Mehr Signale, weniger Rauschen

Kommunikation

Die Flammen wüteten noch, als Kristin Crowley der Kragen platzte. Um 17 Millionen Dollar habe Los Angeles die Haushaltsmittel für die Brandbekämpfung gekürzt, klagte die oberste Feuerwehrfrau der kalifornischen Stadt. Derart unterbesetzt und unterfinanziert könne die Feuerwehr kaum effektiv gegen die Waldbrände vorgehen, wie sie Mitte Januar im Westen der USA tobten.

Man kann sich leicht die zermürbenden Budgetverhandlungen vorstellen: endlose Excel-Tabellen, Feilschen um Personalschlüssel und die Anzahl der Feuerwachen – das übliche Haushalts-Klein-Klein. Dabei könnte die Lage eindeutiger kaum sein: Es dürfte in Kalifornien künftig mehr und heftigere Feuer geben. Also braucht es eine besser ausgestattete Feuerwehr.

In einem Meer von Fakten geht die wichtigste Botschaft unter. Dieses Problem lähmt die Kommunikation in Meetings und Berichten, egal ob in Behörden oder Unternehmen. Das verzögert wichtige Reaktionen und kostet viel Geld aufgrund der sinkenden Produktivität.

Schuld ist der Irrglaube, mehr Informationen würden zu besseren Beschlüssen führen. Schwafler müssen jetzt tapfer sein, denn das Gegenteil ist richtig: Zu viel Input erschwert Entscheidungen. Komplexität kostet Zeit, von der gerade Führungskräfte immer zu wenig haben. Sie mit Powerpoint-Schlachten und Datenbergen zu überfluten ist der sicherste Weg, eine Organisation zu paralysieren.

Kürze als Stärke

Sich kurz zu fassen ist kein wohlfeiler Ratschlag von Deutsch-Studienräten, sondern ein strategischer Imperativ. Nicht weil sich so Zeit beim Lesen und Diskutieren sparen lässt, sondern weil Prägnanz die Ergebnisse besser macht. Das hat mit der Psychologie von Entscheidungen zu tun, die etwa Daniel Kahneman im Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ beschreibt: Schnelles Denken arbeitet intuitiv und mühelos, langsames Denken dagegen analytisch und ressourcenintensiv.

Lange Texte und komplexe Argumentationsketten zwingen das Gehirn, langsames Denken zu aktivieren, was die Verarbeitungsgeschwindigkeit drastisch senkt. Umgekehrt reduziert Leere – im Sinn von Einfachheit – die kognitive Belastung. Wirklich wesentliche Informationen („Signale“) können effizienter verarbeitet werden, anstatt im Rauschen der Irrelevanz unterzugehen. Kürzere Texte schaffen zudem mentale Pausen, in denen Input reflektiert werden kann. Und unser Gehirn schätzt es, wenn es eigene Schlüsse ziehen kann, anstatt mit Fakten bombardiert zu werden.

Kahneman nennt das „kognitive Leichtigkeit“, einen Zustand, in dem wir leicht, konzentriert und klar denken können. Dazu brauchen wir mehr Signale und weniger Rauschen. In Krisensituationen, in denen es auf Minuten ankommt, aber auch in Beschlussvorlagen, Website-Texten und Redebeiträgen. Das heißt:

  • prägnante Texte für einfache Fragen,
  • klare Struktur durch Absätze, Zwischenüberschriften und Listen,
  • keine Wiederholungen, wesentliche Botschaften im Fokus.

Kommunikation bedeutet, Wichtiges knapp und gezielt zu vermitteln. Wer sie als Leistungsschau des eigenen Wissens versteht, hat nichts begriffen. Oder ist einfach faul. „Ich schreibe Dir einen langen Brief, für einen kurzen fehlt mir die Zeit“, soll Goethe gesagt haben. Kürze ist anstrengend. Aber sie lohnt sich.


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Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Strategie. Das Heft können Sie hier bestellen.

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