„Mit Share Now fangen wir bei Null an“

Social-Media-Strategie

Aus Drive Now und Car2Go wird Share Now, der Carsharing-Dienst von BMW und Daimler. Doch zwei Dienste in ein neues Unternehmen zu überführen, ist keine leichte Aufgabe. Insbesondere bei der Social-Media-Kommunikation gilt es einiges zu beachten. Maximilian Ehlers (33), Social-Media-Chef von Share Now, erklärt im Interview mit pressesprecher, worin die größten Herausforderungen bestehen und welche Strategie Share Now umsetzt.

 

Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten gab es beim Zusammenschluss von Drive Now und Car2Go?

Maximilian Ehlers: Wir waren zwei Firmen und dadurch ergeben sich allein schon technische Themen, denen es zu begegnen gilt: Unterschiedliche Systeme, Datenbanken, Webseiten und Apps. Auch unsere Märkte sind unterschiedlich: In manchen Städten gibt sowohl Drive Now als auch Car2Go und in anderen hatten wir nur Car2Go oder Drive Now. Das alles in eine neue Firma zu begleiten, ist die große spannende Aufgabe. Man darf auch nicht vergessen, die beiden Firmen waren vorher die ärgsten Konkurrenten. Intern waren zwar alle sehr offen und neugierig, was die anderen so gemacht haben, manche dachten aber auch bestimmt “Warte mal, ich muss jetzt irgendwie mit der Konkurrenz zusammenarbeiten?” Das fühlt sich erstmal verständlicherweise komisch an. Es gab auch sicher kulturelle Unterschiede in beiden Unternehmen, denen wir begegnet sind.

Aber die Zukunftsvision, die wir aufgemacht haben, ist echt gigantisch. Die zu greifen und dann auch so zu exekutieren, ist beileibe keine einfache Aufgabe. Aber eine sehr wertvolle.

Was ist denn die Vision für die Zukunft?

Wir haben Millionen Nutzer und über 20.000 Autos, sind aktuell in über 25 Städten. Es geht wirklich darum, die Welt zu verändern. In der Brand Eins gab es mal eine wunderschöne Berechnung, dass München mit seinen 1,4 Millionen Einwohnern 700.000 Fahrzeuge hat. Da jedes Fahrzeug 13 Quadratmeter Platz einnimmt, würden, wenn sich nur acht Leute ein Auto teilen, einfach mal 160 Fußballfelder Platz entstehen, vom ökologischen Fußabdruck ganz abgesehen.

Das würde man auch erreichen, indem man den ÖPNV ausbaut und attraktiver macht. In eine Bahn passen mehr Leute als in ein Auto.

Ohne Frage. Manche benutzen Carsharing zwar auch als Alternative zum ÖPNV, vor allem wenn es regnet und der Bus Verspätung hat, aber eigentlich sind wir ein komplementäres Angebot. Zusammen mit dem öffentlichen Nahverkehr können wir den Menschen, in ihren individuellen Bedürfnissen, den Weg von A nach B bereiten. Du wirst deinen schwedischen Kleiderschrank nicht mit der U-Bahn nach Hause bringen, zum Feierabend willst du aber auch nicht im Stau stehen. Ergo braucht es beides, einen stabilen, souveränen öffentlichen Nahverkehr und man braucht Transportmittel, um mal Sachen zu transportieren oder ungestört auf dem Weg mit Headset zu telefonieren.

Welche Schwierigkeiten liegen allgemein im Aufbau der globalen Marke Share Now?

Ähnlich wie bei den Kollegen, die ihre Marken lieben, sind auch unsere Kunden echte Fans von Car2Go und Drive Now. Auf einmal werden wir zu Share Now. Da werden bestimmt einige Menschen emotional.

Drive Now und Car2Go waren die Pioniere des Carsharings und haben seit zehn Jahren die Mobilität geprägt. Durch Innovation und auch gegenseitigem Wettbewerb.

Jetzt kommt Share Now, und viele Nutzer werden die Marke einfach nicht kennen. Damit starten wir fast bei Null und müssen unsere Nutzer mit auf die Reise nehmen. Die Markenbekanntheit wird daher die größte Herausforderung werden.

Dieser begegnen wir, in dem wir noch eine ganze Zeit lang kommunizieren, wer wir waren und welche Benefits sich durch den Zusammenschluss ergeben haben. Zu viel möchte ich aber nicht verraten.

Wie haben Sie die Fusion zu Share Now kommunziert? Und wie haben die Kunden darauf reagiert?

Wir haben auf allen Kanälen, also unter anderem Social Media, Newsletter, Homepage, PR und persönlicher Vertrieb unsere Nutzer über den Zusammenschluss informiert. Zusätzlich haben wir zeitnah unsere Fahrzeuge mit dem Co-Branding versehen: Auf jedem Auto steht „Car2Go beziehungsweise Drive Now joins Share Now“, und auch auf unseren digitalen Medien finden sich immer beide Logos.

