kostenlos nachzurüsten.“

 

Die eindrucksstärkste Begründung setzen Sie in Ihrer Reihung an die erste Stelle, denn falls Journalisten kürzen müssen, kürzen sie von hinten.

Das Auftreten (vor Mikrofon und Kamera)

Tipp 5: Sprechen Sie langsamer als üblich. Dann ist es vermutlich für Ihre Zuhörer und Zuschauer schon schnell genug. Denn Ihr Sprechtempo, das im Interview dynamisch und leidenschaftlich klingen mag, kann in einem isolierten Statement durchaus eilig, fahrig oder ungeduldig wirken.

Tipp 6: Lassen Sie sich nicht vom Kamerateam vor einen widersprüchlichen Hintergrund stellen. Ihre Message zum reibungslosen Zusammenspiel Ihres Topmanagements wird vor dem Hintergrund einer Baustelle zur Lachnummer. Das Kamerateam muss dies gar nicht böse gemeint haben – Termindruck reicht für solche Text-Bild-Scheren völlig aus. Also nehmen Sie eine Begleitung mit zum Dreh, die mit „Kamerablick“ das Set überprüft. Diese Begleitung hat außerdem dafür zu sorgen, dass die Kamera nicht gegen Ihre Erlaubnis vor oder nach dem Statement Aufnahmen von Ihnen macht. 

Zum Schluss noch ein Plädoyer für das Radio- und TV-Statement. Viele scheuen es und ziehen sich auf schriftliche Stellungnahmen zurück, weil sie Manipulationen an Bild und Ton befürchten. Die Angst ist berechtigt. Aber das gesprochene Wort ist nun einmal in seiner positiven Öffentlichkeitswirkung nicht zu toppen. Selbst wenn Ihre Aussagen aufs Schlimmste beschnitten wurden, so haben Sie Ihrem Unternehmen Gesicht und Stimme gegeben. Ihre Kunden werden Sie dafür lieben. Denn wer vertraut schon einer gesichtslosen Firma?

 

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