Wie Change-Projekte gelingen

Veränderungskommunikation

Als wichtiger Hebel für Veränderung gilt die Digitalisierung. Doch die Gründe für Veränderung sind vielschichtiger. Und sie sind komplexer zu managen. So erstaunt kaum, dass laut aktueller Studien wie von der Change-Beratung Mutaree fast 80 Prozent der Entscheider in Unternehmen eigene Veränderungsprojekte als gescheitert betrachten – oft aufgrund misslungener Kommunikation: mangelndes Engagement, zu wenig Einbindung des Managements, fehlende oder unklare Visionen.

Veränderungskommunikation hat Erfolg, wenn sie den Prozess des Wandels aktiv mitgestaltet. Was es dazu braucht? Eine zentrale Steuerung, regelmäßige Analysen der Akzeptanz des Projekts bei den Zielgruppen sowie ein Projekt, in dem Kommunikatoren im Lead sind. Dann verantworten und steuern sie kommunikative Aufgaben und behaupten sich als Businesspartner der beteiligten Führungskräfte. Das Headquarter-Modell zur Veränderungskommunikation bündelt neun Bausteine, die als Leitfaden dienen und durch das Auf und Ab des Prozesses führen.

Sechs Kernfragen

Erfolgreiche Kommunikation muss sechs Kernfragen dauerhaft überzeugend beantworten, um den Wandel zu steuern (siehe Grafik 1). Das erfolgt anhand des ersten Moduls: der Internen Akzeptanzanalyse. Sie ermittelt via Interviews, Mitarbeiterbefragungen oder Workshops Positionen interner Zielgruppen. Das liefert Aufschlüsse, wie treffend die Fragen bisher beantwortet wurden. Der Idealzustand: Ein hohes Akzeptanzniveau lässt Verwirrung, Ängsten und Ablehnung keine Chance.

Die Praxis sieht allerdings anders aus, zumindest phasenweise. Auf Basis der Kernfragen erkennen Kommunikatoren, wo es nachzusteuern gilt. So sorgen beispielsweise Aktionspläne für bessere Orientierung. Incentives in Form gemeinschaftlicher Aktionen, zum Beispiel als Teamausflug à la „Room Escape“ oder als Teamkochevent unter dem Motto „endlich anders kochen“, können sich eignen, um das Kollektiv zu stärken und Fokusgruppen zu mobilisieren. Ebenso ist eine verständliche, markante Story hinter der Veränderung notwendig. Sie vermittelt emotional und faktenbasiert, wohin das Unternehmen will und muss. Gelingt es Unternehmen, diese Story zu verankern und in Maßnahmen mit Leben zu füllen, reduziert das intern die erste Welle spontaner Ablehnung.

Interne Akzeptanzanalyse (c) Cyrano Kommunikation

Grafik 1: Interne Aktzeptanzanalyse (c) Cyrano Kommunikation

Fokusgruppen unter der Lupe

Die Analyse auf Basis der sechs Kernfragen liefert einen Überblick über das Projekt. Wie motiviert sind Mitarbeiter und Führungskräfte? Wie wird das Erreichen der nächsten Meilensteine gesehen? Zudem hilft die  Analyse zu verstehen, welche Eigendynamiken bei Fokusgruppen entstehen, wer seine Rolle aktiv ausfüllt und ob sich einige Kollegen abgehängt fühlen. Die interne Akzeptanzanalyse wird ergänzt durch eine  Untersuchung externer Anspruchsgruppen. Denn auch regionale Politiker, die breite Öffentlichkeit, lokale Medien und Verbände erwarten zumindest, in Kenntnis gesetzt zu werden, wenn Unternehmen sich für wesentliche Veränderungen rüsten. Ein Stakeholder-Mapping und ein kontinuierliches Monitoring von Medien und Influencern erheben, wie diese zum Projekt stehen: Was sagen sie öffentlich? Wie stehen sie voraussichtlich qua Funktion zum Projekt? Wer könnte auf Seiten von Politik oder Verbänden als Fürsprecher fungieren? Interne Akzeptanzanalyse, Stakeholder-Mapping und Monitoring liefern einen Rundumblick über die Stakeholder und fangen Angriffsflächen und Chancen ein.

