Wer hat den besten Ruf im ganzen Land?

Reputation

Die Deutschen lieben ihre Autos. Das zeigt sich auch in der aktuellen „Manager-Magazin“-Studie „Imageprofile 2014“. Den Führungskräften zufolge hat Porsche die beste Reputation, gefolgt von BMW und Audi. Porsche belegte in den vergangenen 14 Jahren sechsmal den ersten Platz, und BMW war seit 1987 insgesamt viermal und Daimler fünfmal Sieger des Rankings. Der Blick zurück zeigt jedoch, dass nur wenige Unternehmen über Jahre hinweg ihren guten Ruf im Ranking aufrechterhalten konnten. Denn fest steht: Ist der Ruf erst ruiniert, gibt es kein Zurück mehr. „Massiver Reputationsverlust kann zumindest mittelfristig nicht ausgeglichen werden“, leitet der Studienverantwortliche Professor ­Joachim Schwalbach aus den gesamten Rankings seit 1986 ab.

Was ist ein Imageprofil?

Korrekt müsste es eigentlich „Reputationsstudie“ heißen, da der Ruf aus Sicht von Außenstehenden beurteilt wird. „Image ist der bekanntere Begriff und ‚Reputation‘ klingt sehr sperrig“, erklärt Schwalbach die Verwendung des Begriffs. Seit 2012 erforscht der Professor der Berliner Humboldt-­Universität die ­„Imageprofile“ und weiß: Das Erfolgsrezept für hohes Ansehen ist Kontinuität. Dann werden auch Schwächephasen verziehen.

BMW hat von 1986 bis 2014 durchgehend Spitzenplätze belegt. Das liege vor allem daran, dass es ein skandalfreies und finanziell ­erfolgreiches Unternehmen sei. „Finanzielle Solidität“ ist eines der sieben „imagebildenden Kriterien“, wonach aktuell 181 Unternehmen von mehr als 3.000 Führungskräften beurteilt wurden. In amerikanischen Rankings ist der finanzielle Erfolg das wichtigste Kriterium, das den Ruf eines Unternehmens bestimmt. In Deutschland jedoch setzen die Unternehmen auf Kundenorientierung und Produktqualität durch Innovationen. „Deutsche Unternehmen sind keine reinen Rendite-Maximierer, sie versuchen das Unternehmen insgesamt nach vorne zu bringen“, sagt Schwalbach. Somit wäre auch das Problem, dass finanziell erfolgreiche Unternehmen im Ranking per se besser abschneiden – der sogenannte finanzielle „Halo“-Effekt – vom Tisch.

Wer hat den besten und schlechtesten Ruf unter Deutschlands Managern von 1987 bis 2014? SRConsult hat nachgerechnet und sich die 29 Unternehmen angeschaut, die durchgängig seit 1987 in den „Imageprofilen“ gelistet wurden. Die Unternehmen wurden nach durchschnittlicher Imagebewertung sortiert.

Die Messmethode

Besonders relevant waren die befragten Führungskräfte für den Gewinner, denn die Manager kommen für Porsche-Produkte am ehesten in Frage. „Sie geben eine realistische Abbildung davon ab, was sich im Markt abspielt“, findet Porsche-Pressesprecher Hans-Gerd Bode. „Sie bilden keine Wünsche und Träume ab, sie können gut beurteilen, was notwendig ist, um das Image zu bewerten.“

Kritik an der Messmethode gibt es trotzdem: „Führungskräfte sind keine relevante Stakeholdergruppe. Viel wichtiger ist die breite Öffentlichkeit, weil sie Druck auf die Politik ausübt und dadurch bestimmt, wie groß das ‚Spielfeld‘ der Unternehmen ist“,  merkt Manfred Schwaiger an. Der Reputationsforscher ist Professor am Institut für Marktorientierte Unternehmensführung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Schwaiger fragt sich außerdem, wie sichergestellt wurde, dass sie unter den Kriterien jeweils dasselbe verstehen. „Die emotionale Komponente wird bei der Studie ignoriert“, kritisiert er.

