Fünf PR-Fehler, die Start-ups vermeiden können

Externe Kommunikation

Die Geschäftsidee ist brillant, das Team hochmotiviert, der Gründer ein talentierter Investorenüberzeuger und das Produkt so gut wie marktreif. Jetzt ist der Moment gekommen: Das Start-up braucht PR! Also nichts wie los und eine superlativgespickte Pressemeldung geschrieben und über einen Billigverteiler gejagt. Schließlich muss man „bootstrappen“. Wird schon was hängenbleiben bei „der Presse“. Oder?

So oder so ähnlich beginnen leider allzu viele junge Unternehmen aus der Tech-Szene mit ihrer externen Kommunikation. Und damit fangen die Missverständnisse erst an. Die folgenden fünf Fehler gehören zu den am weitesten verbreiteten der Start-up-PR. Wer sie kennt, kann sie vermeiden.

Erster Fehler: Selbstüberschätzung

Als Start-up-Gründer braucht man neben einer guten Idee ein robustes Ego. Anders sind Rückschläge kaum wegzustecken, und auch Kapitalgeber sehen ein gerüttelt Maß an Selbstbewusstsein gern. Für die Kommunikation wird es aber heikel, wenn Gründer Charakter mit Charisma verwechseln. Dann klingt der PR-Output schnell nach dem „tapferen Schneiderlein“. Das war bekanntlich alles – nur nicht das, was es zu sein vorgab.

Mein Tipp: Kluge Start-up-Gründer sonnen sich erst im Licht des Erfolgs, wenn der sich tatsächlich eingestellt hat. Vorher ist Demut vor Kunden und anderen Stakeholdern das Gebot der Stunde.

Zweiter Fehler: Geiz

Gerade in der Frühphase einer Unternehmensgründung ist das Geld knapp. Möglichst viel davon fließt in die Produktentwicklung. Von PR und Marketing erwartet man deshalb „Kreativität“. Das heißt nicht mehr als: „Seht zu, dass ihr irgendwie klarkommt. Aber nächsten Monat wäre ein Seite-1-Artikel in der FAZ schon wichtig …“

Trifft dieser nur leicht überspitzt gezeichnete Größenwahn dann noch auf Hemdsärmeligkeit, kommen dabei allerlei verunglückte Pitches und unbeholfene Aktionen heraus. Die Reaktionen darauf kann jeder bei Twitter unter dem Hashtag #PRFail nachlesen. Schließlich brauchen auch Journalisten ein Ventil für ihren Unmut.

Mein Tipp: Nehmt euch US-Start-ups als Vorbild! Dort weiß man um den Wert – und die Kosten – professioneller PR und plant die nötigen Stellen oder Agenturhonorare gleich zum Start ein. Das versteht jeder Investor.

Dritter Fehler: Unerfahrenheit

Leider ist aber auch ein hauseigener PRler kein Garant für Qualität. Denn wer sparen muss, stellt für gewöhnlich eher unerfahrene Kollegen ein. Denen mangelt es jedoch an Weitblick, die Kommunikation strategisch aufzustellen. Aber wenn sie schon da ist, dann kann der PR-Kollege ja gleich noch andere Aufgaben übernehmen, oder? Von Facebook Ads über Social- Media-Management bis zum Kundennewsletter gibt es schließlich viel zu tun. Die Folge: Verzettelung, eher mittelgute Kontaktpflege zur Presse und alsbald die Suche nach einer Agentur, die für Entlastung sorgen soll.

Mein Tipp: Es ist vielleicht etwas zu offensichtlich, aber: Erfahrung und Know-how kann man einkaufen. Ist das nicht drin, liegt das vermutlich an Fehler Nummer zwei.

Vierter Fehler: „Any PR is good PR“

„Hauptsache, man spricht über uns und schreibt den Namen richtig“ ist der wohl dümmste Satz, der einem Start-up-Gründer über die Lippen kommen kann. Doch das kommt leider regelmäßig vor. In dem Bestreben, der neuen, noch unbekannten Marke möglichst viel Sichtbarkeit zu verschaffen, greifen derart übermotivierte Start-upper zu radikalen, aber schlecht durchdachten Maßnahmen. So zuletzt geschehen bei einem Frankfurter Fintech-Unternehmen, das für 24 Stunden so tat, als sei das Team mit den Investorenmillionen über alle Berge. Die Folge: ein verheerendes Medienecho und eine Branchen-Peergroup, die sich öffentlich distanzierte.

Mein Tipp: Lasst es! Denn das Wertvollste, was ein Start-up mit Kommunikation erwerben kann, ist das Vertrauen der Stakeholder. Damit spielt man nicht. Wirklich nicht!

Fünfter Fehler: Ahnungslosigkeit über die Funktionsweise der Medien

Hat ein Start-up nun die ersten vier Fehler vermieden und Berichterstattung erzielt, ist es noch nicht in Sicherheit. Denn kaum berichtet ein Medium mal kritisch oder veröffentlicht durchgestochene Interna, ist die Aufregung groß und der Chef herrscht seine PR-Leute an mit der Ansage: „Seht zu, dass das geändert, richtiggestellt, aber noch lieber ganz gelöscht wird!“ Wer jetzt als Start-up-PRler tut, wie ihm oder ihr geheißen, rennt gleich mit Anlauf ins nächste Fettnäpfchen.

Mein Tipp: Ruhig und standhaft bleiben und dem echauffierten Gründer die Basics der freien Presse erklären. Sollte an den Vorwürfen etwas dran sein, hilft dem Gründer nur, sich an die eigene Nase zu fassen und sich dem Gegenwind zu stellen. Denn auch wenn wohl jeder Start-up-Unternehmer gern wie einst das „Tapfere Schneiderlein“ ein Einhorn fangen würde – mit List und Lügengeschichten allein hat noch kein Jungunternehmer Prinzessin und halbes Königreich gewonnen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe ALLES AUF ANFANG. Das Heft können Sie hier bestellen.

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