Lehren aus der Zoo-PR

Glosse

Falls Sie in den verbleibenden Ferientagen ihre Familie mit dem sagenumworbenen Ding namens Quality Time beglücken möchten, wäre doch ein Ausflug in den Zoo das richtige. Zumal man hier, was der sprechereigenen Proaktivität entgegenkommen dürfte, sogar noch etwas für den Kommunikationsberuf lernen kann. Nehmen wir die Madagaskar-Fauchschabe. Als seltene Kakerlakenart ist sie nicht nur weitgehend unbekannt, sondern zudem (selbst unter Tierliebhabern) wenig populär. Das bedauert die Sprecherin eines japanischen Tiergartens und lädt zu einer Kakerlaken-Sonderausstellung ein. Um das Image der Kadaverfresser aufzupolieren, klärt man über deren Nützlichkeit auf und veranstaltet, als kleines Gimmick, ein Rennen der Küchenflitzer.

Trotz der großen Schaben-Offensive wird der Eisbär im Beliebtheitsranking der globalen Fauna vermutlich höher rangieren. Um den ging es kürzlich im Berliner Zoo, dessen neuer Leiter Andreas Knieriem aus den Pannen der anderen offenbar gelernt hat. Mysteriöse Todesfälle wie der einer dänischen Giraffe, die vor den Augen paralysierter Besucher Löwen zum Fraß vorgeworfen wurde – damit will er nichts zu tun haben. Doch auch um die betagte Bärin Tosca, Mutter des früh verstorbenen Rekord-Testimonials Knut, war es zuletzt nicht gut bestellt. Statt sie einzuschläfern (oder klammheimlich den Kakerlaken zu überlassen), traf der Zoodirektor aus PR-Gesichtspunkten eine kluge Entscheidung. Er gründete eine Ethikkommission, bestehend aus externen Tierärzten, -pflegern und -schützern. Diese beschied, für den Zoo völlig unbelastend, Toscas friedliches Ende. Was die gemeine Schabe für gewöhnlich freut, macht den Zoobesucher traurig. Folgt man Knieriem, ist das aber besser, als ihn wütend zu machen. Ein Zoobesuch ist also PR-zertifiziert und daher weiterhin ethisch unbedenklich. Viel Vergnügen!

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