„Die Vision fehlte, wir brauchten einen Neuanfang“

Leuchtmittel-Hersteller Osram

Glühbirne? Nein danke. Im Ernst, wirklich nicht mehr. Klar, mehr als 100 Jahre sind eine lange Zeit. Aber seit 2017 ist Schluss. Seinerzeit kappte Osram seine Wurzeln und trennte sich vom traditionellen Glühlampen-Geschäft. Die LED-Technik hatte binnen kürzester Zeit das komplette Geschäft revolutioniert. Wie andere Branchen auch erfuhr der Lichtkonzern die sprichwörtliche Disruption.

In der Münchner Konzernzentrale, dem „Lighthouse“, witterten wir Kommunikationsexperten unsere Chance. Der Umbruch bot die Möglichkeit zu einem radikalen Neuanfang in der Positionierung des Hauses: Wenn Osram nicht mehr für die Glühbirne steht – für was dann?

„Die Jahre zuvor waren geprägt von Restrukturierung. Der technologische Wandel, das dramatische Motiv der Lichtindustrie, war stark und prägend. Es wurde überall akzeptiert“, sagt Jan-Peter Schwartz, Leiter der Unternehmenskommunikation. Mit dem Börsengang hatte Osram quasi ein Fitnessprogramm durchlaufen, wurde getrimmt auf Effizienz, Flexibilität, Rendite.

Aber die Vision fehlte. Wir brauchten einen Neuanfang. Strategisch hatte sich das Unternehmen auf halbleiterbasierte Lichttechnologie, auf Hightech also, fokussiert. Das Produktportfolio richtet sich seitdem neben Beleuchtung verstärkt auf neue Themenfelder aus: Sensorik, Behandlung, Visualisierung durch Licht. Es geht sowohl um sichtbares als auch zunehmend um unsichtbares Licht. Doch es fehlte die längerfristige Orientierung.

 

Osram

Markengründung: 1906

Mitarbeiter weltweit: rund 27.000

Hauptmärkte: LED, Automotive, Sensorik, digitale Lösungen

 

Auf der Suche nach einem Leitbild

Mit der Unternehmenskommunikation machten wir uns auf eine Reise, die letztlich eineinhalb Jahre dauerte. An deren Ende sollte ein Leitbild stehen, das mehreren Ansprüchen gerecht werden sollte: Die nötige Flexibilität während der anhaltenden Transformation durfte nicht eingeschränkt werden. Wir wollten zum einen Managern und zum anderen unseren Mitarbeitern ein Zukunftsbild vermitteln, das Orientierung gibt. Es sollte den weiterreichenden Sinn der strategischen Neuausrichtung vermitteln, den Verbund aus Unternehmenszielen und Mitarbeitermotivationen erneuern.

Nach außen, in der Medienarbeit, sollte es Beobachtern die Neuverortung des umgekrempelten Traditionsriesen erleichtern. In vielen (auch hellen) Köpfen war schließlich der alte Fassaden- Werbespruch „Osram – Hell wie der lichte Tag“ fest verankert.

Von Beginn an war uns klar, dass die Mission nicht im Elfenbeinturm ersonnen und dann der Belegschaft übergestülpt werden kann. Wir brachten daher viele Schlüsselfiguren aus allen möglichen Ecken des gut 27.000 Mitarbeiter zählenden Konzerns zusammen und gewannen sie dafür, ausdauernd am Leitbild zu arbeiten. In konzentrischen Kreisen näherten sich die Visionäre dem Kern der Kernbotschaft: Wie? Was? Warum? Als Vorlage dienten uns unter anderem die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.

Anfängliche Skepsis und ein Stresstest

Das Vorgehen stieß nicht bei allen auf Begeisterung. Manche nannten es esoterisch. Aber wir ließen nicht locker. Zunächst schälten sich die vier Kernkompetenzen des neuen Osram heraus: Vernetzung, Sicherheit, Mobilität, Gesundheit & Wohlbefinden. Für diese Kernthemen des 20. und 21. Jahrhunderts entwickeln die Mitarbeiter von Osram – Osramiten genannt – täglich Ideen und Produkte. Es blieben die Kernfragen, die wir immer wiederholten: Warum machen wir das alles jeden Tag? Was ist der Zweck dieses Unternehmens?

Die Frage beschäftigte große Konferenzen und kleine Runden. Die ersten Entwürfe verschickten wir in die Geschäftsbereiche. Ein Stresstest, denn traditionell sind die Verantwortlichen dort gegenüber Vorschlägen aus der gläsernen Zentrale in der Münchner Parkstadt Schwabing skeptisch. Doch schnell stellte sich heraus, die Mission trägt: „Osram verbessert mit den grenzenlosen Möglichkeiten des Lichts das Leben der Menschen.“

Und die Vision „Licht für eine bessere Welt“ gilt eigentlich schon seit der Markengründung 1906. Seinerzeit brachte Osram mit Straßenbeleuchtung, Projektoren, Therapielampen und Autoscheinwerfern Sicherheit und Fortschritt. Mehr als 110 Jahre später gilt das nach wie vor – nur die Technologien haben sich verändert. Mit Gesichtserkennung, digitalen Plattformen, Pflanzenlicht, Spektroskopie oder Sensorik für das autonome Fahren ebnen wir den Weg in die Zukunft.

Wie sich #TheNewOsram verbreitet

In der Medienarbeit setzt Osram auf praxisnahe Anwendungen. Das Team um Torsten Wolf und Jens Hack vermittelt Journalisten die Reize des neuen Osram an konkreten Beispielen. Angebote, die futuristisch anmuten, kommen gut an. Etwa Lebensmittelscanner, die den Zuckergehalt von Obst oder den Kakaoanteil von Schokolade messen können. Auch hochspezialisiertes Pflanzenlicht, das den Geschmack von Kräutern wie Basilikum verändert, wird als Thema gern aufgegriffen.

Ein wichtiger Weg, um die breitere Öffentlichkeit mit #TheNewOsram vertraut zu machen, sind die Sozialen Medien. Mit einer breiten, ausdifferenzierten Kampagne werden dort die vier zentralen Kompetenzfelder intern wie extern bespielt. Konkrete Beispiele mit Bildern und zahlreichen Videos illustrieren, was Osram zu Mobilität, Gesundheit & Wohlbefinden, Vernetzung und Sicherheit beizutragen hat.

Für die interne Kommunikation sind nun sogenannte Movas („Make Osram Vision Alive“) an allen Standorten unterwegs. Sie tragen die Mission und die einhergehenden Kulturwerte und Führungsprinzipien in den Konzern. Zunächst in die deutschen Werke, dann weltweit von Mexiko bis China. Diese Missionare sind auch die ersten Kolleginnen und Kollegen, die optisch #TheNewOsram demonstrieren. Sie tragen die „Mission-Wear“, eine sportliche Modekollektion in den Themenfarben der Kompetenzfelder.

Insbesondere das Schuhwerk kommt gut an: Die knallorangen Turnschuhe mit dem Osram-Schriftzug werden zum weithin sichtbaren Signal der Erneuerung. Zum tragbaren Symbol von #TheNewOsram.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe VERANTWORTUNG. Das Heft können Sie hier bestellen.

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