Menschen in Deutschland vertrauen Institutionen immer weniger

Studie

Das Vertrauen der Menschen in Deutschland in Regierung, Wirtschaft, Medien und Nichtregierungsorganisationen ist weiter gesunken. Diesen wird mehrheitlich nicht mehr vertraut. Das geht aus dem aktuellen Report „Trust Barometer“ der internationalen Netzwerkagentur Edelman hervor, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Dafür wurden im vergangenen Oktober und November mehr als 33.000 Menschen in 28 Ländern weltweit befragt, davon 1.150 in Deutschland.

Demnach vertrauen nur noch 45 Prozent der Befragten Unternehmen (minus 5 Prozentpunkte), 44 Prozent den Medien und 40 Prozent NGOs (beide minus 2 Prozentpunkte). Nur noch jede*r Dritte vertraut der Regierung (35 Prozent, minus 7 Prozentpunkte). Zum Zeitpunkt der Umfrage kam es zum Bruch der Ampelkoalition.

Gewalt als legitimes Mittel

Der Bericht dokumentiert eine weitverbreitete Unzufriedenheit: 69 Prozent der Menschen in Deutschland (61 Prozent weltweit) fühlen sich demnach benachteiligt. Viele treiben wirtschaftliche Sorgen um: 54 Prozent sehen ihren Arbeitsplatz etwa durch internationale Handelskonflikte gefährdet. Nur 14 Prozent der Befragten (36 Prozent weltweit) glauben, dass die nachfolgende Generation eine bessere Zukunft haben wird. Jede*r Zweite fühlt sich diskriminiert oder befürchtet Diskriminierung – so viele wie nie zuvor (plus 11 Prozentpunkte).

Psychische und physische Gewalt erscheint immer mehr Menschen als ein legitimes Mittel, um Veränderungen herbeizuführen. 38 Prozent der in Deutschland befragten Menschen (40 Prozent weltweit) billigen demnach Maßnahmen wie Online-Angriffe auf Personen, absichtliche Verbreitung von Desinformationen, Androhung oder Anwendung von Gewalt sowie die Beschädigung von öffentlichem oder privatem Eigentum. Unter jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 34 Jahren stimmen sogar 59 Prozent (weltweit 53 Prozent) der Befragten einer oder mehreren dieser Maßnahmen zu.

Dieser Groll spiegelt sich auch in einer kritischen Haltung gegenüber Innovationen wider, was den Fortschritt hemmt und das Vertrauen in Institutionen weiter schwächt. Der Report zeigt aber auch, dass Sorgen und Klagen schwinden, wenn die Menschen an Vertrauen gewinnen.

Unternehmen sind gefordert

Eine Schlüsselrolle kommt dabei Unternehmen zu – der Institution, der hierzulande als auch weltweit (62 Prozent) am meisten vertraut wird. Wer besonders unzufrieden ist, stimmt dem Bericht zufolge eher der Aussage zu, dass Unternehmen zu wenig tun, um gesellschaftliche Probleme wie Bezahlbarkeit, Klimawandel, Job-Umschulungen und die Bekämpfung von Desinformation anzugehen.


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In den letzten Jahren wurde die Wirtschaft als Standardlösung für gesellschaftliche Probleme angesehen. Im Jahr 2025 sieht sich die Wirtschaft hingegen mit neuen Leitplanken konfrontiert: Eine Beteiligung an der Lösung gesellschaftlicher Probleme ist dann gerechtfertigt, wenn sie zu dem Problem beigetragen hat. So wird erwartet, dass Unternehmen aktiv werden, wenn sie ein Problem verursacht haben, es ihre Stakeholder betrifft, sie einen signifikanten positiven Einfluss haben können beziehungsweise wenn es der Unternehmensleistung zugutekommt.

Was können Unternehmen konkret tun, um Unzufriedenheit zu verringern und Optimismus zu fördern? Die Befragten sehen sie in der Pflicht, ihre Angestellten gut zu bezahlen und durch Weiterbildungen und Schulungen fit für die Zukunft zu machen. Sie können darüber hinaus ein respektvolles Arbeitsumfeld fördern, das Diskussionen über kontroverse Themen ermöglicht, sowie DEI-Maßnahmen stärken.

Politik vor Wahlen im Fokus

Aber natürlich kann die Wirtschaft die wachsende Unzufriedenheit nicht allein bewältigen. „In Deutschland, wo Themen wie soziale Ungleichheit, steigende Lebenshaltungskosten und Desinformation allgegenwärtig sind, braucht es eine konzertierte Zusammenarbeit aller Institutionen“, appelliert Christiane Schulz, Geschäftsführerin von Edelman Deutschland, an die Entscheidungsträger.

Medien sollten inhaltliche Qualität über Klickzahlen stellen, um fundierte Entscheidungen zu ermöglichen. NGOs genießen das höchste Vertrauen bei denjenigen, die ein Gefühl für große Missstände haben – sie können als Vermittler agieren. Regierungen müssen durch Ergebnisse beweisen, dass sie zum Wohl der Bürger handeln.

„Vor dem Hintergrund der Bundestagswahl steht die Politik besonders im Fokus“, sagt Schulz. „Nur durch Transparenz und den konsequenten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern kann Vertrauen zurückgewonnen und der soziale Zusammenhalt gestärkt werden.“

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