Die zweite Ebene des Headquarters (siehe Grafik 2) betrifft den Aufbau der kommunikativen Infrastruktur. Dazu zählt, direkte Kanäle zu Zielgruppen wie lokalen Politikern aufzubauen, um sie ohne filterndes Medium zu erreichen. Zudem gilt es, eine Vision zu definieren, die die Organisation erreichen will, sowie zu vermitteln, warum dies notwendig ist und wie der Zustand zu erreichen ist. Teil der Mission ist dann festzulegen, wer welchen Part spielt. Mission und Vision sollten bei allen Maßnahmen mitschwingen. Um sie herum definieren Projektteam und Kommunikation – als drittes Modul dieser Ebene – kontinuierliche Themen. Dazu informiert das Unternehmen regelmäßig und erzeugt einen steten Nachrichtenstrom zu den Zielgruppen. Dieses Themenreservoir wird wertvoll, wenn es Phasen gibt, in denen wenige Fortschritte zu verkünden sind. Stehen diese Kanäle und Inhalte fest, ist die Kommunikation sprechfähig – und gut aufgestellt, um neue mögliche Szenarien zu durchdenken, bevor sie eintreten.

Headquarter Veränderungskommunikation (c) Cyrano Kommunikation

Grafik 2: Headquarter Veränderungskommunikation (c) Cyrano Kommunikation

Ein Fahrplan für den Ablauf

Die dritte Ebene umfasst die eigentliche Kommunikation. Sie bündelt die Beantwortung der Kernfragen, die kontinuierliche Steuerung und die Planung der Meilensteine. Die drei Module sind das Herzstück der Veränderungskommunikation. Die sechs Kernfragen kommen erneut zum Einsatz. Kommunikatoren gehen die Checkliste bei der Umsetzung jeder geplanten kommunikativen Maßnahme durch. Beantwortet die Maßnahme die Fragen, erreicht sie die Zielgruppe und führt sie durch den Prozess, so dass typische Sorgen und Bedenken reduziert werden? Die Kernfragen der anfänglichen internen Akzeptanzanalyse liefern jetzt einen Proof für die Umsetzung.

Menschen dazu zu bringen, sich zu verändern, gleicht der Quadratur des Kreises – auch weil Abläufe in Unternehmen standardisiert sind. Standards aufzubrechen, erzeugt Unsicherheit. Kommunikation hat das Potenzial, in dieser Situation zu führen. Das gelingt mit Tools, die operativen Wandel und Kommunikation integrieren. Das Ergebnis: ein Fahrplan für den Ablauf. Werden die neun Module des Headquarter-Modells beherzigt, entsteht zusätzliches Potenzial: Die Kommunikation wird auch dann angepasst, wenn der operative Prozess vom Plan abweicht.

Tipps für die Praxis

1. Aktiv kommunizieren
Die Kommunikation agiert aktiv und transparent. Sie definiert die Inhalte und sichert ab, dass die Zielgruppen sich mit den gesteuerten Informationen beschäftigen und weniger eigene Fragen  und Thesen diskutieren.

2. Erwartungen managen
Damit Erwartungen nicht zu groß werden und Spekulationen Einhalt geboten wird, kündigt Kommunikation regelmäßig an, was als Nächstes ansteht und wann Zwischenziele erreicht werden. Bei allen Ankündigungen gilt: positiv überraschen!

3. Intern vor extern
Alle wesentlichen Informationen werden zunächst intern kommuniziert, bevor sie extern gesetzt werden. Kein Mitarbeiter erfährt Wesentliches von Dritten.

4. So lokal wie möglich
Die Kommunikation läuft so lokal wie möglich ab und so zentral wie nötig. So kommuniziert das Unternehmen als Erstes mit den Zielgruppen, die zum jeweiligen Zeitpunkt ein berechtigtes
Interesse am Projekt haben.

5. Zielgruppen direkt ansteuern
Möglichst viele der Zielgruppen werden über Kanäle direkt informiert. So erreicht man sie, bevor sie selbst Fragen stellen oder ein Informationsdefizit bemängeln.

6. Aktionen mit Vision verbinden
Wann immer intern oder extern informiert wird – es gilt, alle Maßnahmen und Inhalte mit der Vision und dem Veränderungsziel zu verbinden. Jeder Kommunikationsanlass ist zu nutzen, um das Projekt positiv zu besetzen.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe TEMPO. Das Heft können Sie hier bestellen.

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