„Dieser Text wurde mit Hilfe einer KI erstellt.“ Hinweise wie diese begegnen uns immer häufiger – in Pressemitteilungen, Social-Media-Posts, Newslettern oder sogar bei Nachrichtenmeldungen wie der Kölner Stadt-Anzeiger mit der KI „Klara Indernach“. Was nach Transparenz klingen soll, wirft Fragen auf: Wer trägt in diesem Text die Verantwortung für den Inhalt? Wer haftet bei Fehlern? Klar ist, dass sich mit einem Transparenzhinweis die Verantwortung für die veröffentlichten Informationen nicht auf die KI oder gar an die Leserinnen und Leser abwälzen lässt.
KI-generierte Texte entstehen auf Basis umfangreicher Datensätze – deren Herkunft bleibt meist unklar. Entsprechend schwer ist es, einzuschätzen, ob die Inhalte Verzerrungen enthalten, rechtlich einwandfrei sind oder Fehlinformationen transportieren. Diese Intransparenz ist ein zentrales Problem: Kommunikationsteams können weder die verwendeten Datenquellen noch mögliche systemische Vorurteile nachvollziehen oder verlässlich prüfen.
Auch der EU AI Act, das EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz, hilft hier nicht weiter. Er legt zwar klare Regeln für KI-Systeme fest und fordert Transparenz bei KI-generierten Inhalten. Die praktische Umsetzung dieser Anforderungen stellt Kommunikationsabteilungen jedoch vor große Herausforderungen. Deshalb sollten Unternehmen ein eigenes KI-Leitbild entwickeln. In diesem werden Verantwortlichkeiten und klare Prüfmechanismen für die Korrektheit, Aktualität und rechtliche Unbedenklichkeit von KI-generierten Inhalten festgelegt.
KI-Leitbild als strategisches Werkzeug
Ein durchdachtes Leitbild geht weit über ein Regelwerk zur Risikominimierung hinaus, es bestimmt den strategischen Rahmen für den KI-Einsatz. Mit dem Leitbild wird definiert, für welche Kommunikationsaufgaben KI geeignet ist. Das kann beispielsweise die Erstellung von Pressemitteilungsentwürfen oder die Analyse von Medienresonanz umfassen. Gleichzeitig legt es verbindliche Qualitätskriterien und Prüfprozesse fest, um sicherzustellen, dass KI-generierte Inhalte den Standards der Unternehmenskommunikation entsprechen.
Das Leitbild gibt vor, in welchen Bereichen KI unterstützend wirkt und wo menschliche Expertise unerlässlich bleibt. Zudem etabliert es Mechanismen zur fortlaufenden Evaluation und Anpassung, damit Verantwortliche auf technologische Entwicklungen und neue Anforderungen flexibel reagieren können.
In der praktischen Umsetzung gestaltet sich dieser Prozess wie folgt: Um die Qualität und Wirkung der KI-Nutzung kontinuierlich zu überprüfen, sind regelmäßige Audits erforderlich. Diese sollten neben der technischen Leistungsfähigkeit der eingesetzten KI-Systeme auch deren Einfluss auf die Kommunikationsarbeit und das Erreichen der Kommunikationsziele prüfen.
Parallel dazu müssen Unternehmen durch kontinuierliche Schulungen ihre Teams auf dem aktuellen Stand der KI-Technologie halten. Nur so gelingt es, das volle Potenzial der KI auszuschöpfen und gleichzeitig verantwortungsvoll damit umzugehen. Strategische Entscheidungen, etwa über die grundsätzliche Ausrichtung der Kommunikation oder die Reaktion auf Krisensituationen, sind ausschließlich Menschen überlassen. KI kann hier zwar Daten und Analysen liefern, die finale Entscheidung müssen jedoch Kommunikationsverantwortliche fällen.
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- Wer erstellt diese Leitlinie? Welche Personen/Funktionen sind bei der Erstellung involviert?
