Herr Pitzinger, wir dachten, die interne Kommunikation müsse digitaler werden. Sie haben nun eine Zeitung für die Mitarbeitenden drucken lassen. Warum?
Weil wir sicher sind, dass das der richtige Weg ist, um vor allem unsere Mitarbeitenden im Werk zu erreichen. Bislang geschah das fast nur über die Führungskräfte in der Meisterrunde. Es gibt zwar Infopoints, an denen sich jeder einwählen und ins Intranet schauen kann. Aber das funktionierte nicht gut. Es geht nicht, dass wir Produktionsmitarbeitende in der strategischen Kommunikation außen vor lassen.
Wäre eine Mitarbeitenden-App nicht eine Lösung gewesen?
Ich persönlich hätte gern eine Kommunikationsapp! Eine Mitarbeitenden-Zeitung klingt erst einmal wenig „fancy“. Doch manchmal sind attraktiv erscheinende Maßnahmen nicht die richtigen. Bevor ich im März ins Unternehmen kam, wurde der Einsatz einer Kommunikationsapp getestet. Aus den Rückmeldungen der Angestellten haben wir den Schluss gezogen: Ihr wollt doch eigentlich eine Zeitung.
Erläutern Sie das, bitte.
Viele Mitarbeitende sind um die 50 Jahre alt. Vor allem in den produzierenden Bereichen finden wir ein eher klassisches Mediennutzungsverhalten vor. Hinzu kommt, dass das Thema Print bei einem Druckmaschinenhersteller eine herausgehobene Stellung hat. Da steckt Herzblut drin, Werkstolz. Der explizite Wunsch nach einer Zeitung begegnete mir überall im Unternehmen, nicht nur im Werk.
Ein Vorteil, wenn man Druckmaschinen produziert: Man kann inhouse zum Selbstkostenpreis drucken. © Heidelberg
Vor zehn Jahren wurde die letzte gedruckte interne Zeitung eingestellt. Bauen Sie auf dem historischen Vorbild auf?
Bewusst nein. Allein aus Budget- und Komplexitätsgründen konnte das nicht die Referenz sein. Früher gab es in der Zeitung Meldungen über Jubilare, Stellenwechsel und Todesanzeigen. Das geht heute schon aus DSGVO-Gründen nicht mehr so einfach. Wir sind zu einem Magazinformat übergegangen.
Welche Themen und Formate bedienen Sie?
Für uns ist die Zeitung ein Vertiefungsmedium. Sie erfüllt den gleichen Zweck wie eine digitale Townhall. Einmal im Quartal können wir unsere Werker zu wichtigen Themen auf den aktuellen Kenntnisstand bringen. Darüber hinaus bedienen wir Bottom-up-Themen, stellen etwa Kolleg*innen aus anderen Abteilungen und deren Tätigkeiten vor.
Sie haben es angedeutet: Print ist aufwendiger und erfordert mehr Personal. Wie stemmen Sie das?
Wir haben die Kommunikation strategisch so aufgestellt, dass sich die Zeitung gut einfügt. Redaktionell gesehen mussten wir einen Kniff finden, wie wir es schaffen, den Werker zum Beispiel für das Thema Unternehmensstrategie zu interessieren.
Wofür Sie generative KI einsetzen.
Genau. Deshalb klappt es auch mit den Ressourcen. Nehmen wir einen Text über die Unternehmensstrategie von einer Aktionärsversammlung. Der ist sehr akademisch und börsenbezogen: Heidelberger Druck will Druckmaschinen produzieren, stellt aber auch Wallboxen für Elektroautos her. Wie passt das zusammen? Wo wollen wir in Zukunft hin? Strategische Top-down-Themen müssen angepasst und in einfacher Sprache vermittelt werden, weil sie weit weg von der täglichen Arbeit im Werk sind. Dafür nutzen wir Tools wie ChatGPT und Deepl Write. Wir haben zudem einen Prompt entwickelt, der uns die wesentlichen fünf Take-aways aus den Texten herauszieht. Das ist zu einer festen Kategorie unterhalb der Texte in unserer Zeitung geworden.
Ist es denn überhaupt nachhaltig, eine Zeitung zu drucken?
Einer Greenpeace-Studie zufolge ist es umweltfreundlicher, 30 Minuten lang eine gedruckte Zeitung zu lesen als via Handy. Oder eine gedruckte Zeitung wird von mindestens drei Leuten gelesen. Wir haben zwar nur eine Auflage von 4.000 Exemplaren, aber wir gehen davon aus, dass es eine Rotation geben wird. Außerdem sparen wir intern Ressourcen: Wenn Kunden zu uns kommen, um zu lernen, wie sie ihre neue Maschine bedienen, drucken sie statt irgendwelcher Testdrucke nun unsere Mitarbeitenden-Zeitung.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Intern. Das Heft können Sie hier bestellen.