Die neue Ernsthaftigkeit Thesen zur Haltungskommunikation

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Halten Sie Haltung durch? Wenn nicht, lassen Sie es.
So blöd es klingt: Es reicht nicht, das Richtige zu sagen. Wer sich gegen die AfD äußert, muss auch bereit sein, sich gegen das chinesische Regime zu äußern, das autokratische Putin-Russland, die Erdogan-Regierung – und gegen eine ganz Menge rechts-propagandistischer Parteien und Regierungen in Europa. Da sind aber ihre Zielmärkte dabei? Wachstumschancen! Jahrelange Arbeit. Nun, es gibt viel abzuwägen. Hält das Unternehmen Haltung durch? Wenn nicht, ist es aus Kommunikationssicht zumindest nachvollziehbar, dass manche Unternehmen nicht etwas anfangen, was ihnen wenig später auf die Füße fällt. Haltungskommunikation braucht Haltungsstrategie: Vom Ende her denken, Resonanz antizipieren, konsistent sein. Klare Verantwortlichkeit festlegen. Das ist mehr wert als ein paar wohlfeile Sätze, die gefühlt als politisches Greenwashing rüberkommen und angreifbar machen. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht.

Jedes Unternehmen muss sich im Lichte der Geschichte überlegen, wo es stehen will – und wie viel Verantwortung es übernimmt.
Ob Sie es wollen oder nicht: Unternehmen haben eine politische Wirkung. Sie können nicht nicht wirken zu politischen Themen. Viele deutsche Unternehmen haben sich in der dunkelsten Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckert, ganz im Gegenteil, wie sich zum Beispiel in David de Jongs Buch “Braunes Erbe” minutiös recherchiert nachlesen lässt.
Manche mögen das als moralischen Rucksack empfinden, den sie sich nicht aufsetzen möchten. Andere wird es anspornen. Welche Verantwortung übernimmt ein Unternehmen? Welche nicht? Wie viel Verantwortung ist genug?
Zumindest im eigenen Land zur liberalen Demokratie stehen, kann nicht zu viel verlangt sein. Zu Wahlen, Dialog, Kompromissen, Minderheitenschutz.

Für die Demokratie: Kampagnen sind gut, Konstanz noch besser.
In jüngster Zeit haben Unternehmen Kampagnen für Offenheit, Toleranz und Solidarität durchgeführt. Den schwierigen Zeiten wird mit einer neuen Ernsthaftigkeit begegnet. Die Wirtschaft hat sich dafür Anerkennung verdient. Allerdings sind Kampagnen wie Reminder. Öffentliche Post-Its in XXL. Haften kurz gut, aber dann lässt die Klebewirkung nach. Sie können inhaltlich verpuffen – oder gar als Feigenblatt attackiert werden. Wir brauchen also verdammt viele Post-Its. Und, sorry, das reicht noch lange nicht: Denn mit Kampagnen sind  wir ja noch gar nicht dabei, die Dinge zu tun, die auf dem Post-It stehen. Substanzieller – und teurer – wird es, die unternehmerische Demokratiearbeit zu verstetigen und zu vertiefen. Die neue Wirtschaftsallianz “Wir stehen für Werte” könnte sich in diese Richtung entwickeln, mit mächtigen und strahlkräftigen Unternehmen wie Siemens, Bosch und Allianz, um nur einige zu nennen.

Haltung ist keine Frage der Haltung. Sondern des Machens.
Es ist leicht, eine Haltung zu haben. Es ist schwer, sie zu leben. Es mag also moralisch erleichternd sein, viel über Haltung zu reden. Solange man nichts macht, bleibt es ein laues Lüftchen. Da kann man sich gleich enthalten.
Allerdings kann das Machen vielfältige Formen annehmen und neue Formate erfordern. Machen kann der Unternehmenskommunikation – und nicht nur ihr – neue Kompetenzen in schwierigem Terrain abverlangen. Der Nahostkonflikt hat kurz nach dem Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Herbst deutsche Belegschaften erreicht. Schaut man weg? Hat man ein geeignetes Dialogformat? Eine Moderation, die diesem Thema gewachsen ist? Oder der Flüchtlingsthematik? Oder oder.
Womöglich könnte “Demokratie und Business” ein lohnendes Modul für Führungskräfte sein. Hintergrundwissen, ein Raum für Reflektion, Abwägung. Ist meine Weiterbildung auf diese Themen ausgerichtet? Wie kann ich meine Interne Kommunikation wirksam ausbauen? Gerade mit Blick auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt: Manchmal geht es bei Haltung darum, Halt zu geben. Raum zu geben. Im besten Sinne einen Dialog zu moderieren. Moderare bedeutet im Lateinischen: mäßigen, regeln, lenken.
Bin ich bereit, mein Unternehmen auch als sozialen Raum von Bürgerinnen und Bürgern anzuerkennen? Ein Ort demokratischer Praxis? Vielleicht fördert das sogar Leistung, weil es Spannungen nimmt. Vielleicht erhöht es auch die Arbeitgeberattraktivität. Vielleicht ist es heute auch “the right thing to do”. Entscheiden kann das nur jedes Unternehmen für sich. Das sollte es tun, bewusst und klar.

Es geht in dieser Zeit eigentlich nicht darum, ob ein Unternehmen Haltung zeigt. Sondern nur, wie es das tut. Die Haltung muss zu ihm passen und durchhaltbar sein. Die Haltung muss strategisch und nicht impulsiv entwickelt sein. Es kann sich in jeder Hinsicht lohnen. Denn Unternehmen als Orte demokratischer Praxis zu betrachten, eröffnet völlig neue Möglichkeiten.