Faxe dicke

Zuckerbrot und Peitsche

Es ist nicht so, dass die PR und ich nun allerbeste Freunde geworden sind, aber das schlimmste Ding steht nicht mehr zwischen uns. Es ist das Faxgerät. Bei meiner ersten Festanstellung im Berliner Büro der FAZ teilte sich das Sportressort ein Faxgerät mit Kollegen aus der Wirtschaft. Und wenn ich mal ein Telefonat für die Kollegen der Wirtschaft übernahm, konnte ich nach einer Weile den ersten Satz der anrufenden PR-Agentur mitsprechen: „Ich wollte mal nachfragen, ob unser Fax angekommen ist.“

Meistens kamen diese Anrufe, wenn alle meine Kollegen gerade zu Recherchen aufgebrochen waren. Ich wollte natürlich nicht unhöflich sein und die Antwort nicht schuldig bleiben. Nur stand das Fax zwei entfernte Ecken weiter, und ich weiß nicht, wie viele Zeilen ich nie geschrieben habe, weil ich gerade durch die Flure lief, um nach Faxen zu suchen.

Mit dem Ende der Faxe kann sich die Beziehung zwischen Journalisten und PR nun endlich aufs Wesentliche konzentrieren. Zum Beispiel auf die kurioseste Anfrage. Die bekam ich in meiner Zeit beim Tagesspiegel von einer international tätigen Agentur. Vor einer Fußball-WM machte die ein superexklusives Angebot, das wir auf keinen Fall ausschlagen könnten. Wir dürften das Logo der WM, das Maskottchen und den offiziellen Schriftzug verwenden. Und das für fast geschenkte 30.000 Dollar.

Ich muss mich noch entscheiden, was für mich das Kurioseste daran war. Die Summe? Oder die Chuzpe, mit der mir die Kollegin am Telefon diesen Schrott als Gold verkaufen wollte? Hat sie wirklich geglaubt, es würde eine Tageszeitung aufwerten, dass irgendein deformiertes Maskottchen durch die Seiten hüpft?

So. Erst mal genug aufgeregt. Und eigentlich wäre es interessant, auch mal von der anderen Seite eine Auswahl an Kuriositäten zu hören. Zum Beispiel: „Der größte Blödsinn, der aus unserer Pressemitteilung gemacht wurde …“.*

Im Sport habe ich auf jeden Fall die ganze Qualitätsskala von unten bis oben kennen gelernt. Pressesprecher etwa, die eigentlich Presseschweiger waren. Fast nie zu erreichen, und wenn, dann mit einer Freundlichkeit, die umgekehrt proportional zum Umsatz ihres Arbeitgebers war. Das heißt: vor allem im Profifußball anzutreffen.

Am anderen Ende der Skala gibt es Pressesprecher, die mit Freude guten Journalismus möglich machen wollten. Da fällt mir Simone Hinz vom Deutschen Tischtennis-Bund ein, deren Pressemitteilungen so lesenswerte Geschichten waren, dass sie − pardon, liebe Kollegen − viele Zeitungsberichte übertrafen. Oder Pressesprecher, die den ganzen Sportbetrieb einfach mal richtig durchdacht haben, anzutreffen zum Beispiel im Deutschen Leichtathletik-Verband, bei der Deutschen Sporthilfe oder beim Deutschen Olympischen Sportbund.

Bei ihnen ist jedenfalls der vielleicht schönste sportliche Wert noch nicht ausgestorben: die Fairness.

* Haben Sie Beispiele aus Ihrem Alltag für solchen „Blödsinn“, liebe Leser? Dann senden Sie sie uns an info@pressesprecher.com!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe SPIELEN. Das Heft können Sie hier bestellen.

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