Auf Reputationsrisiken vorbereitet sein

Influencer Relations

Influencer-Kooperationen können einiges bewegen in der Unternehmenskommunikation. Der Trend geht hin zu langfristigen Partnerschaften. Dafür müssen Kommunikationsverantwortliche wissen, wie sie diese aufbauen. Von Community Building und Content Creation über den Aufbau von Meinungsführerschaft und Reichweite bis hin zur Frischzellenkur für das eigene Image – die Liste der Möglichkeiten für Unternehmen und Marken ist lang. Allein im deutschsprachigen Raum werden die Ausgaben für Influencer-Kooperationen Statista zufolge 2024 auf mehr als 650 Millionen Euro geschätzt.

Ohne sorgfältige Vorbereitung lauern bei Influencer-Kooperationen Reputationsrisiken, die den Vertragspartnern nachhaltig schaden können. Fälle wie jene von Deutschlands Heimwerkerkönig, der hierzulande bekanntesten weiblichen Fitness-Ikone oder ganz aktuell der eines reichweitenstarken Immobilien-Influencers zeigen, welche Dimension solche Krisen einnehmen können. Schnell wird in solchen Fällen aus Influencer Relations Krisen-PR.

Um mögliche Krisen zu vermeiden, sollten Unternehmen die Zusammenarbeit sorgfältig planen, sich vertraglich absichern und mögliche Risiken antizipieren. Es gilt, vorbereitet zu sein. Dabei fängt die Krisen-Prävention bereits vor Vertragsabschluss an. Für Unternehmen gilt es, einige Schritte zu beachten, die den Weg zu einer erfolgreichen Kooperation ebnen.


Influencer oder Creator?

Die Grenzen zwischen den Gattungen „Influencer“ und „Creator“ sind fließend. Meist sind Creator auch Influencer. Nicht jeder Influencer ist allerdings zugleich Creator. Beide sind Multiplikatoren und genießen in bestimmten Zielgruppen großes Vertrauen. Die Verwendung des Begriffs „Influencer“ in diesem Gastbeitrag dient der Lesefreundlichkeit und schließt „Creator“ mit ein.

Ein Unterschied liegt vor allem in ihrem Ursprung. Influencer bringen oftmals Reichweite durch ihre Bekanntheit aus TV, Sport, Musik oder Entertainment mit. Sie beeinflussen Meinungen, Style, Kaufverhalten und das Verhalten ihrer Community. Content Creator hingegen sind auf sozialen Plattformen wie Instagram, Twitch, Youtube oder Tiktok groß geworden. Sie stehen für bestimmte Themenfelder und sind Kreativexperten für Storytelling und die Entwicklung von hochwertigen Inhalten. Von ihnen gibt es weltweit etwa 50 Millionen, wovon zwei Millionen von ihrer Profession leben können. Dass die Creator Economy boomt, zeigen auch Karrieretrends. Laut einer Umfrage der PFH Private Hochschule Göttingen können sich über 40 Prozent der Abiturientinnen und Abiturienten in Deutschland eine Karriere als Creator vorstellen.


1. Sorgfältiges Scouting: Research und Backgroundchecks

Bevor Unternehmen eine Kooperation eingehen, ist es entscheidend, sich intensiv mit möglichen Kooperationspartnern und deren Background auseinanderzusetzen. Dazu gehören zum einen die Recherche rund um vergangene Markenkooperationen des Influencers und eine Analyse, wie erfolgreich diese waren. Zum anderen muss man sich die Haltung und die Meinungen genau anschauen, die der Influencer vertritt. Stehen sie im Einklang mit den Werten der eigenen Unternehmensmarke?

Genauso wichtig wie der Check der Person und ihres Hintergrunds ist eine Analyse der Community, die der Influencer erreicht. Darum geht es dem Unternehmen schließlich bei der Kooperation. Welche psychografischen und demografischen Merkmale zeichnen die Community aus? Was sind ihre Werte, Interessen und Themen? Wie ist ihre Tonalität? Auf welchen Plattformen ist sie aktiv? Wie interagiert sie mit dem Opinion-Leader?

Brand Safety ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Unternehmen müssen sich fragen, wie markenfreundlich die Inhalte des Influencers sind, in dessen Umfeld die eigene Marke stattfinden soll. Polarisiert er mit seinen Inhalten oder sorgen politische Statements sogar für Zündstoff?

Eine tiefgehende Hintergrundrecherche ist unumgänglich, um mögliche Risikofaktoren frühzeitig zu antizipieren und auszuschließen.

