Coronavirus – "Einordnen, erklären, beruhigen"

Vorbereitung auf die Krise

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am 30. Januar aufgrund des neuartigen Coronavirus (2019-nCoV) eine „gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite“ ausgerufen. Der Schwerpunkt des Ausbruchs liegt in der chinesischen Stadt Wuhan und in der Provinz Hubei. In Deutschland traten bisher wenige Fälle auf. Doch es werden mehr.

In Nordrhein-Westfalen wurden bisher 14 Fälle bestätigt (Stand 28. Februar, 9 Uhr). Thorsten Schabelon, Leiter der Stabsstelle Marketing und Kommunikation am Universitätsklinikum Essen, registriert eine große Unsicherheit. „Niemand wusste anfangs, was uns erwartet. Und diese Unwissenheit sorgte für Unruhe“, sagt er. Schabelon sieht „vereinzelt mediale Übertreibungstendenzen“ und „Clickbaiting“, aber vor allem den Wunsch der meisten Medien, sachlich und faktenorientiert zu berichten. 

Das Klinikum arbeitet eng mit medizinischen Einrichtungen in Wuhan zusammen. Das Medieninteresse ist entsprechend groß. „Unser Anliegen ist zu erklären, fachlich einzuordnen und damit in diesem Fall zu beruhigen“, so Schabelon. Die Uniklinik hat deshalb Medien immer wieder die Infektiologie, die Virologie, die Notaufnahme und die Isolierstation gezeigt und zusätzlich Gespräche mit Experten ermöglicht. Die Botschaft: Das Uniklinikum Essen ist gut vorbereitet. Die etwa 8.500 Mitarbeiter seien mit Sondernewslettern per E-Mail und Social-Media-Posts über das Virus und die richtige Prävention informiert worden. Beunruhigung unter den Patienten gebe es kaum. 

Das Universitätsklinikum Essen wurde mit Fake News konfrontiert. Ein gefälschter Screenshot der Website von „Radio Essen“ suggerierte einen vermeintlichen Coronavirus-Fall. Der Screenshot verbreitete sich abends über eine private Whatsapp-Gruppe. Schabelon: „Unsere Krisenkommunikation hat funktioniert. Wir haben noch vor Mitternacht reagiert und die Sache richtiggestellt. Die Medien sind nicht darauf angesprungen, was auch an einer guten Zusammenarbeit liegt. Sie veröffentlichen nicht wild, sondern checken in einem solchen Fall die Nachricht bei uns gegen.“ In den Sozialen Medien hatten User bis zum Dementi die Falschnachricht geteilt.  

Keine Dienstreisen nach China

Schaeffler beschäftigt in China rund 12.000 Mitarbeiter. In Wuhan unterhält der Automobilzulieferer ein Verkaufsbüro mit sechs Mitarbeitern. Das Unternehmen verhängte einen Dienstreisestopp in die Region. 

„Epidemien oder Pandemien sind Krisenszenarien, auf die wir uns im Rahmen des Krisenmanagements vorbereiten“, erklärt Bettina Lichtenberg, Leiterin der Unternehmenskommunikation. „Im Falle des Coronavirus wurde frühzeitig der regionale wie auch der globale Krisenstab einberufen, was unter anderem schon am 23. Januar zu dem Entscheid des Reisestopps von und nach China für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führte.“ Die Ferien rund um das chinesische Neujahrsfest musste Schaeffler verlängern. Die zehn Werke standen still. 

Lichtenberg notiert ein erhebliches Informationsbedürfnis bei den Mitarbeitern. Zentrale Informationsplattform sei das Intranet. Hier finden Mitarbeiter unter anderem Q&As, Empfehlungen zur Hygiene und Ankündigungen wie den Flugstopp. „Insbesondere die Kollegen in China haben auf ihren Kommunikationskanälen, vor allem WeChat, weiterführende Informationen veröffentlicht, die beispielsweise besondere Schutzmaßnahmen zum geplanten Wiederanlauf der Produktion in den dortigen Werken enthalten“, erklärt Lichtenberg. Es gibt einheitliche Sprachregelungen für Mitarbeiteranfragen.

Fürsorgepflicht 

„Wir haben Unternehmen recht früh empfohlen, das Thema in die interne Kommunikation zu integrieren“, erklärt Frank Schönrock, Managing Director Issues & Public Affairs bei der Agentur BCW (Burson Cohn & Wolfe). „Zum einen durch Hinweise an Mitarbeiter, Reisen nach China wenn möglich zu unterlassen und auf Videokonferenzen auszuweichen. Zum anderen sollte Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber versichert werden, dass Kolleginnen und Kollegen in den betroffenen Regionen nicht im Stich gelassen werden, indem sie lokal unterstützt oder aus der Region herausgeholt werden.“ Unternehmen hätten eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern, diese ein Informationsbedürfnis. Die Firmen sollten sich darauf vorbereiten, dass es möglicherweise Infizierte gibt. Auch darauf, wie sie damit umgehen, wenn Werke ausfallen. 

Sind Unternehmen auf Pandemien vorbereitet? Schönrock: „Das kommt meiner Erfahrung nach sehr auf die Branche und die Herkunft des Unternehmens an. Reiseanbieter, Luftfahrtgesellschaften, Pharmaunternehmen – Unternehmen dieser Branchen haben das Thema häufiger auf der Agenda als andere.“ Firmen mit Hauptsitz in den USA sieht er besser aufgestellt als deutsche Unternehmen. Insbesondere der Mittelstand hänge hinterher. Produktkrisen würden in der Krisenprävention dominieren.


 

Dieser Artikel stammt aus dem aktuellen Printmagazin “CEO-Kommunikation” und wurde entsprechend der Nachrichtenlage angepasst. Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus finden Sie auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe CEO-KOMMUNIKATION. Das Heft können Sie hier bestellen.

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