Die interne E-Mail-Flut nimmt seit Jahren zu. Mittlerweile ist klar, dass interne Chats oder das Intranet die E-Mail nicht ablösen können. Im Gegenteil. Die Kommunikation erfolgt mittlerweile digital zum Teil „über alle Kanäle“. Viele Mitarbeiter klagen einerseits über das volle E-Mail-Postfach, das sie unter Druck setzt. Einhundert E-Mails am Tag oder mehr sind für viele keine Seltenheit. Andererseits fühlen sie sich nicht hinreichend informiert. Ein Grund dafür ist, dass wichtige Nachrichten in der Flut an digitalen Informationen im Posteingangsfach regelrecht untergehen; Missverständnisse entstehen.
Dabei ist die E-Mail ein an sich sehr praktisches Tool und die Vorteile liegen auf der Hand: Die Kommunikation ist schnell und es lässt sich zeitversetzt kommunizieren. Informationen liegen schriftlich vor und sind einfach weiterzuleiten oder weiter zu bearbeiten. Eine E-Mail ist außerdem schnell geschrieben. Doch genau hierin liegt auch der Nachteil. Die E-Mail wird für „alles“ genutzt. Auch für Situationen, für die sie nicht geeignet und der optimale Kanal ist. Die Hitliste der E-Mail-Zeitfresser ist lang. Einige Beispiele dafür, was viele E-Mail-Nutzer in Unternehmen beklagen: Die Verteiler sind zu groß, die Betreffzeile ist unklar und die Nachrichten sind viel zu lang.
Große Verteiler und „CC-Flut“
Einer der Gründe für die E-Mail-Flut ist die „CC-Flut“. Eine beträchtliche Anzahl an E-Mails entsteht dadurch, dass zu viele Personen im „CC-Feld“ einer E-Mail stehen. Sie erhalten die E-Mail nur „in Kopie“ und oft ist die Nachricht für sie nicht relevant. Doch sie müssen die Nachricht lesen und löschen. Das kostet unnötig Zeit und bremst die Produktivität. Gründe für zu große Verteiler sind unter anderem die Unklarheit beim Absender über die Bedeutung von „CC“ oder auch das Bedürfnis, sich abzusichern.
Experten rechnen mit einer Bearbeitungszeit von durchschnittlich drei Minuten pro E-Mail, gleich ob es darum geht, sie zu löschen, weiterzuleiten, zu speichern oder zu beantworten. Das bedeutet für das Phänomen „CC-Flut“, dass die Bearbeitung einer internen E-Mail mit einem Empfängerkreis von beispielsweise drei Personen im „An-Feld“ und zehn Personen im „CC-Feld“ das Unternehmen insgesamt 39 Minuten Arbeitszeit kostet. Ist die E-Mail für zehn Empfänger nicht relevant, lässt sich leicht ausrechnen, welcher Verlust entsteht, wenn E-Mails auf diese Weise unnötig hin- und hergehen.
Hoher Druck für Führungskräfte
Ein besonders hohes E-Mail-Aufkommen haben meist Führungskräfte und auch der Druck ist hier immens. Sie sitzen seltener am Rechner, sind in Meetings oder auf Geschäftsreise. Dann gehen während der Abwesenheit die E-Mails unaufhörlich ein. Nach der Rückkehr quillt der Posteingang über und ist schnellstens zu sichten. Die Gefahr, eine eilige E-Mail zu übersehen, ist groß. Es sei denn, es gibt Vereinbarungen darüber, was eilige E-Mails sind und wie sie aussehen müssen. Und wann es besser ist, zu telefonieren, statt zu mailen.
Zudem haben Führungskräfte eine Schlüsselfunktion. Sie müssen digital Freigaben erteilen, führen ihre Mitarbeiter per E-Mail und öfter als andere erhalten sie E-Mails „in Kopie“. Oft rufen sie Nachrichten von unterwegs auf dem Smartphone oder Tablet ab, damit sie nicht die ersten Stunden des Arbeitstages mit dem Bearbeiten von E-Mails verbringen. Die E-Mail ist für viele deshalb zu einem Stressfaktor geworden.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt
Die Lösung des Problems beginnt damit, anzuerkennen, dass es überhaupt ein Problem gibt. In der Praxis wird das Thema E-Mail oft unterschätzt. Es reicht nicht aus, „Zehn E-Mail-Tipps“ ins Intranet zu stellen. Ein E-Mail-Workshop für alle Mitarbeiter ist gut, doch Schulungen alleine lösen das Problem bei einer echten E-Mail-Flut nicht. Um eine E-Mail-Flut nachhaltig zu senken, braucht es eine neue E-Mail-Kultur im gesamten Unternehmen. Es braucht E-Mail-Leitlinien, die Mitarbeitern unter anderem aufzeigen, wie die E-Mail optimal zu nutzen und worauf beim Schreiben und Antworten zu achten ist. Da jedes Unternehmen anders „tickt“, sind auch die Leitlinien von Organisation zu Organisation unterschiedlich und darauf abzustimmen.
Der erste Schritt hin zu einer neuen E-Mail-Kultur ist die Analyse im Unternehmen, ob eine E-Mail-Flut vorliegt und was sie verursacht. Die E-Mail ist erfahrungsgemäß auch ein „Symptom“. Oft wird dann deutlich, dass Workflows nicht klar sind oder dass es widersprüchliche Richtlinien im Bereich Kommunikation gibt.