2. „Value Fit“ zwischen ­Unternehmen und ­Influencer

Ein perfektes Matchmaking ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Möglich sind diese Matches meist nur, wenn Unternehmensmarke und Multiplikatoren dieselben Werte und Grundprinzipien teilen.

Dies betrifft nicht nur den Umgang mit Themen wie Diversität, Nachhaltigkeit und Ethik, sondern auch die allgemeine Kommunikationsstrategie. Stimmt der Influencer mit den Unternehmenswerten überein? Nur wenn diese Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden kann, ist eine Kooperation sinnvoll.

Es kann hilfreich sein, gemeinsame Werte und Ziele bereits in den ersten Gesprächen offen zu thematisieren. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen.

3. Präzise Vertrags­gestaltung: Krisen antizipieren, Rollen definieren

Die vertragliche Absicherung ist ein Schlüsselfaktor, um Reputationsschäden vorzubeugen. Das gilt in beide Richtungen. Auch auf Seiten eines Unternehmens können Risikothemen an die Öffentlichkeit gelangen, die dem Influencer ­schaden.

Verträge müssen nicht nur die Eckpunkte der Zusammenarbeit wie Laufzeit, Honorar, Rechteübertragung oder die Zahl von Freigabeschleifen festhalten, sondern können auch Klarheit über Maßnahmen im Krisenfall schaffen. Welche Verantwortlichkeiten haben beide Vertragsparteien, wenn eine Krise entsteht? Wer übernimmt welche Rolle? Welche Schritte müssten eingeleitet werden, um eine Situation zu entschärfen? Welche Stakeholder müssen wann und von wem informiert werden? Welche Kanäle müssen für die gemeinsame Krisenkommunikation genutzt werden? Die Fragen Was? (Messaging), Wie? (Tonalität), Wann? (Timing), Wer? (Rolle, Zielgruppen) und Wo? (Kanäle etc.) sollten auf einer Checkliste nicht fehlen.

Zudem ist es ratsam, No-Gos und Grenzen klar zu definieren und diese offen zu kommunizieren. Der Vertrag sollte ausdrücklich festhalten, welche Themen oder Verhaltensweisen nicht akzeptabel sind. Hier kann auch festgelegt werden, welche Sanktionen im Falle eines Vertragsbruchs greifen. Eine detaillierte Vertragsgestaltung schafft Klarheit und schützt beide Seiten.


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4. Klare Briefings und Guidelines: Erwartungen deutlich kommunizieren

Um Missverständnisse zu vermeiden, ist ein klares Briefing unerlässlich. Influencer sind keine Schauspieler*innen. Es braucht kein Drehbuch.

Die besten Kooperationen entstehen, wenn Unternehmen lediglich einen Rahmen vorgeben, der Raum für die kreative Freiheit des Influencers lässt. Ein bewusster Kontrollverlust gehört dazu. Denn letztendlich wissen Multiplikator*innen am besten, welches Storytelling für Relevanz in der Community sorgt. Aus Relevanz entsteht wiederum Engagement. Aus Engagement entstehen Communitys. Im Briefing sollten nicht nur die Zielsetzungen der Kooperation, sondern auch die Tonalität und die Kernbotschaften klar kommuniziert werden. Was erwartet das Unternehmen von einem Influencer? Welche Botschaften sollen vermittelt werden und welche Themen und Umfelder sollten gemieden werden?

Richtlinien, die den kreativen Rahmen vorgeben, sind ebenfalls sinnvoll. Diese können beispielsweise die Art der Darstellung von Produkten oder Dienstleistungen betreffen. Ein klares Briefing und verständliche Guidelines helfen dem Influencer, die Erwartungen des kooperierenden Unternehmens zu verstehen und zu erfüllen.

5. People Business: ­Vertrauen und persönliche Beziehungen als Basis

Influencer-Kooperationen bleiben ein People Business. Menschen folgen bekanntlich Menschen – und die sind nicht immer berechenbar. Persönliche Beziehungen und regelmäßige Kommunikation sind essenziell, um Krisen zu vermeiden. Ein enger Austausch schafft Vertrauen und ermöglicht es, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Der Austausch und Beziehungen sind beispielsweise über Direktkommunikation via Social Media, die Managements der Influencer oder durch persönliche Begegnungen auf Branchenveranstaltungen wie dem VideoDays Festival oder der Gamescom möglich.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Brands. Das Heft können Sie hier bestellen.

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