Ein wirkungsvolles KI-Leitbild entsteht, wenn die dafür wichtigsten Unternehmensbereiche kooperieren. In großen Unternehmen sollten im Rahmen eines interdisziplinären Gremiums idealerweise Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunikation, IT, Recht, Datenschutz und Unternehmensleitung gemeinsam die Erarbeitung übernehmen. In kleineren Firmen und Organisationen ist in der Regel eine kleinere Runde aus Geschäftsführungsmitgliedern und Kommunikationsverantwortlichen ausreichend, um grundlegende Prinzipien festzulegen – gegebenenfalls mit externer Beratung.
- Wo liegt die Verantwortlichkeit für die Leitlinie? Gibt es eine konkrete verantwortliche Person? Wer kümmert sich um die Weiterentwicklung und Anpassung?
Grundsätzlich ist die Kommunikationsabteilung für die laufende Pflege und Weiterentwicklung der Leitbild-Inhalte zuständig. Die Verantwortung für die Umsetzung trägt im Endeffekt die Abteilungsleitung. Je nach Unternehmensgröße kann das auch eine Einzelperson sein. In größeren Unternehmen lohnt es sich, darüber hinaus zuständige Personen in den Fachabteilungen zu benennen, die als interne Multiplikatoren agieren. In regelmäßigen Abständen kommen diese zusammen, um den aktuellen Status und nötige Weiterentwicklungen zu diskutieren. In diesen Prozess sollte auch der Datenschutzbeauftragte involviert sein.
- Wie beziehungsweise wo wird die Leitlinie implementiert? Gilt die für Kommunikationsabteilungen oder für das gesamte Unternehmen?
Unternehmen sollten ihr KI-Leitbild über die Kommunikation hinaus fest in die Unternehmensprozesse verankern – besonders dann, wenn sie generative KI auch in HR, Vertrieb oder Produktentwicklung einsetzen. Häufig ist es die Kommunikations- oder Marketingabteilung, die zuerst KI-Tools nutzt, sodass hier der höchste Handlungsbedarf herrscht. Entscheidend ist, dass das Leitbild klar regelt, für welche Abteilungen und Rollen es verbindlich gilt, wo Handlungsspielräume bestehen und welche Eskalationswege bei Unsicherheiten greifen.
- Gibt es formale Anforderungen an eine Leitlinie? Was wäre empfehlenswert?
Es existieren derzeit keine gesetzlich vorgeschriebenen Formatvorgaben für KI-Leitlinien. Damit sie im Unternehmensalltag trotzdem Wirkung entfalten, empfiehlt es sich, bei der Erstellung auf Struktur, Klarheit und Anschlussfähigkeit zu achten.
Folgende Punkte haben sich in der Praxis bewährt – unabhängig von der Unternehmensgröße:
- Schriftlich mit Version und Datum dokumentieren: Das schafft Transparenz über Gültigkeit und Entwicklungsstand.
- Klar definierte Zuständigkeiten und Geltungsbereiche: Wer ist verantwortlich für Inhalt, Aktualisierung und Umsetzung – und für wen gilt die Leitlinie konkret?
- Regelmäßige Aktualisierung – mindestens einmal jährlich: Das Leitbild sollte ein lebendiges Dokument sein, ähnlich wie Social-Media-Guidelines oder Krisenhandbücher.
- Verankerung in interne Prozesse: Unternehmen sollten die Leitlinie in bestehende Formate wie Onboardings, interne Schulungen oder Compliance-Trainings integrieren. Das stellt sicher, dass alle betreffenden Personen die Leitlinie kennen, verstehen und im Alltag anwenden.
In größeren Unternehmen lohnt es sich zusätzlich, eine feste Ansprechperson oder ein verantwortliches Team zu benennen, das sich kontinuierlich um die Weiterentwicklung kümmert, Rückfragen beantwortet und Anpassungen an neue regulatorische oder technologische Rahmenbedingungen vornimmt.