Die Berliner Wasserbetriebe – "Nicht hip, aber bodenständig"

Frau Glücksmann, welche Herausforderungen kamen in letzter Zeit auf die Berliner Wasserbetriebe zu?

Catrin Glücksmann: Wir hatten externe Veränderungen, die auf uns einwirkten – wir sind rekommunalisiert worden. Dann haben wir ein Verfahren mit dem Bundeskartellamt beendet und den Berlinern ein Preisversprechen für sinkende und stabile Preise bis 2018 gemacht. Das sind Faktoren, die starken Druck auf das Unternehmen ausgeübt haben. Dadurch haben wir einen internen Reorganisationsprozess angestoßen und uns auch mit der strategischen Ausrichtung bis 2020 beschäftigt.

Sie hatten den günstigen Fall, dass die Unternehmens- mit der Kommunikationsstrategie korrelierte. Wie haben sie diese unter einen Hut gebracht?

(lacht) Tatsächlich, das war günstig, da ich an beidem mitgearbeitet habe. Bei der Entwicklung der Strategie war dem Vorstand bewusst, dass für einen Wasserversorger und Abwasserentsorger Nachhaltigkeit eine zentrale Botschaft ist, und das nicht nur ökologisch. Wir haben Nachhaltigkeit für unsere Strategie als „Dach“ begriffen.Und früh beobachtet, ob beispielsweise ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit bei den Teilstrategien wirklich zueinanderpassen. So konnte Nachhaltigkeit auch nachhaltig verankert werden, inhaltlich und kommunikativ.

Das Land Berlin zahlte 1,2 Milliarden Euro für den Rückkauf der BWB-Anteile. Wie haben Sie den Berlinern gezeigt, was sie für ihr Geld bekommen?

Wichtig war, so aufzutreten, wie es zum Unternehmen und zur Erwartungshaltung der Berliner und Berlinnerinnen passt. Die Wasserbetriebe sind nicht hip, nicht schick, sie sind bodenständig und sympathisch – wie das Wasser aus der Wand, sie sind für jeden da. Und wer könnte das besser verkörpern als die Mitarbeiter, die für diesen zuverlässigen Service tagtäglich sorgen.

Sie haben für die Kampagne Ohne uns läuft nix  ihre  Mitarbeiter als Testimonial rekrutiert, und somit die Veränderungen gleichzeitig nach innen und außen kommuniziert. Wie hat die Belegschaft reagiert? Gab es Widerstände?

Ich bin mit meinem Team zu den Mitarbeitern hingegangen. Das war auch nicht das erste Mal, wir besuchen sie öfter auf der Betriebsstelle oder im Werk. Wir haben diese Infoveranstaltung auch sehr locker gehalten, und Streuselschnecken und Kaffee mitgebracht. Einen unserer Kanalarbeiter hatten wir vorher auch schon für die Präsentation gewonnen. Das mussten wir sowieso für den Vorstand und den Aufsichtsrat, damit die Idee anfassbar wird. Wir brachten also ein Infopaket mit Bildern und einem Steckbrief mit, und einer Erklärung, was wir vorhaben. Viele haben am Anfang nicht gewusst, wo sie da tatsächlich mitmachen. Sie haben gedacht: „Klingt ja nett, mache ich mal ein Foto, fülle den Steckbrief aus und bekomme dann einen Kaffeebecher mit meinem Foto und dem Slogan darauf.“ Aber durch die nachfolgenden Informationen über unser Intranet „Aquanet“, der Mitarbeiterzeitschrift und Flugblätter haben sie erfahren, was daraus wird. Wir haben dann jeden einzelnen gefragt, ob er bereit ist, intern, auf unserer Webseite und auf Facebook und Co. zu sehen zu sein. 260 haben zugesagt und wir hatten auch keinen Shitstorm.

Der Altersdurchschnitt im Unternehmen liegt bei rund 51 Jahren. Wie internetaffin ist denn ihre Belegschaft?

Das nimmt zu. Unser Testimonial, der Kanalarbeiter Mario Sass, benutzt sein Handy jedoch wirklich nur zum Telefonieren und für SMS, andere sind schon weiter – einige haben natürlich auch abgesagt. Sie wollten ihren Namen nicht veröffentlicht wissen. Wir haben wirklich viel erklärt in dem Zusammenhang, Social Media Guidelines entwickelt und diese Netiquette im Intranet und auch auf Papier verbreitet. Die meisten Mitarbeiter erreichen wir nur über Papier oder über die jeweilige Führungskraft, die einen PC hat. Aber insgesamt haben wir uns über eine Aktivierungsrate von elf Prozent gefreut.

Was hat der Personalrat zu Ihrem Vorhaben gesagt?

Wir arbeiten sehr eng zusammen, sind generell sehr offen miteinander. Unsere Personalräte kennen die Mitarbeiter einfach seit 30 Jahren und haben schon oft dafür gesorgt, Veränderungen nachvollziehbar zu machen. Sie gaben uns Empfehlungen, wer am ehesten als Testimonial geeignet ist. Der Personalrat hat uns generell schon den ein oder anderen Stein aus dem Weg geräumt.

Und wie hat die HR-Abteilung zur Kampagne beigetragen?

Auf vielen Ebenen verläuft die Zusammenarbeit sehr gut. Wir, die Kommunikationsabteilung, sind ja auch für das gesamte Personalmarketing zuständig. Die HR-Abteilung hat uns sehr unterstützt und beraten, wie wir das alles rechtssicher machen. Wir sind gute Partner.

Wer hatte die Idee für den Claim „Ohne uns läuft nix“?

Die Idee hatte die Agentur Almaq von Lobenstein. Die ganze PR-Arbeit wie gerade den Nachhaltigkeitsbericht macht jedoch die Agentur Komm.Passion. In unserer Kommunikationsabteilung sind ungefähr 25 Mitarbeiter.

Wie war die Reaktion der User, als die Kampagne online ging?

Wir haben mittlerweile über 40.000 bis 50.000 Klicks bei YouTube, und über 1.500 Freunde – die sind auch sehr aktiv. Und die Interaktionsrate ist mir wichtiger als die Anzahl der Freunde. Wir sind sehr langsam gestartet und hatten beispielsweise unser großes Fest zum verwunschenen Wasserwerk in der Wuhlheide – wir haben 8.000 Berliner dazu gebracht, durch einen Wald zu laufen und danach zu suchen, das war ein großes Fest. Das war wirklich ein toller Moment als “Ohne uns läuft nix” live ging und mich alle anschauten, da war ich schon sehr stolz.

 

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