Die meisten Presse- oder Marketing-Abteilungen produzieren nach wie vor Inhalte so, wie sie es immer machen: Sie orientieren sich dabei an einer Papierseite oder einem vorgefertigten Webseiten-Template, um Text-, Bild- oder Videoinhalte zu erstellen. Dann geht man davon aus, dass die Inhalte auch richtig dargestellt werden. Genau, man geht davon aus. Diese Vorstellung trifft in einer modernen Medienwelt jedoch nur noch bedingt zu. Eine wachsende Anzahl von Touchpoints, Distributionskanälen, Devices, Plattformen und die hohen Erwartungen der Kunden und Rezipienten an individuell konfektionierte Inhalte fordert eine weitere, ja sogar neue Art der Inhaltsproduktion und deren Management.
Was ist Adaptive Content?
Der Begriff Adaptive Content bedeutet „anpassungsfähige Inhalte“ und beschreibt eine Content-Strategie, bei der sich Inhalte dem jeweiligen Nutzungskontext des Users anpassen und es ihm ermöglichen, damit zu interagieren. Nutzer, die beispielsweise über ihr Handy nach einer bestimmten Produktinformation in einem Ladengeschäft suchen, erwarten faktischere und spezifischere Inhalte als bei dem Besuch einer Unternehmensseite vom heimischen Desktop-Computer aus. Auch Journalisten haben auf einer Unternehmensreise oder einem Event andere Informationsbedürfnisse als bei der Recherche in der Redaktion.
Um die Inhalte zukünftig an die vielfältigen Nutzungsszenarien anzupassen, muss ein Content-Produzent eher in Content-Klassen denken und identifizieren, wie ein Inhalt so aufgeteilt wird, dass auch Teile davon auf allen denkbaren Devices sauber und sinnvoll dargestellt werden. Dies ist aber nicht nur eine Herausforderung an den Redakteur, sondern auch an ein leistungsfähiges Content-Management-System, das auf die individuellen Unternehmensbedürfnisse für Distributionskanäle und Content-Klassen reagieren kann.
Die Distributionsfähigkeit von Inhalten wird zum Wettbewerbsvorteil
In vielen Marketing- und PR-Abteilungen herrscht Zufriedenheit mit dem Mittelmaß. Man präsentiert dem Kunden durchschnittliche Klickraten von unter 0,4 Prozent auf Online-Anzeigen, zwei bis drei Prozent Klickraten innerhalb von E-Mail-Newslettern und weniger als ein Prozent Conversion-Rate in der Generierung von Leads. Ein Anlass zum Feiern ist das nun nicht. Schon gar nicht, wenn laut thinkwithgoogle.com zwei von drei Kunden angeben, dass sie auf mobilen Unternehmensseiten nicht das gefunden haben, wonach sie suchten.
Tagtäglich befinden wir uns also in einem harten Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und die Befriedigung der Erwartungen unserer Kunden. Selten wird berücksichtigt: Wenn ein Kunde ein tolles Service- oder Produkterlebnis bei einem Angebot hatte, stellt er diese Erwartung auch an weitere Dienstleistungen und Angebote. Werden diese nicht erfüllt, springt er ab, und das mit einem eher unguten Gefühl, welches er womöglich auch seinen Freunden und Bekannten mitteilt.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es notwendig, sich darauf einzulassen. Umso besser, wenn man sich von seinen Wettbewerbern differenzieren kann und zuverlässig hervorragende Content- und Produkterlebnisse schafft. Dabei ist zu beachten, dass man diese sieben wesentlichen Merkmale für eine umfassende User Experience integriert:
1. Inhalte, zugeschnitten auf die
2. Person, ihre
3. individuellen Interessen, ausgeliefert an einem bestimmten
4. Ort, zu einer bestimmten
5. Zeit, in einem auf den User und sein Device zugeschnittenen
6. Format, in der richtigen
7. Sprache.
Die Berührungspunkte mit dem Kunden werden immer häufiger genutzt. Eine massive Diversifizierung der Distributionskanäle macht es daher nahezu unmöglich, Inhalte quasi händisch für alle diese Nutzungsfälle zu erstellen und zu managen.
