Bloomberg verzichtet auf Investigativrecherchen

US-Präsidentschaftswahlkampf

Am Wochenende wurde bekannt, dass der Medienunternehmer Michael Bloomberg in das Rennen um die US-Präsidentschaft einsteigt. Damit ist er relativ spät dran: Seine Mitbewerber gaben ihre Kandidatur bereits Anfang des Jahres bekannt; die ersten Vorwahlen werden bereits in weniger als drei Monaten stattfinden.

Dass seine Kandidatur deshalb aussichtslos ist, muss Bloomberg jedoch nicht befürchten: Dem Gründer des nach ihm benannten Finanz- und Medienimperiums stehen für seine Kampagne, die er komplett selbst finanzieren will, erhebliche Mittel zur Verfügung.

Aufgrund seiner finanziellen Überlegenheit kommt Bloombergs späte Kandidatur bei seinen Mitbewerbern nur begrenzt gut an. Sie werfen ihm unlauteres Verhalten vor: „Ich glaube nicht, dass es in der Demokratie darum gehen sollte, dass Leute hereinkommen und Wahlen kaufen“, kommentierte Elizabeth Warren die Ankündigung.

Schärfere Worte wählte Bernie Sanders: Es widere ihn an, dass Michael Bloomberg – oder jeder andere Milliardär – glaube, den politischen Prozess umgehen und Millionen Dollar darauf verwenden zu können, Wahlen zu kaufen, wetterte er.

Bedenken gibt es jedoch nicht nur in Bezug auf Bloombergs Finanzkraft. Sorge ruft auch sein Einfluss auf sein Nachrichtenimperium hervor. Bloomberg News ist eine der größten Nachrichtenagenturen der Welt und beschäftigt rund 2.700 Reporter und Redakteure. Laut Chefredakteur John Micklethwait habe zuvor noch kein anderer Präsidentschaftsbewerber eine journalistische Organisation dieser Größenordnung besessen.

Um den Eindruck zu vermeiden, dass die Agentur ihren Haupteigner begünstige, hat man sich für die Berichterstattung über den Wahlkampf nun Verhaltensregeln auferlegt. In einem internen Schreiben von Micklethwait an sein Personal heißt es unter anderem, Leitartikel der Agentur hätten bisher Bloombergs Meinung widergespiegelt. Künftig jedoch solle es nur noch namentlich gezeichnete Meinungsbeiträge geben.

Bloomberg Editor-in-Chief John Micklethwait just sent this note to staffers: “There is no point in trying to claim that covering this presidential campaign will be easy for a newsroom that has built up its reputation for independence in part by not writing about ourselves…” pic.twitter.com/RvfvpsZgDV

— Oliver Darcy (@oliverdarcy) 24. November 2019

Weiterhin werde man die „Tradition“ fortsetzen, keine investigativen Recherchen zu Bloomberg zu betreiben. Für seine demokratischen Mitbewerber gelte das ebenfalls, nicht jedoch für US-Präsident Donald Trump und seine Regierung.

„Wir können Mikes demokratische Konkurrenten nicht anders als ihn selbst behandeln“, schreibt Micklethwait. Sollte Bloomberg die demokratische Vorwahl jedoch gewinnen und in der Präsidentschaftswahl gegen Trump antreten, könnte die Agentur auch von investigativen Recherchen gegen den amtierenden Präsidenten absehen.

Die Entscheidung stellt einen Eingriff in die Berichterstattung der Agentur dar, die einigen Journalisten sauer aufstoßen könnte. Einige ehemalige Mitarbeiter kritisierten sie bereits scharf. Megan Murphy, ehemalige Leiterin des Washingtoner Büros, gab an, dass ihr ein ähnliches Schreiben gezeigt wurde, als Bloomberg bereits 2016 in Betracht zog, für die Präsidentschaft zu kandidieren. „Mir war klar, dass ich kündigen würde, sobald es veröffentlicht wird“, so Murphy. Kathy Kiely, damals Chefin von „Bloomberg Politics Washington“, verließ die Organisation 2016 bereits aus diesem Grund.

Ein ungenannter ehemaliger Redakteur von „Bloomberg Businessweek“ bezeichnete die Entscheidung im britischen Guardian als „erschütternd“. Journalisten bei Bloomberg News würden „verdammt noch mal Besseres verdienen“.

Als Bloomberg zu Beginn des Jahres nach einer möglichen Kandidatur befragt wurde, gab er noch an, sich im Fall eines Einstiegs in den Wahlkampf von seinen privaten Unternehmen sowie seiner gemeinnützigen Stiftung „trennen“ zu wollen. Ob er dies weiterhin vorhat, ist bisher noch nicht klar. Laut Guardian hätten sich seit Präsident Jimmy Carter, der das Amt von 1977 bis 1981 innehatte, alle Präsidenten von Anlagen getrennt, die Interessenkonflikte verursachen könnten – bis auf Donald Trump.

 

 

Weitere Artikel