Preisverdächtig schlecht

Seit 2009 vergibt der gemeinnützige Idealverein Foodwatch einmal im Jahr den “Goldenen Windbeutel” als Negativpreis für Lebensmittelwerbung. In diesem Jahr für “die dreisteste Werbelüge” nominiert sind:

  • Coca Cola mit dem “Glacéau Vitaminwater”, dessen Vitaminzusätze laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) überflüssig sind,
  • die “Knorr activ Hühnersuppe” von Unilever, in der kein Hühnerfleisch, sondern lediglich 1 Prozent Hühnerfett enthalten ist,
  • der “Unser Norden Bio Apfelsaft naturtrüb” von Coop, dessen Äpfel entgegen des Slogans “aus der Region – für die Region” nicht ausschließlich aus Norddeutschland stammen,
  • der “Belvita Frühstückskeks” von Mondelez, der als empfehlenswerte Mahlzeit für den Morgen angepriesen wird, mit 27 Prozent Zuckeranteil aber eine klassische Süßigkeit ist,
  • und die “Alete Mahlzeit zum Trinken” von Nestlé, die von Kinderärzten und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als kariesfördernd bezeichnet wird.

In einem von Foodwatch veröffentlichten Cartoon werden Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), und Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer des Vereins “Die Lebensmittelwirtschaft” als “Minni und Sonni” auf die Schippe genommen. In dem knapp vierminütigen Film zeichnen die beiden Protagonisten die fragwürdigen Werbekonzepte als “Best-Practice-Beispiele” aus:

 

Minhoff schießt zurück

Christoph Minhoff machte seinem Ärger über den “Goldenen Windbeutel” am vergangenen Donnerstag in einem Beitrag auf seinem Blog www.filetspitzen.de Luft. Hier bezeichnet er den 2002 vom ehemaligen Greenpeace-Geschäftsführer Thilo Bode gegründeten Verein Foodwatch als „Bode-Sekte“ und „mediale Drückerkolonne“. Seine Kritik an dem Negativpreis: Bei den Nominierungen handele es sich nicht um neue Enthüllungen, sondern vielmehr um olle Kamellen, die schon längst auf anderen Portalen diskutiert worden seien. So habe man  beispielsweise die Hühnersuppe von Knorr bereits im Dezember 2011 im Portal Lebensmittelklarheit besprochen: “Zugegeben, es war ‚Knorr Suppenliebe Hühnersuppe‘ und bei foodwatch ist es ‚Knorr activ Hühnersuppe‘, aber so ist das bei Plagiaten – fast gleich.”

Minhoff lässt es sich nicht nehmen, auf die Reaktionen der Hersteller hinzuweisen und bemängelt: “Dass die Vorwürfe von den Unternehmen entkräftet oder widerlegt wurden, spielt da fast keine Rolle”. Auch dass die Verbraucher die Produkte schätzten und kauften, sei Foodwatch offenbar egal, der Verein wolle ohnehin nur “werblich und kostenfrei” ins Licht der Öffentlichkeit.

Unterstützung für Foodwatch

Sauer aufstoßen dürften Minhoff nun ebenfalls die meisten Kommentare unter seinem Beitrag: Diese reichen von “super vielen Dank Herr Mindhoff, jetzt weiß ich auch wer die wahren Schurken sind und dass die verleumdeten Lebensmittel alle supertoll sind. NICHT” über “Ob die nominierten Produkte schon einmal ‚besprochen‘ wurden oder nicht, ist doch ziemlich egal, oder? Eigentlich ist es ja sogar traurig, dass manche Produkte schon jahrelang als Mogelpackung in unseren Supermärkten stehen.” bis “Ja, es ist egal das Kunden die Produkte schätzen und kaufen. Das ist kein Freifahrtschein für Kundenverarsche.”

“Wenn der Chef-Lobbyist der Lebensmittelwirtschaft die Kritik an irreführenden Werbepraktiken als alten Hut bezeichnet, macht das die Sache nicht besser, sondern schlimmer. Herr Minhoff bestätigt, dass sich die Branche des Problems offenbar bewusst ist, aber nicht bereit ist, die Irreführung abzustellen”, reagierte Foodwatch-Sprecher Martin Rücker auf den Blogpost. Mit einer so schwachen Argumentation hat sich Minhoff wohl keinen Gefallen getan.

Welche Werbemasche finden Sie preisverdächtig schlecht? Die Abstimmung über den “Goldenen Windbeutel” läuft hier noch bis zum 30. September.

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