Wie kann also ein Unternehmen für jede denkbare Situation Inhalte produzieren und idealerweise einmal erstellten Content jederzeit auf jedem Device zu jedem möglichen Zeitpunkt einwandfrei mit allen oben genannten Merkmalen situationsangepasst zur Verfügung stellen? Eine Lösung ist das Prinzip des Adaptive Contents, der statische Inhalte ersetzt und dynamisiert.
Content-Marketing ist eben nicht nur Storytelling. Technologie und Inhalt werden eins. Adaptive Content ist digital, datengetrieben und dynamisch. Um durch Inhalte das Interesse an jedem Punkt einer Customer Journey zu wecken, müssen sie semantisch strukturiert werden. Das bedeutet, Inhalte werden in Einzelteile zerlegt, deren sinnvolle Zuordnung in den Metadaten festgelegt wird. Diese werden dann automatisiert von Plattformen oder Devices abgerufen und so dargestellt, dass sie dem Kontext, der Plattform und der Geräteabfrage entsprechen.
Auch die Presse- und Unternehmenskommunikation profitiert
Doch nicht nur für die Marketingkommunikation ist der strategische Ansatz des Adaptiven Contents wichtig. Denn in einer digital vernetzten Gesellschaft werden auch Pressemeldungen, Blogbeiträge, Event-Videos oder Interviews auf allen erdenklichen Plattformen und Devices rezipiert. Gerade in der Kommunikation von Multiplikatoren, die Inhalte von Unternehmen in individualisierbaren Newsreadern oft von unterwegs wahrnehmen, konkurrieren die eigenen Inhalte stellenweise untereinander.
Die Inhalte von Veranstaltungen beispielsweise können auch für die Leser alters- und geschmacksbezogen dargestellt werden. Die interne Kommunikation kann die für die jeweiligen Abteilungen relevanteren Inhalte auf der Leserseite ebenfalls spezifischer platzieren und so für sie wichtigere Inhalte in den Vordergrund stellen.
Während die einen schon in die Verknüpfung von Content und Technologie investieren, philosophieren die anderen immer noch über den Sinn und Unsinn hervorragend aufbereiteter digitaler Inhalte oder Applikationen. Unternehmen wie Amazon, Adobe und Zalando verwenden Daten bereits, um ihren Kunden die richtigen Angebote am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu unterbreiten. Es scheint sich zu lohnen, auch wenn die Unternehmen noch keine konkreten Aussagen treffen.
Fakt ist: Früher oder später müssen sich auch Kommunikationsverantwortliche den Technologie-Chancen stärker widmen, um Lösungen zu identifizieren, die ihre Aufgaben weiter optimieren und effizienter gestalten. Die digitale Transformation macht auch vor der Presseabteilung nicht halt. Die Optionen sind vielfältig, daher sollte die Entscheidung für eine Technologie-Plattform nicht zu voreilig getroffen werden.
Anforderungen an Team und CMS
Content-Management-Systeme können Inhalte für eine technologisierte Nutzungswelt präziser und zuverlässiger formatieren, validieren und automatisiert publizieren. Dafür sind sie ja auch da. Ein Redakteur, der ein solches System verwendet, kann sich also mehr auf die Touchpoint-Analyse und die Inhaltsstruktur konzentrieren als bisher. Seine Aufgabe besteht ab jetzt eher darin, festzulegen, wann welcher seiner Inhalte gezeigt wird. Er wird zum Regisseur der User Experience, das System arbeitet nach den vorgegebenen Parametern.
Die verschiedenen Content-Management-Systeme, die Definition, „was wirklich gebraucht wird“ und welche Systeme skalierbar implementiert werden können, sollten in Analyse- und Content-Strategie-Workshops evaluiert werden. Fehlinvestitionen können so verhindert und Team-Sensibilisierungen für diese Transformation hergestellt werden.
Geben wir uns also nicht mehr mit dem Mittelmaß zufrieden. Keiner von uns weiß, welche Inhaltsformate in welchen Szenarien in der Zukunft abgerufen werden. Die Aufbereitung der Informationen als Adaptive Content garantiert schon heute eine bessere Verfügbarkeit im Nutzungskontext. Zukünftig wird dieser Strategie-Ansatz wahrscheinlich noch wichtiger.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Digitalisierung. Das Heft können Sie hier bestellen.