Der Studienverantwortliche Schwalbach kontert, die emotionale Komponente spiele ­bei den sachkundigen Führungskräften kaum eine Rolle. Sie könnten am ehesten die reputationsbildenden Kriterien beurteilen. „Die breite Öffentlichkeit hingegen kann die Fähigkeiten der Unternehmen kaum einschätzen“, sagt Schwalbach. „Da dominiert dann natürlich die emotionale Komponente.“

Schwarze Schafe

Diskussionen über Messmethodik sind in der Reputationsforschung keine Seltenheit. Es gibt auch schwarze Schafe unter den Rankingverantwortlichen, die durch  intransparente Vorgehensweisen und eigennützige Motive mit Vorsicht zu genießen sind. Einige Rankings werden erstellt, um gleichzeitig zu versuchen, den gelisteten Firmen Beratungsmandate zu entlocken; oder die Messung ist schlicht falsch. „Für einen Pharmakonzern haben wir ein Ranking untersucht, dessen finale Ergebnisse zweifelhaft waren“, erzählt Ranking-Experte Steffen Rufenach, Director bei SRConsult. „Für die operative Durchführung wurden Studenten befragt, die nicht zwischen der amerikanischen Merck & Co und der deutschen Merck KgaA unterschieden. Hier haben wir sogar an rechtliche Schritte gedacht.“

Rufenach analysiert für Unternehmen das weltweite Ranking-Universum – und schaut, was man daraus lernen kann. Denn die meisten Konzerne wissen gar nicht, wo sie ­gelistet sind. Es können jedoch weltweit bis zu 200 Rankings sein, in denen sie vertreten sind. Generell gilt allerdings: „Wenn man Rankings zur Reputationsmessung einsetzen will, muss man mit großen Lücken leben. Wichtige Stakeholder wie NGOs oder politische Entscheider werden kaum befragt, auch in relevanten Reputationsbereichen, wie beispielsweise ‚Innovation‘ gibt es nur wenige Studien“, erklärt Rufenach. Was die Sichtbarkeit betrifft, ist „Imageprofile“ weit vorn: es sei erstens in den Medien sehr präsent und zweitens werde es von den Führungskräften beachtet, sagt Rufenach.

Die sieben imagebildenden Kriterien der „Manager-Magazin“-Studie „Imageprofile 2014“:

  • Finanzielle Solidität
  • Innovationskraft
  • Managementqualität
  • Kundenorientierung
  • Nachhaltiges Wirtschaften
  • Mitarbeiterorientierung
  • Produkt- und Servicequalität

Der Verlierer der Studie

Was der Billigflieger Ryanair wohl daraus gelernt hat, dass er auf dem letzten Platz der diesjährigen „Imageprofile“ gelandet ist? Anscheinend nichts. Keine Presseseite, eine dazwischengeschaltete PR-Agentur und der ausdrückliche Wunsch, nur ein schriftliches Interview zu führen – all das ist eine ganz eigenwillige Art der Kommunikation. Aus dem schriftlichen „Interview“ wurde dann ein Fünfzeiler, der verspricht: „In  2014 werden wir unseren Kunden entscheidende Verbesserungen bieten, da wir aktiv zuhören und nun wissen, wo Verbesserungspotenzial besteht. Gleichzeitig wissen unsere Kunden, dass Ryanair sich kontinuierlich um Verbesserungen bemüht.“ Mehr hat Henrike Schmidt, Sales und Marketing Managerin für Deutschland, dazu nicht zu sagen. Amazon, Absteiger des Jahres 2014 (-133 Punkte und von Platz 15 auf 99 abgerutscht) hat gar nicht erst auf die pressesprecher-Interview­anfrage reagiert.

Puma-Unternehmenssprecher Ulf Santjer geht anders mit dem heiklen Prädikat „Absteiger“ (-76 Punkte und vom 22. auf den 70. Platz gelandet) um. „Die Studie belegt die Realität und deckt sich mit dem, was in unserem Pflichtenheft steht“, gibt Santjer zu.  „Sie zeigt, es gab und gibt Probleme mit der Markenbegehrtheit, dem Absatz und den Vertriebswegen.“ Santjer selbst ist schon seit 1997 im Unternehmen und hat einiges mitgemacht. „Ich laufe Marathon bei Puma, aber das ist kein Problem“, sagt der Kommunikator, „als Büsumer Krabbe komme ich auch mit stürmischer See gut klar.“ Doch Geduld ist gefragt. Das, was dem Handel jetzt zur Order vorgestellt wird, sieht der Verbraucher erst im kommenden Jahr. Die Kommunikatoren müssen sich an diese Zyklen anpassen. „Imageprofile 2016“ wird sicherlich spannend für das Unternehmen.

