Empfänger first

Kommunikation

Kommunikation ist das Senden und Empfangen von Nachrichten, sagen einige. Das Codieren und Decodieren von Botschaften, sagen andere. Der Austausch, sagen Dritte. Und so weiter und so fort. Kommunikation kennt viele Definitionen und viele Erscheinungsformen. Eines aber zeichnet eine gute Kommunikation immer aus: das Miteinander. Im Idealfall auch noch auf Augenhöhe. Dann muss sich nicht der eine strecken oder der andere bücken.

Sender codieren ihre Botschaft, kleiden sie in Worte oder Bilder; die Empfänger decodieren sie. Ist die Kommunikation gelungen, führt das Decodieren am Ende tatsächlich zu der Botschaft, die der Sender am Anfang meinte. Klappt leider nicht immer. Das kennt jeder: ob im Beruf, in der Familie, unter Freunden, mit den eigenen Kindern oder im Kontakt mit der Presse – „So habe ich das doch gar nicht gemeint!“ „Da haben Sie mich falsch verstanden!“

Kommunikation ist schwierig. Aber ohne Kommunikation ist alles nichts. Oder wie der Münchner Kardinal Reinhard Marx es einmal formulierte: „Ohne Kommunikation gibt es kein Menschsein.“

Acht Milliarden unterschiedliche Empfänger

Da Menschen aber unterschiedlich sind – es gibt weltweit über acht Milliarden verschiedene Exemplare davon –, ergeben sich enorme Herausforderungen an das, was ich oben eine gelungene Kommunikation genannt habe. Wie soll das gehen: so zu codieren, dass meine Empfänger immer verstehen, was gemeint ist? Kein leichtes Unterfangen.

Microsoft-Gründer Bill Gates beschreibt das sehr anschaulich im ersten Teil seiner Autobiografie, die Anfang Februar unter dem Titel „Source Code“ erschienen ist. Ein lesenswertes Buch, das tiefe Einblicke in den Menschen Gates und seine Gefühlswelt („neurodivergent“) bietet. Teilweise etwas sperrig übersetzt – der Titel zählt fünf (!) beteiligte Übersetzer auf – und gelegentlich mit einigen Wiederholungen, inhaltlichen Sprüngen und scheinbaren Widersprüchen. Hier hätte sich durchaus noch etwas Arbeit gelohnt. Wie auch immer, der junge Gates unterscheidet sich deutlich von seinen Mitschülern und auch von seiner Schwester, in dem, was er tut, wie er denkt und auftritt – und im weiteren Verlauf auch in seiner Kommunikation.


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Natürlich führt das immer wieder zu Missverständnissen, Konflikten und Verletzungen und zu der nicht gerade neuen Erkenntnis, dass auch Erwachsene manchmal eine kindlich-trotzige Kommunikation beherrschen, die – man schaue dafür zum Beispiel nach Berlin oder Washington – weder zum Sender noch zum Empfänger passt. Und ganz oft auch nicht zur Sache.

Viele Pressemitteilungen ohne Botschaften

Wer Kommunikation hauptberuflich macht, etwa in der Pressearbeit oder im Marketing, muss dafür nicht einmal in die hohe Politik schauen. Es genügt oft schon ein Blick in die Online-Portale, in die jeden Tag Hunderte von Pressemitteilungen gespült werden. Viele von ihnen tragen gar keine wirkliche Botschaft in sich (oder sie verstecken sie sehr gut). Mindestens aber geben sie sich keine Mühe für eine erfolgreiche Kommunikation. Sprich: Beim Empfänger kommt nichts an. Die Pressemitteilung fristet ein einsames Dasein. Und sollte sie tatsächlich an eine Redaktion verschickt werden, landet sie dort vermutlich im Papierkorb.

Dabei braucht es oft nicht einmal einen „Doppelwumms“, um mehr Aufmerksamkeit für die eigene Story zu erhalten. Es braucht in vielen Fällen einfach nur die Story selbst. Und zwar in einer Sprache, die das Gegenüber – die Redaktionen und Journalisten – verstehen, einordnen und als relevant für die eigene Zielgruppe bewerten kann. Doch viele Absender von Pressemitteilungen denken nur an sich. Sie denken daran, wie sie selbst sich geschrieben sehen wollen, welche Worte sie selbst benutzen möchten, dass sie sich und ihre „News“ (oft gibt es noch nicht einmal eine) für die wichtigste im Universum halten.

Fisch, Köder, Angler – eine (gar nicht so) schwierige Beziehung

Das ist natürlich etwas überspitzt formuliert, dafür bitte ich um Nachsicht. Aber ganz unrealistisch ist es eben auch nicht. Dabei fehlt zur Antwort auf die Frage „Wie schreibe ich eine gute, erfolgreiche Pressemitteilung?“ gar nicht so viel. Einfach an den Empfänger denken, der ist entscheidend! Das kann man auch bei Bill Gates nachlesen. Als Schüler programmierte er gemeinsam mit Freunden Software für verschiedene Auftraggeber. Der Name „Lakeside Programming Group“, den sie sich gaben, war absichtlich gewählt: „die Bezeichnung ‚Club‘ hätte verraten können, dass wir nur kleine Jungs waren und kein richtiges Unternehmen“. Man kann das aber auch bei Friedemann Schulz von Thun nachlesen, nach dessen „Vier-Ohren-Modell“ die Ohren der Empfänger entscheiden, was ankommt. Oder bei Paul Watzlawick, der sagte: „Es gibt nur eine Wahrheit, nämlich die des Empfängers“. Oder, oder, oder …

Die Menschen sind verschieden. Wenn du Person X erreichen möchtest, dann schreibe so, dass Person X dich versteht. Schreibe nicht, wie du es willst. Der Köder – auch das ist wahrlich nicht neu – muss schließlich dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.

Das sind alles Binsenweisheiten (schauen Sie unbedingt einmal nach, woher der Begriff kommt, sehr spannend!). Aber trotzdem werden sie tagtäglich in der Kommunikation missachtet. Das ist eben das Menschliche an der Kommunikation. Stören wir uns nicht allzu sehr daran. Versuchen wir aber immer wieder, es besser zu machen. Der Empfänger gehört in den Fokus; das „perfekte Matching“ aus Köder und Fisch. Damit Kommunikation gelingt – und Botschaften da ankommen, wo sie hingehören.

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