Narrative in der Unternehmenskommunikation

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Wenn die UEFA entscheidet, dass die Allianz-Arena zum Ungarn-Deutschland-Spiel der Fußball EM nicht i n Regenbogenfarben leuchten soll, die Allianz und die Deutsche Bank, sowie zahllose weitere Unternehmen sich aber sehr wohl mit den Farben der Pride-Bewegung schmücken, dann ist das ein Ausdruck davon das Unternehmenskommunikation im Kontext gesellschaftlicher Narrative stattfindet. Gleiches gilt für Aktionen von Klimaaktivisten, die hunderte Autoschlüssel entwenden, um sie auf der Zugspitze zu drapieren oder Feministen, die Shitstorms rund um Vorstandsfotos befeuern. Einerseits gestalten Unternehmen Profil i n Bezug auf solche Narrative, andererseits drohen sie sogar zum Spielball davon zu werden.

In den Konfliktlinien gesellschaftlicher Diskurse denken zu können, in ihnen auch jenseits von Parteipolitik zu agieren und damit existenzielle mediale Risiken zu reduzieren, ist eine Kernaufgabe narrativer Strategie. Diese narrative Strategie dient dazu, die Kompetenz zu entwickeln, in Mustern oder Schemata zu denken, sie zu nutzen und, bei anhaltender Ambition, den Versuch zu wagen, neue Schemata zu prägen. Denn es sind die Muster hinter den Geschichten, hinter dem “Magnetismus” von Storytelling, die das Verstehen bewusst oder unbewusst beeinflussen. Ob nun der Verlust der Mitte beschworen wird, das Auseinanderfallen der Gesellschaft, Anfang oder Ende der Singularität und Verlust oder Gewinn von Gerechtigkeit – Sichtweisen entstehen aus mehr oder minder komplexen Mustern.

Narrative Muster zu verstehen und zu prägen ist dabei nicht nur nützlich, um Risiken zu reduzieren und nicht zum Spielball zu werden, sondern vor allem auch eine Gestaltungschance für Strategien, weil die Verstehbarkeit extern und intern steigt und damit auch die Machbarkeit, die Klarheit der Zielsetzungen und die Überzeugung der Investoren. Besonders letzteres adressieren neuere Formen der narrativen Strategie, die sich auf den Aufbau von “Trajectories”, von Flugbahnen, Entwicklungskurven, Zukunftsprognosen und -erwartungen beziehen. Da ist die gute Geschichte Teslas von der Zukunft der Elektromobilität zu nennen oder eine genauso große möglich Blase um die Zukunft autonomen Fahrens durch Waymo.

Ob man Unternehmen eine Zukunft zutraut, hängt stärker von plausibler Fiktion ab als von totalem Realismus. Selbst wenn es so nicht oder nicht ganz so kommen wird – ohne die Plausibilisierung von Zukunftsfiktion ist Unternehmensstrategie nur auf Quartalserfolge und die Gegenwart reduziert. Was bleibt ist die Flucht in vermeintliche Trend-Themen und resultiert in kommunikativer Beliebigkeit. Mal ernsthaft: Wo unterscheiden sich die Botschaften der Unternehmen bei Fokusthemen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung konkret?

Manchmal reicht es nicht, auf bestehende Denkschemata oder Kategorien zu setzen, wie das Profil von “forschenden Arzneimittelherstellern” oder des eines „OEM“ in der Autoindustrie. Manchmal muss oder kann man selbst ein neues Schema entwickeln. Ein erfreuliches Beispiel ist der DAX-Konzern Merck. Dessen Produktangebot lässt sich schwer in einem Satz beschreiben. Stattdessen greift das Unternehmen das Narrativ der Wissenschaft auf und bezeichnet sich als „The Vibrant Science & Technology Company“. Besonders in der aktuellen gesellschaftlichen Corona-Debatte rund um Wissenschaftsfeindlichkeit und -freundlichkeit kann Merck daher nicht bloß über seine so wichtigen Werkzeuge berichten, die die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen erst möglich machen, sondern auch seine gesellschaftliche Rolle als Partner der Wissenschaft unterstreichen.

Niemand kann heute mehr ernsthaft glauben, dass er sich gesellschaftlichen Narrativen entziehen kann. Die Frage ist bloß, ob man sich auf das Reagieren beschränkt oder Debatten aktiv gestalten möchte. Ein gutes Narrativ kann die Welt erneuern.