Elektronische Pressespiegel – ­lizenzpflichtig oder nicht?

Recht

Die Zeiten, in denen kopierte Presseberichte in den  Umlauf gebracht wurden, sind längst vorbei. Heute zirkulieren digitale Versionen über Mailverteiler oder Intranet-Seiten und bieten Verlinkungen auf Volltextquellen an. Allerdings ist nicht jede Form dieser elektronischen Pressespiegel lizenzfrei möglich. Aus juristischer Sicht müssen die Rechte der Autoren beziehungsweise der Verlage eines Pressespiegels gewahrt werden. Soweit ein Unternehmen oder eine Behörde keine Lizenzrechte an den Artikeln erworben hat, ist die Nutzung elektronischer Pressespiegel ohne die Zustimmung der Inhaber nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen zulässig.

Die Ausgangslage

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) räumt dem Urheber eines Werks grundsätzlich die ausschließliche Befugnis zur Verwertung ein. Die Verwertung Dritter ist deshalb rechtlich nur dann zulässig, wenn der Urheber ihr zustimmt. Insbesondere betrifft das das Recht der öffentlichen Wiedergabe. Werden urheberrechtlich geschützte Werke elektronisch versandt – sei es auch nur an Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Behörde – wird dadurch das Recht der öffentlichen Wiedergabe des Urhebers tangiert.

In bestimmten Fällen hat der Gesetzgeber jedoch zugunsten der Interessen der Allgemeinheit Ausnahmen vorgesehen, sogenannte Schranken. Eine solche Schranke formuliert der § 49 UrhG. Die Vorschrift bestimmt, dass einzelne Zeitungsartikel und veröffentlichte Abbildungen aller Art sowie Rundfunkkommentare, die politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen betreffen, in Zeitungen und anderen Informationsblättern abgedruckt, vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben werden dürfen. Die Zustimmung des Inhabers der urheberrechtlichen Nutzungsrechte ist in diesem Fall nicht nötig.

Dem Urheber steht für die Nutzung seiner Werke jedoch ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung zu, der von der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) geltend gemacht wird. Zudem kann er durch die Erklärung eines Rechtevorbehalts im Presserzeugnis die Verwertung von vorneherein unzulässig machen – wovon in der Praxis allerdings sehr selten Gebrauch gemacht wird.

Die Voraussetzungen

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) fallen Pressespiegel – und zwar nicht bloß solche in Papierform, sondern explizit auch elektronische Pressespiegel – unter die Privilegierung des § 49 UrhG. Das bedeutet, dass die Erstellung und Verbreitung von elektronischen Pressespiegeln zunächst einmal ohne die Zustimmung der Rechteinhaber zulässig ist. Der BGH macht das allerdings von zwei zusätzlichen – nicht im Gesetzestext verankerten – Voraussetzungen abhängig:

1. Darf der elektronische Pressespiegel nur betriebs- oder behördenintern genutzt und nicht an Dritte weitergeleitet werden, sogenannte „In-House-Pressespiegel“.
2. Darf er nur in einer Formatform zugänglich gemacht werden, die sich im Falle der Speicherung nicht zu einer Volltextrecherche eignet.

Hintergrund für diese Einschränkungen ist, dass das Unternehmen oder Dritte mit einem zur Volltextrecherche geeigneten elektronischen Pressespiegel in der Lage wären, relativ einfach ein digitales, jederzeit nach bestimmten Begriffen durchsuchbares, Archiv zu erstellen. Das aber sieht der BGH nicht mehr als von der Schranke des § 49 UrhG gedeckt an. Sobald sich eine Formatform im Falle einer Speicherung zu einer Volltextrecherche eignet, muss der Urheber zustimmen.

Die Umsetzung

An diesen Maßstäben sollte sich die Praxis orientieren. Von entscheidender Bedeutung für die zustimmungsfreie Nutzung elektronischer Pressespiegel ist neben der Beschränkung auf eine reine „In-House-Verwendung“ damit vor allem das Dateiformat, in dem die Pressespiegel gespeichert sind – sei es online, durch die Übermittlung via E-Mail oder Intranet, oder offline, mittels CD oder Memory-Stick. Dabei muss man beachten, dass das Format keine Volltexterfassung ermöglicht, mit der einzelne Presseartikel indizierbar und in eine durchsuchbare Datenbank gestellt werden können.

Formate, die dies nicht ermöglichen und damit zulässig sind, sind solche, die die Presseartikel lediglich als grafische Datei enthalten, in die die einzelnen Artikel als Faksimile (originalgetreue Kopie einer Vorlage) eingebunden sind. Hierunter fallen sämtliche Bildformate, insbesondere gif-, tif-, jpeg- oder bitmap-Dateien, zudem pdf-Dokumente nach Faksimile-Vorlage. In der Praxis hat sich der Umgang mit den vom BGH aufgestellten Kriterien allerdings als schwierig erwiesen. Das mag nicht zuletzt auch daran liegen, dass es im Prinzip nur eine Frage des technischen Aufwands ist, auch Faksimile-Dateien zu indizieren, mit Schlüsselwörtern in Datenbanken zu verschlagworten und mit Texterkennungssoftware zu durchsuchen. Der Übergang zur datenbankmäßigen Nutzbarkeit von Daten verschwimmt.

Für Unternehmen und Behörden geht es konkret um die Frage, ob der ihnen vorliegende elektronische Pressespiegel unter § 49 UrhG fällt und damit zustimmungsfrei benutzt werden darf, aber gegenüber der VG Wort anzeige- und vergütungspflichtig ist, oder ob § 49 UrhG nicht greift und somit eine Lizenz von den betroffenen Verlagen erworben werden muss. Um den Bedürfnissen der Abnehmer von elektronischen Pressespiegeln entgegen zu kommen, kooperieren Monitoring-Anbieter deshalb mit Zeitungsverlagen und der VG Wort.

Die angebotenen Pressespiegel können dann von ihnen entweder mit den entsprechenden Lizenzen der Urheber oder lizenzfrei erworben werden. Im Falle des lizenzfreien Erwerbs ziehen die Anbieter die Gebühren für die VG Wort direkt ein. Für den Abnehmer hat das den Vorteil, dass zustimmungsfreie und lizenzbedürftige elektronische Pressespiegel aus einer Hand erworben werden können.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass elektronische Pressespiegel ohne die Zustimmung der Urheber nur innerhalb des Unternehmens oder der Behörde und nur in Form von Bilddateien, die keine Volltexterfassung ermöglichen, versandt werden dürfen. Sollen elektronische Pressespiegel hingegen an Dritte verschickt oder in anderen Dateiformaten gespeichert werden, müssen die Rechte an den Artikeln erworben werden.

 

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