Ode an die Freude der Kommunikation

Kommunikation

Ein neues Jahr hat begonnen – vielleicht voller guter Vorsätze, jedenfalls hoffentlich ein Jahr, in dem nach der vielfachen Aufgeregtheit im Jahr 2024 mehr Ruhe und Frieden folgen. Vor allem darf es ein Jahr werden, in dem wir uns in der öffentlichen und medialen Kommunikation von einer Hau-Drauf-Mentalität wieder in Richtung einer Streit- und Diskussionskultur bewegen, die den Namen „Kultur“ tatsächlich verdient. Dabei muss Kultur gar nicht heißen, dass es bieder oder langweilig zugeht. Sich mit einem Thema oder verschiedenen Positionen auseinandersetzen, darf auch Spaß machen. Was in den nächsten Zeilen folgt, ist nicht weniger als ein Plädoyer für mehr Freude an der Kommunikation.

Was mich dazu bringt, ist eine Reaktion auf meinen jüngsten Beitrag über das „Klare und Unverstellte“, den ich im Dezember mit Blick auf und vor allem in die neu eröffnete Hedwigs-Kathedrale in Berlin geschrieben hatte. Die Geschäftsführerin einer großen PR-Agentur meinte später zu mir, man habe beim Lesen gemerkt: „Sie hatten richtig Spaß am Schreiben.“ Stimmt. Diesen Beitrag zu verfassen, war zwar zunächst ein Suchen nach dem richtigen Thema und einem passenden Einstieg, war dann aber – nach einem winzigen Impuls eines befreundeten Berliner Pressesprechers – sehr schnell geschrieben. Es hat einfach Spaß gemacht.

prodesse et delectare – Kommunikation soll Spaß machen

Kommunikation soll auch Spaß machen. So wie eine gute Rhetorik „prodesse et delectare“ soll – nützen und erfreuen. Vor vier Jahren hatte ich an dieser Stelle bereits geschrieben, dass zum Beispiel auch die Rede eines CEO auf einer Hauptversammlung unterhaltsam sein darf:

„Auch auf einer unsexy Veranstaltung darf ich eine sexy Rede halten. Liebe Vorstandsvorsitzende, Kommunikationschefs und PR-Berater: Macht bitte aus der Hauptversammlung keinen Spielplatz für rhetorische Totengräber.“

Aber nicht nur das Endprodukt – die Rede, eine Pressemitteilung, ein Statement, ein Social-Media-Post – soll neben klarer Aussage ein inspirierendes „delectare“ liefern. Auch der Weg dahin darf unterhaltsam sein und Freude bereiten. Die Suche nach dem richtigen Wort oder dem perfekten Einstieg, das Feilen an Formulierungen, die Begeisterung für passende Bilder: das alles ist wichtig im Schreib- und Kommunikationsprozess.

Rahmenbedingungen schränken ein

Ich erlebe allerdings immer wieder, dass Menschen die Freude am Kommunikation-Machen scheinbar verloren haben, weil die Rahmenbedingungen genau diese Begeisterung in der Auseinandersetzung mit dem Wort oder der Sache nicht zulassen. In meinen Seminaren zum Beispiel beklagen immer wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Pressestellen, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit oder PR-Agenturen, dass sie in ihrer kreativen Freiheit eingeschränkt werden. Da werden Pressemitteilungen verfasst, die absehbar keinerlei Presseresonanz nach sich ziehen, weil das Thema einfach kein Thema ist. Aber der Kunde hat es so gewollt.


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An anderer Stelle werden Texte geschrieben, die augenscheinlich dreimal dasselbe aussagen und sich inhaltlich oder argumentativ im Kreis drehen. Ja, sagt mir dann der Seminarteilnehmer, das sieht er auch so. Aber die Agenturleitung gebe ihm vor, nicht mehr als eine Stunde Zeit auf den Text zu verwenden. Sonst rechne sich das nicht. Okay, Arbeit muss sich rechnen. Aber soll sie denn nicht auch Freude bereiten? Und das Ergebnis nicht überzeugen?

Wieder andere Teilnehmer zeigten sich unzufrieden mit ihrem derzeitigen Job, weil in der Kommunikationsabteilung keine Zeit für Recherche verwendet werden solle, weil auch hier – siehe oben, rechnet sich nicht – Recherchearbeiten produktiv nicht darstellbar seien. Wie bitte? Keine Recherche? Wie soll denn dann ein vernünftiger Beitrag zustande kommen?

Begeisterung bitte, frei nach Dale Carnegie

Solche Rahmenbedingungen sorgen nicht nur für qualitativ mäßigen Output und damit in der Kommunikation für entsprechende Misserfolge. Sie machen mittelfristig auch den Spaß an der Sache zunichte. So in etwa schrieb das der US-amerikanische Autor und Kommunikationstrainer Dale Carnegie schon in den 1940er-Jahren: Machen Sie Ihre Arbeit mit Begeisterung. Sonst wird sie erschöpfend, ermüdend und frustrierend.

Wer Kommunikation macht, muss Lust auf Kommunikation haben. Wo stattdessen Frust am Schaffen aufkommt, kann das Ergebnis kaum gut werden. Jedenfalls sollten die Lust am Tun und die Lust am Resultat einander nicht ausschließen.

Der gute Vorsatz für 2025 also: Nicht nur „prodesse“, sondern auch „delectare“. Für gute Beiträge, gute thematische Auseinandersetzungen und gute Recherche; für Freude am Lesen und vor allem für mehr Zufriedenheit bei denen, die Kommunikation machen, ebenso wie bei denen, die sie rezipieren. Das Klare und Unverstellte kommt dann ganz von selbst.

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