In Gehaltsverhandlungen kein Geld liegen lassen

Karriere

Dass Frauen in globalen Großunternehmen, in Dax-Konzernen oder bei bedeutenden Institutionen in der Kommunikation Top-Führungspositionen begleiten, ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Wer es bis hierhin geschafft hat, verfügt nicht nur über Kommunikationskompetenz und Erfahrung im Umgang mit komplexen Situationen, sondern auch über die notwendigen Management-Skills.
Eine dieser Fähigkeiten ist eine kluge und durchsetzungsstarke Verhandlungsführung. PR-Chefinnen beweisen das in der Krisenkommunikation gegenüber kritischen Journalisten, bei heiklen Themen in der Vorstandssitzung oder in der Projektführung. Und nicht zuletzt in eigener Sache können diese Führungskräfte sich durchsetzen, ob es um Personal- und Budgetplanung geht oder schließlich um das eigene Gehalt.

Auf den Positionen im mittleren Management sieht es unserer Erfahrung nach oft anders aus. Hier arbeiten fachlich ebenso kompetente PR-Managerinnen. Doch bei der Verhandlung der eigenen Gehälter offenbaren sie Schwächen, wie sich in ihrer Abrechnung schwarz auf weiß zeigt. Weshalb antworten im Vorstellungsgespräch vor allem Frauen auf die Frage nach der Gehaltsvorstellung mit Sätzen wie „Auf das Geld kommt es mir nicht in erster Linie an“? Weshalb sind sie schnell verunsichert, wenn Personalverantwortliche bei Nennung ihres Gehaltswunsches mit erstaunt klingendem „Oh!“ oder „Aha“ reagieren? Sobald sie Gegenwind spüren, ziehen sie sich zurück. Das lässt sich natürlich nicht verallgemeinern, aber unsere Erfahrung zeigt eine klare Tendenz.

Frauen sollten eine Gehaltsverhandlung als eine taktische Herausforderung verstehen – auch in den jährlichen Personalgesprächen und nach Beförderungen. Die eigenen Leistungen selbstbewusst zu vertreten, ist ebenso wichtig wie eine kluge Gesprächsführung. Die meist vorhersehbaren Einwände des Gegenübers lassen sich bei gründlicher Vorbereitung geschickt kontern und verstärken im Idealfall sogar die eigene Position.

Und auch ein „Plan B“ sollte bereitliegen. Wenn beispielsweise eine direkte Gehaltserhöhung partout nicht möglich erscheint, lässt sich diese vielleicht für einen späteren Zeitpunkt fest vereinbaren. Um diese dem Gegenüber schmackhaft zu machen, kann so eine Vereinbarung auch an das Erreichen eines selbst vorgeschlagenen Ergebnisses im eigenen Job geknüpft werden. Die Erfolgschancen beim Verhandeln des eigenen Gehaltes sind viel besser, als die meisten Frauen glauben. Wenn man als Coach mit der Klientin den Ursachen für diese Hemmung auf den Grund geht, tritt häufig ein früh erlerntes Rollenverhalten hervor. Anders als Jungen haben Mädchen oft nicht gelernt, sich einem Wettkampf zu stellen und diesen positiv zu sehen. Sie werden als Kind vielmehr dafür gelobt, dass sie integrativ sind, sensibel auf Gesprächspartner eingehen und nach Lösungen suchen. Auch hier gilt selbstverständlich, dass man sich jeden Einzelfall genau anschauen muss.

Zum anderen erkennen Frauen häufig nicht, dass das Gehalt auch den im Job geforderten Einsatz widerspiegelt. Frauen müssen sich noch immer stärker engagieren als ihre männlichen Kollegen, um mit ihren Leistungen anerkannt zu werden. Wenn sie dann wahrnehmen, dass ihr Gehalt diese Leistung nicht reflektiert und Männer in vergleichbarer Position oder auf derselben Hierarchieebene mehr verdienen, frustriert das. Fällt der Satz „Auf das Gehalt kommt es mir nicht in erster Linie an“, signalisiert dies dem Gegenüber, dass hier jemand sitzt, die sich im Gehalt an die untere Schwelle der vorgesehenen Spanne drücken lässt. Deshalb ist zu raten: Zuerst für sich eine klare Gehaltsvorstellung definieren, die eigene Forderung argumentativ unterlegen und dann souverän kommunizieren.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Influencer. Das Heft können Sie hier bestellen.

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