Pressesprecherin – das ist der Jobtitel, den ich seit vier Jahren trage. Drei Jahre lang hat sich diese Bezeichnung für mich richtig angefühlt. Seit etwa einem Jahr betrachte ich diese Bezeichnung als etwas, das immer noch Validität, aber keine Vollständigkeit mehr besitzt. Sie bezeichnet nur noch einen Teil der Arbeit, der ich in meiner Profession nachgehe.
Zu Beginn bestand meine Tätigkeit vor allem aus klassischer Medienarbeit: Pressemeldungen schreiben, Interviews vorbereiten oder Themen exklusiv platzieren. Es galt, den Kontakt zu Journalisten zu pflegen, Anfragen zu beantworten oder Pressegespräche zu organisieren – mit Print- wie Online-Journalisten. Strenggenommen war der Begriff des „Pressesprechers“ schon damals nicht mehr ausschöpfend, zumal „Presse“ lediglich für die Gesamtheit aller verbreiteten Druck-Erzeugnisse steht.
Heute ist meine tägliche Arbeit geprägt durch vieles mehr. Die klassische Medienarbeit ist immer noch ein Teil davon, aber ein Großteil wird von Digitalkommunikation eingenommen.
Wenn ich die PR-Arbeit der vergangenen Jahre in unserem Team Revue passieren lasse, kann ich eines ganz bestimmt sagen: Die klassische Pressearbeit hat sich einer Metamorphose unterzogen. Eine PR-Maßnahme ist für uns niemals nur eindimensional. Sie besteht aus einem Kaleidoskop an Kommunikationsformaten. Wer ein Thema betreut, denkt nicht nur an eine Pressemeldung, sondern arbeitet gemeinschaftlich mit Kollegen und Kolleginnen beispielsweise Hintergrundtexte, Journalistengespräche, Fotos, Infografiken, Videos und Social-Media-Formate aus.
Für uns ist PR-Arbeit dann erfolgreich, wenn sie ganzheitlich gedacht, umgesetzt und ihr auf allen Kanälen zugehört wird. Und genau dann macht sie auch am meisten Spaß!
Chefetage definiert PR-Erfolg über Medienberichterstattung
Blickt man in die Chefetagen von Unternehmen, entspricht ein PR-Erfolg vor allem einer Platzierung mit großem Bild in einer reichweitenstarken, überregionalen Tageszeitung im Wirtschaftsteil. Aus meiner Sicht ist das völlig legitim und nachvollziehbar. Es ist aber eben nur ein Teil der Kommunikationsarbeit heutiger PRler. Die richtige Balance ist letztlich entscheidend. Denn nur weil wir unsere eigenen digitalen Medienhäuser bauen, heißt das nicht, dass wir auf die unabhängige dritte Instanz der Journalisten verzichten können. Wir brauchten sie und werden sie immer brauchen. Der Dialog und der Aufbau guter Beziehungen zu Journalisten sind der Begrifflichkeit von Public Relations inhärent.
Meiner Meinung nach sollten wir die Bezeichnung des Pressesprechers nicht abschaffen, aber unsere eindimensionale Assoziation des Begriffs abwerfen. Ich finde auch nicht, dass wir uns eine einheitliche Berufskategorie à la „Kommunikator“ geben sollten. Unsere kreative Branche lebt davon, kein Einheitsgrau zu sein und aus unterschiedlichen bunten Facetten zusammengesetzt zu sein.
Unsere Profession ist unsere weiße Leinwand. Es liegt an uns, welches Werkzeug wir nutzen, um sie auszugestalten. Es ist egal, ob wir uns als Communications Manager, Public-Relations-Experte oder Kommunikationsreferent bezeichnen, solange jeder weiß, wie er oder sie das Kommunikationsfarbspektrum einzusetzen hat.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ZEIT. Das Heft können Sie hier bestellen.