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Der Unternehmer Heinz Dürr hat es auf den Punkt gebracht: „Ein Unternehmen kann seiner inneren Struktur nach also als gesellschaftliche Veranstaltung angesehen werden.”* Mit diesen wenigen Worten macht Dürr deutlich, welche hoch komplexe soziale Rolle Unternehmen spielen. Sie haben nämlich als integraler Teil unseres Sozialgefüges nicht nur ökologische, Kapital- und Personalverantwortung nach innen, sondern ihr gesamtes Tun wirkt auch in die Gesellschaft nach außen. Dies findet auf die Gegenwart bezogen bereits seit einigen Jahren in Corporate Social Responsibility-Maßnahmen (CSR) Ausdruck und ist gerade dabei, sich auf die Vergangenheit bezogen als Corporate Historical Responsibility (CHR) mehr und mehr in Unternehmen zu etablieren. Firmen haben erkannt, dass ihre ethische Verantwortung auch rückwirkend in die Vergangenheit zurückreicht, weil nur so glaubwürdige Veränderungen für die Zukunft geschaffen werden können. Auf eindrückliche Weise hat kürzlich die BASF SE vorgelebt, wie der Brückenschlag zwischen historischer Verantwortung und gegenwartsbezogenem gesellschaftlichen Engagement aussehen kann: In Gedenken an die etwa 30.000 Zwangsarbeiter die in Ludwigshafen im IG Farben-Werk während des Krieges von 1940 bis 1945 ausgebeutet wurden, ließ der Konzern vor seinem Besucherzentrum eine „Stolperschwelle“ verlegen. Zeitgleich wurde die in die Gegenwart und Zukunft gerichtete Initiative „Gedenken, Nachdenken, Umdenken“ gestartet, die die Mitarbeitenden darin stärken will, klare Positionen gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und antidemokratisches Verhalten zu beziehen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Beispiel Schule machen wird und weitere Firmen nachziehen werden, zumal die gesamtgesellschaftliche Neubewertung der Geschichte bspw. der Kolonialzeit auch etliche Unternehmen betrifft.
Die Firmenhistorie hilft aber nicht nur im Bereich der Krisenkommunikation, wenn es um die Aufarbeitung düsterer Zeitabschnitte geht. Sie trägt vielmehr das Potenzial in sich, Glaubwürdigkeit und Authentizität zu vermitteln, die firmenspezifische Innovationskraft darzustellen und die Genese gelebter Unternehmenswerte zu belegen. Junge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen legen mittlerweile viel Wert auf die ethischen Grundsätze ihres potenziellen Arbeitgebers und dessen Umgang mit einer unrühmlichen Vergangenheit. Für ein erfolgreiches Employer Branding sind somit nicht mehr Dienstwagen und kostenloses Kantinenessen entscheidend, sondern ökologische und ethische Grundsätze und deren Umsetzung.
Geschichtskommunikation, unter dem Begriff Corporate History Communication (kurz CHC) eingebunden in die Unternehmenskommunikation, leistet somit einen essentiellen Beitrag zur Stärkung der Marke: Nach innen wirkt CHC identitätsstiftend und nach außen imagestärkend.
Als Dienstleister im Bereich History & Communication nehmen wir unter den mittelständischen Unternehmen einen spürbaren Interessenszuwachs wahr, die eigene Geschichte kennen und für die Unternehmenskommunikation und das Marketing nutzen zu wollen. Die Aufarbeitung der Vergangenheit, die über Jahrzehnte eher als notwendiges Übel empfunden wurde, ist dabei, fester Bestandteil moderner Company Culture zu werden. Corporate History Communication wird heutzutage eben nicht mehr als verzichtbares Nice-to-have betrachtet, sondern als Must-have, das ein attraktives Unternehmen ausmacht.
* Heinz Dürr, Alter Mann, was nun? Zwischenrufe aus der letzten Reihe, Verlag Langen Müller, München, 2020