Unser Nutzer haben die Neuigkeit sehr positiv aufgenommen und haben verstanden, dass eine größere Flotte, mehr Städte und auch größere Geschäftsgebiete wirklich gut für sie sind.

Welche Erkenntnisse aus Drive Now und Car2Go lassen Sie in die Social-Media-Arbeit für Share Now einfließen?

Ich bin ja auch erst Mitte April gestartet und damit einer der ersten reinen Share-Now-Mitarbeiter. Daher konnte ich vergleichsweise neutral auf alle Aktivitäten schauen. In der Social-Media-Arbeit hatten wir bei Drive Now eine wesentlich konstantere Marke, mit klarerer Bildsprache und dazu einen wesentlich regionaleren Ansatz: Jedes Land hatte beispielsweise seinen eigenen Instagram-Account. Car2Go hatte im Vergleich nur einen weltweiten Insta-Account. Drive Now hatte durch die Regionalisierung auf Instagram wesentlich höhere Engagement-Raten. Auf Facebook waren beide Brands ähnlich aufgestellt, aber Car2Go hatte die treueren Fans. Die Stimmung bei Car2Go war durch starkes Community-Management und regelmäßigem „Fan-Service“ leicht besser. Share Now übernimmt dann „das Beste aus beiden Welten“ und ergänzt das um noch ein paar gute Ideen.

Was planen Sie mit den bisherigen Social-Media-Auftritten? Einfach umbenennen oder neue starten?

In Summe machen wir beides und noch mehr. Für Instagram werden wir die Drive Now- und Car2Go-Kanäle umgestalten und gleichzeitig die fehlenden Länder ergänzen und aufbauen. Bei Facebook machen wir aus zwei globalen Facebook-Seiten eine, also fusionieren die Seiten. Auf Twitter werden wir aufräumen: In den USA hatte jede Stadt einen eigenen Twitter-Kanal, die wir zu einem Nord-Amerika-Channel fusionieren. Dazu kommt ein weltweiter Channel sowie ein Kanal für Spanien, da dort die Interaktion mit anderen Nutzern definitiv am allerhöchsten in ganz Europa ist. Auch auf YouTube werden wir erst einmal einen zentralen Account pflegen.

Das behalten wir uns auch bei: Mit einem steten Auge auf den Zahlen werden wir unser Social-Media-Portfolio weiter ausbauen.

Wann ist Share Now offiziell gestartet?

Die Share-Now-App kam am 12. November und steht allen Car2Go Nutzern per Update zur Verfügung. Aktuell sind wir in der Pre-Kommunikation und informieren unsere User beispielsweise darüber, dass sie sich nicht erschrecken brauchen, wenn sie auf einmal ein anderes App-Icon auf ihrem Homescreen haben.

Gleichzeitig haben wir 50 BMWs und MINIs, jeweils in Hamburg, Berlin und München, in das neue System aufgenommen, die durch die Car2Go- beziehungsweise Share-Now-App gebucht werden können. Dadurch sammeln wir wichtige Erkenntnisse und können kontrolliert mögliche Kinderkrankheiten direkt ausfindig machen, bevor alle Autos umgestellt werden.

Die Infos dazu promoten Sie dann über die bereits bestehenden Kanäle an die Kunden?

Genau das. Über Social Media, In-App-Benachrichtigungen und Newsletter sagen wir unseren Nutzern, was sie erwartet. Diese Kampagne geht bis ins nächste Jahr hinein, um unserem Education-Auftrag auch wirklich gerecht zu werden und möglichst alle Nutzer zu erreichen. Es wäre wirklich schade, wenn wir durch die Umstellung Nutzer verlieren würden, die dann nicht mit auf die Reise kommen.

Sie sind dann in 14 Ländern und 26 Städten vertreten. Wie regelt man das mit der Content-Strategie? Gibt es überall denselben Inhalt?

Teils, teils. Unsere Content-Strategie ist ein Hybrid aus lokalen und globalen Inhalten: Wir produzieren Content in den regionalen Standorten und in der Zentrale. Vor allem bei der Videoproduktion, welche wesentlich ressourcenintensiver als beispielsweise Animationen, ist, versuchen wir, gemeinsame Produktionen auf Basis der regionalen Briefings und globalen Kampagnen, zu machen. Würde jedes Land einzeln Content in Auftrag geben, wäre das nicht nur teuer, sondern auch ineffizient. Unsere Autos sind schließlich in vielen Ländern identisch.

