Cash Cows nicht mehr „snackable“

Corporate Publishing

Es war nicht der größte, aber der bemerkenswerteste Medien-Deal der vergangenen Wochen: Axel Springer verkauft seine Content-Marketing-Tochter Corporate Solutions an Vogel Communications. Abgesehen davon, dass die Übernahme für das bislang eher auf Fachmedien konzentrierte Würzburger Unternehmen einen gewaltigen Schritt darstellt, zeigt die Transaktion vor allem: Content Marketing aka Corporate Publishing ist für die großen Verlage nicht mehr attraktiv. Dabei war es jahrelang ein lukratives Zubrot.

Für Axel Springer passen die Corporate Solutions, deren Macher Frank Parlow und Lutz Thalmann zweifellos eine Erfolgsgeschichte geschrieben haben, strategisch offenbar nicht mehr ins Portfolio. Das Berliner Unternehmen hatte zuvor bereits die Jobbörse Stepstone und andere Geschäfte an Investoren abgegeben. Gruner + Jahr wiederum trennte sich unlängst von der Branchengröße Territory, die nach der Eingliederung in den RTL-Konzern zur großen Mutter Bertelsmann wanderte. Dort wurden dann erstmal Jobs abgebaut. Die Zukunft ungewiss.


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Axel Springer Corporate Solutions und noch mehr Territory gehörten neben der Burda-Tochter C3 stets zu den Abräumern beim Branchenpreis „Best of Content Marketing“ (früher „Best of Corporate Publishing“). Wir sprechen also von Marktführern. Allerdings in einem Markt, der unter Druck geraten ist. Content Marketing lebt. Aber inzwischen vor allem auf Social Media und auf Youtube. Dorthin gehen die großen Etats – und sie prägen die Gewohnheiten: Content müsse „snackable“ sein, heißt es gerne.

Die Furcht vor Langatmigkeit ist allgegenwärtig. „Long-Read-Texte“ haben es da schwer. Beispiel Deutsche Bahn: Nach der Einstellung des gedruckten Vorzeige-Magazins „DB Mobil“ im Jahr 2023 – ein Fanal für die Branche – wurde mangels Reichweite später auch die digitale Ausgabe beendet. Stattdessen investierte die Bahn einen Teil ihres Marketing-Budgets in die Filmreihe „Bahnsinn Riedbahn“ und zuletzt in die viel beachtete Serie „Boah, Bahn!“ mit Anke Engelke.

Magazine sind digital zu schwach

Das ist ein Hochglanzbeispiel, das stellvertretend für viele Publikationen steht. Die Digitalisierung führt dazu, dass Printprodukte nicht nur bei den klassischen Medien zu Auslaufmodellen werden, sondern auch im Corporate Publishing eingestellt oder zumindest infrage gestellt werden. Online wiederum sind die Reichweiten digitaler Unternehmensmagazine meist bescheiden.

Gleichzeitig ist die Bedeutung von PR so gut wie ungebrochen – ungeachtet von den wirtschaftlichen Problemen vieler Medienunternehmen. Die teils großspurig verkündeten Visionen prominenter Konzern-Kommunikatoren, man bräuchte aufgrund eigener Medien den Journalismus nicht mehr, haben sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Zudem haben viele Unternehmen verstärkt in die interne Kommunikation investiert. Apps und Newsangebote sind dort die Regel geworden. Zwischen Social, Bewegtbild, Medienansprache und Internem bleiben wenig Platz und Geld für klassisches Corporate Publishing. Wenn Text, dann bitte schön Corporate-Blogs.

Diesen Trend erkennen auch die Magazin-Platzhirsche. So wirbt Springers Corporate Solutions auf der eigenen Seite auch mit einer Intranet-Lösung, einem Jahresbericht und einer neuen Website. Die Magazine (beispielsweise für Arte und Roland Berger) sind nur ein Teil des Angebots. Wer weiß, wie lange das noch so ist?

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