Der gute Ruf, der allem trotzt

Porsche-Kommunikator Bode kann sich schon jetzt über gute Werte freuen. Zumal der Automobilhersteller nach einer Einser-Serie seit 2000 in „Imageprofile 2012“ auf Platz vier abstieg. Bode erklärt, es war ein mühsamer Weg zurück an die Spitze: „Gutes Reputationsmanagement ist nur möglich, wenn das Unternehmen eine ehrliche Basis hat“, sagt Bode. „Wir sind nicht mit großen Show-Effekten unterwegs, sondern fokussieren uns auf unsere Produkte.“ Überraschenderweise haben die gescheiterte VW-Übernahme und der Verdacht auf Kursmanipulation des Ex-Porsche-Vorstands Wendelin Wiedeking dem guten Ruf kaum geschadet.  Die Studie an sich nutzt die Kommunikations­abteilung als Zusatzinstrument – der Rest ist den internen Statistikern belassen, die ein viel breiteres Panel abfragen können, wie beispielsweise die 60.000 Kunden.

Deutschlands Ranking-Universum

Im Vergleich zu Amerika – dem Mutterland der Ranglisten – gibt es in Deutschland wenig nennenswerte Rankings, bilanziert Experte Rufenach. Vertrauenswürdige Studien gebe es zur Arbeitgeberattraktivität (Great Place to Work Germany) oder Nachhaltigkeit wie dem Dow Jones Sustainability Index (DJSI), an dem sich auch deutsche Unternehmen beteiligen.

Relevant für systematisches Management seien vor allem faktenbasierte Studien – also Rankings, bei denen sich die Unternehmen zeitaufwendig bewerben. Was Reputationsmessung betrifft, seien die „Imageprofile“ jedoch schon das Maß der Dinge, sagt Rufenach.  Auch wenn die Ergebnisse bereits durch simple Faktoren beeinflusst werden können, wie Brancheneinordnung, Zeitpunkt und Umfeld während der Befragung. „Während der Imageprofile-Befragung im Herbst findet die Automobilausstellung in Frankfurt statt. Die Medien sind daher voll mit Beiträgen über ­innovative Automobile“, gibt Rufenach zu Bedenken. Niemand weiß, weshalb die ­Befragten ­letzlich ankreuzen, was sie ankreuzen.

Auch für Sky wurde diesmal äußerst positiv angekreuzt. 2009 noch als  „Krisen-Bezahlsender“ ­verschrien, ist das Unternehmen nun Aufsteiger des Jahres  (+116 Punkte, von Platz 168 auf 151). „Von da an konnte es ja nur nach oben gehen“, sagt Pressesprecher Jörg Allgäuer. Sky hat sich in drei Bereichen in den Turnaround gehievt: Programmqualität, Innovationen und Kundenservice. „Das Ranking bestätigt, was wir schon wussten“, sagt ­Allgäuer. „Ich habe die Studie zur Kenntnis genommen, aber nicht weiter darüber ­nachgedacht.“

Reputationsmanagement betreibt der Kommunikator mit den üblichen Messmethoden, vor allem aber aus dem Gefühl heraus. „Ich verlasse mich bei Entscheidungen immer auf meine Sinne: auf Kopf, Herz und Bauch.“ Und das ist, Rankings hin oder her, sicherlich zentral für den guten Ruf. „Imageprofile“ ist interessant, um Trends abzulesen und zeigt, wie andere Unternehmen dastehen. Ein offener Kommunikator ist aber für den guten Ruf mindestens genauso wichtig wie Gewinn oder Innovationskraft.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Der gute Ruf. Das Heft können Sie hier bestellen.

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