PR-Profis sind auch Journalist:innen – oder?

Pro und Contra

Auch PRler:innen können Journalisten sein

Die PR sei eine Spielart des Journalismus, meint der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) Frank Überall. Die heutige Realität gibt ihm Recht.
 
von Toni Spangenberg
 
PR-Arbeiter:innen: Sie sind klassische Kontrahent:innen der Journalist:innen. Während sich die einen der Gesellschaft verpflichtet fühlen und daher für größtmögliche Transparenz einsetzen, haben die anderen vorrangig die Interessen der eigenen Firma im Kopf und hüten Informationen wie den Heiligen Gral. Der DJV bricht diesen Antagonismus auf.

Für den Berufsverband sind nicht nur Print-, TV- oder Radioredakteure:innen, Journalist:innen, sondern auch die oft in die Schmuddelecke gestellten PR-Fachleute. So haben auch sie im „Berufsbild Journalist“ ihren Platz – zurecht.

Eine strikte Trennung in Gut und Böse, Journalist:in und Kommunikator:in entspricht nicht mehr der Realität. Häufig wechseln Journalist:innen im Laufe ihrer Karriere auf die „dunkle Seite“. Die in vielen Redaktionen prekären Arbeitsbedingungen – wie unbezahlte Überstunden und miese Gehälter aufgrund zunehmender Tarifflucht – befeuern diese Entwicklung.

In der Konsequenz finden sich heutzutage viele Kolleg:innen in Pressestellen wieder. Dort greifen Sie auf dasselbe journalistische Handwerk zurück wie zuvor. Sie schreiben Pressemitteilungen, die von einem journalistischen Beitrag in einer Tageszeitung kaum zu unterscheiden sind.

Tatsächlich greifen Redakteur:innen aufgrund des Personalmangels häufig dankbar darauf zurück. Dass es eine Pressemitteilung ohne Änderung in die Zeitung schafft und der:die PRler:in Erwähnung findet, ist nicht die Ausnahme, sondern oft die Regel. Eine gängige Praxis, die nicht selten kritisiert wird – selbst von Vertreter:innen der PR. 

Aller Kritik zum Trotz ist es auch Aufgabe der PR, die Öffentlichkeit zu informieren und über Zusammenhänge aufzuklären. Nur weil hinter dieser Arbeit ein wirtschaftliches Interesse steht, sind die verbreiteten Informationen nicht falsch. Übrigens: Auch bei Tageszeitungen ist es nicht unüblich, bei der Berichterstattung auf die Befindlichkeiten von Anzeigenkunden Rücksicht zu nehmen. Nicht immer lassen Journalist:innen hier den nötigen Abstand und die gebotene Objektivität erkennen.

Angesichts dieser Situation ist eine Trennung von Journalismus und PR realitätsfern und die Aufnahme von „Medienarbeiter:innen“ in das „Berufsbild Journalist“ daher nur folgerichtig.


PR und Journalismus nicht in einen Topf werfen

In seinem aktuellen „Berufsbild“ verwischt der DJV einmal mehr die Grenzen zwischen PR und Journalismus – eine bedenkliche Sichtweise. 

von Katrina Geske

Kürzlich hat der Deutsche Journalisten-Verband neu definiert, was den Beruf eines:einer Journalisten:in ausmacht: Das aktuelle „Berufsbild Journalist“ wurde auf dem DJV-Verbandstag im November 2019 beschlossen. Einige Änderungen wurden vorgenommen – so weit, so sinnvoll. Was jedoch wieder einmal fehlt, ist eine klare Abgrenzung zwischen Journalismus und PR.  

Seit jeher finden sich auch PR-Profis in den Reihen des DJV. Das ist kein Versehen, sondern Absicht: Die PR sei „eine Spielart des Journalismus“, sagte DJV-Vorsitzender Frank Überall im vergangenen April dem NDR-Magazin „Zapp“. Aber ist diese Kategorisierung wirklich sinnvoll – kann man Journalist:innen und PR-Profis wirklich über einen Kamm scheren? 

Wohl kaum, denn Sinn und Zweck der Arbeit könnten bei beiden Berufsgruppen kaum unterschiedlicher sein. Journalist:innen sind – jedenfalls im Idealfall – der Wahrheitsfindung verpflichtet. Sie berichten objektiv über Tatsachen, wollen Ihre Leser:innen vor allem informieren, nicht belehren. Wie gesagt – im Idealfall.  

Dagegen ist die PR stets bemüht, ihr jeweiliges Unternehmen, ihre Organisation oder ihre:n Kunden:in so positiv wie möglich darzustellen. Negative Berichterstattung möglichst zu vermeiden – durch das Verbreiten einiger und das Zurückhalten anderer Informationen – ist ihr Daseinszweck. 

Wahr ist, dass sich Journalismus und PR in den letzten Jahren immer mehr angenähert haben. PR-Profis verwenden journalistische Instrumente, recherchieren, verfassen Texte, führen vielleicht sogar Interviews. Von der sprichwörtlichen Objektivität des Journalismus ist vielerorts ebenfalls nicht mehr viel übrig. Zwar werden Medien seit jeher nach Ihrer politischen Ausrichtung kategorisiert – dass beispielsweise die FAZ eher im konservativen, die TAZ eher im linken Spektrum zu verorten ist, ist kein Geheimnis.  Mit den gesellschaftlichen und politischen haben sich jedoch auch die journalistischen Fronten verhärtet.  

Sei es wegen dieser zunehmenden Polarisierung oder allgemein aufgrund eines (wahrgenommenen) Qualitätsverlustes: Das Vertrauen in den Journalismus sinkt. „Fake News“ sind in den sozialen Netzwerken – für viele, gerade junge Menschen heute die Hauptnachrichtenquelle – allgegenwärtig. Die Relotius-Affäre und der Umgang damit haben den „Spiegel“ einiges an Ansehen gekostet. US-Präsident Trump hat mehr als einmal Reporter:innen aus Pressekonferenzen geworfen, von denen er eine missliebige Berichterstattung erwartete. Und kürzlich erst wurde der CDU-Politiker Friedrich Merz in Bezug auf klassische Medien mit dem Satz „Wir brauchen die nicht mehr“ zitiert. 

Eine klare Grenze zwischen Journalismus und PR zu ziehen, ist daher wichtiger denn je. Das gebietet nicht nur die Außenwahrnehmung, die unter einer Verwässerung des Berufsbildes unvermeidlich leiden würde. Auch Journalist:innen selbst sollten sich darüber bewusst sein, dass Ihre Aufgabe die Wiedergabe und Einordnungnicht das „Zurechtrücken“ oder die Verzerrung von Informationen ist. Der Journalismus sollte seine Ideale also nicht über Bord werfen, sondern umso stärker nach ihnen streben. Bestimmte Personen oder Unternehmen ins rechte Licht rücken – dafür sind andere da.  

 

 

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