Was vom Skandal um Cambridge Analytica bleibt

Kommentar

Die Kommentatoren großer deutscher Medien waren sich in den vergangenen Wochen einig: „Facebook ist zu einer Gefahr für die Demokratie geworden“, überschrieb stellvertretend der Spiegel eine düstere Heft-Titelstory. Der Tagesspiegel warnte, das Netzwerk trage zur Veränderung der politischen Kultur bei („Aus der Schmuddelecke wird ein feiner Platz“). Und die FAZ prangerte „Facebooks Falschheit“ an.

Die Auswirkungen des Skandals um Cambridge Analytica und mutmaßlich weltweit mehr als 80 Millionen missbräuchlich verwendete Facebook-Nutzerprofile sind enorm. Die Frage, wie sehr sich die obskure Politikberatungsfirma im Nachhinein zu PR-Zwecken mit ihrem angeblichen Einfluss etwa auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl brüstet, ist dabei nur am Rande wichtig. Viel bedeutsamer sind die Folgen des Verlustes an Vertrauen in das Soziale Netzwerk.

Mehr als 2,1 Milliarden aktive User zählt Facebook monatlich. In Deutschland nutzen es rund 30 Millionen. Dass hierzulande neun von zehn Usern laut einer ARD-Umfrage wenig oder gar kein Vertrauen in die Datenpolitik des nach Markenwert viertwertvollsten Unternehmens der Welt haben, verwundert nicht.

Große wie kleine Unternehmen stecken nun in einem Dilemma. Facebook ermöglicht es ihnen, zielgerichtet Kampagnen auszurollen, ihrer PR zu Reichweite plus Interaktion zu verhelfen und passgenau Werbung zu schalten. Doch mit dem Reputationsschaden für das Netzwerk droht auch das Renommee seiner (zahlenden) Kundschaft Schaden zu nehmen.

Sich als Unternehmen öffentlich von Mark Zuckerbergs Datensammel-Imperium zu distanzieren, indem man Kampagnen auf Facebook – zumindest zeitweise – einstellt, ist in Anbetracht der derzeitigen Stimmungslage nicht unclever. Die Commerzbank hat es getan, ebenso Sonos. Der Hersteller von Unterhaltungselektronik mit einem Jahresumsatz von rund einer halben Milliarde US-Dollar regte im Zuge dessen im firmeneigenen Blog gleich zu einer breiten Debatte über Datenschutzstandards in Unternehmen an.

Einerseits kann eine solche Distanzierung gute Eigen-PR sein. Und sie kann Facebook möglicherweise unter Druck setzen (Stichwort: Umsatzeinbußen). Andererseits ist es doch so: An der Zweckdienlichkeit des größten sozialen Netzwerks der Welt ist bis auf Weiteres kaum vorbeizukommen. Misslich, oder?

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe SPIELEN. Das Heft können Sie hier bestellen.

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