Jede Region hat bei uns einen bis zwei Social-Media-Manager, die für die Begeisterung ihrer Audiences verantwortlich sind. Daher werden auch einige Inhalte nur für die Regionen erstellt, die wir selbst aufschnappen oder vom Flottenmanagement gebrieft bekommen. So ein Stadtgeburtstag hat beispielsweise einen sehr dedizierten Interessentenkreis. Diese Inhalte speichern wir dennoch auch zentral ab und produzieren damit einen stetig wachsenden Pool aus zentralem und regionalem Content, aus dem wir wiederum neuen Content machen können.

Auf welche landesspezifischen Dinge achten Sie beim Content?

Wir haben festgestellt, dass es durchaus regionale Eigenheiten gibt: In den südlicheren Ländern sollte man beispielsweise eine wesentlich emotionalere und „more colorful“ Sprache verwenden als ich es als Zentraleuropäer für richtig halten würde. Daher benutzen wir beispielsweise in Spanien Ausrufezeichen und in Deutschland nicht. Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von Models: Sobald wir Südeuropäer in den Bildern und Videos zeigen, verdoppeln sich die Engagement-Raten in den südlichen Ländern. Ein besonderes Land sind die USA, welche total allergisch auf Bilder eines europäischen Smarts reagieren.

Man trifft da auch sehr viele Eigenheiten und lernt wirklich viel über kulturelle Gemeinsamkeiten und Besonderheiten. Ein weiterer Punkt, warum ich den Job so gern mache.

Sie haben einige Social-Media-Kanäle und pro Land einen Manager dafür. Wie groß ist ihr Team genau?

Normalerweise haben wir immer eine Person, einen Social-Media-Manager, der für die jeweilige Region verantwortlich ist und, je nach Land, auch Support durch einen Werkstudenten oder Praktikanten bekommt. Sprache und Kultur sind hier entscheidend. In Summe sind wir 15 Personen, die sich um Social Media in der Share-Now-Welt kümmern. Das klingt erst einmal viel, relativiert sich aber wieder, wenn man bedenkt, dass es über zehn Sprachen in 14 Ländern sind.

Manche Regionen eignen sich für Synergien: London wird aus Amsterdam mit gemanaged. Auch Brüssel und Paris macht insgesamt nur eine Person, und Deutschland und Österreich werden im allgemeinen Sprachgebrauch schon als DACH zusammengeführt.

Disziplinarisch sind wir aber alle ein einziges Team. Die Kollegen hängen, in unserem „Operating Model“ an mir und der Zentrale, auch wenn viele ausschließlich remote, zum Beispiel in Rom, Austin oder Madrid arbeiten. Meine Aufgabe in unserem Team ist es, dass die Teammitglieder maximal viel miteinander sprechen und sich intensiv austauschen: Was funktioniert gut in ihrem Land? Was ging richtig schief? Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig begeistern, mit auf die Reise nehmen und die Insights austauschen. Außerdem macht es viel mehr Spaß in einem Team von Gleichgesinnten zu arbeiten, als der „Social Media Alien“ in der Region zu sein.

Das heißt, wenn einer krank wird oder Urlaub hat, übernimmt das dann ein anderes Land mit?

Genau. Dann ist ein bisschen Free-Floating-Rock’n’Roll-Startup-Modus. Wenn der Kollege für Amsterdam krank wird, kann zum Glück die Kollegin aus Brüssel übernehmen. Gleichzeitig, wenn die Kollegin in Brüssel mal krank werden sollte, spricht der Kollege in Stuttgart auch hervorragend Französisch und kann zumindest für die Nutzer da sein. Es gibt also immer einen Back-up-Plan. Wir haben es glücklicherweise geschafft, dass wir alle Sprachen redundant haben, damit wir unsere Nutzer nie hängen lassen müssen.

Wie wird der Content auf die verschiedenen Kanäle abgestimmt? Findet man auf jedem Kanal die gleichen Inhalte oder werden die nativ für den jeweiligen Kanal produziert?

Wir versuchen unseren Content so breit und hoch wie möglich aufzustellen: Wir haben seit September einen neuen Kollegen, der inhouse für uns Videos produziert, und er achtet ganz deutlich darauf, dass die Inhalte hochkant funktionieren. In die Breite hinzuzufügen, ist wesentlich leichter als zu beschneiden. Dafür produzieren wir alle Filme direkt in 5K und haben auch entsprechende Produktionstechnik angeschafft. Damit sind wir für Story, Feed, Post, Tweet und vieles weitere stets gewappnet.


Die Chance, aus erster Hand Einblicke in die Social-Media-Arbeit von Share Now zu erlangen, haben Sie auf der 15. Social Media Management Tagung am 2. und 3. Dezember in Berlin. Dort referiert Maximilian Ehlers zum Thema „Katzenvideos überall! Social Media Content Identifikation, Generierung und Orchestrierung für eine weltweit agierende Brand“.