Die Arbeitswelt ist im Wandel. Die Coronapandemie hat Arbeitsrealitäten verändert und einen Digitalisierungsschub gebracht. Neben allen Einschränkungen hat sich gezeigt, dass bei Büroarbeit durchaus mehr Flexibilität gelebt werden kann, ohne dass wichtige Prozesse Schaden nehmen. Gleichzeitig hat ein Umdenken eingesetzt. Mehr Lebensqualität wird eingefordert. Die Teilzeitquote ist gestiegen. Hinzu kommen demografische Entwicklungen, die sich zunehmend im Arbeitsmarkt niederschlagen. Die Bundesagentur für Arbeit stellt einen akuten „Arbeits- und Fachkräftemangel“ in Deutschland fest. Laut „Arbeitsmarktbarometer 2024“ der Personalvermittlung Manpower Group fällt dieser im weltweiten Vergleich von 41 Industrienationen hierzulande nach Japan am zweithöchsten aus.
Die Berufsfeldstudie des Bundesverbands der Kommunikatoren (BdKom) und der Quadriga Hochschule hat sich intensiv damit beschäftigt, wie die Arbeitswelt und der Arbeitsmarkt in der Kommunikationsbranche 2024 aufgestellt sind.
71 Prozent der Befragten sind der Überzeugung, dass es in den vergangenen fünf Jahren immer schwieriger geworden ist, freie Stellen zu besetzen. Nur jeder Vierte findet, dass sich nichts Gravierendes verändert hat. Eine Verbesserung stellen sogar nur fünf Prozent fest.
Ein Ergebnis der Studie ist: Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist im Bereich PR und Kommunikationsmanagement angekommen. Heute verzeichnet etwa jede zweite Kommunikationseinheit Probleme bei der Besetzung freier Stellen mit ausreichend qualifiziertem Personal. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen leiden. Großunternehmen kommen etwas besser weg, aber auch dort ist die Herausforderung spürbar, Stellen zu besetzen.
Besonders gefragt sind Kommunikationsexpert*innen mit mehrjähriger Berufserfahrung. © Quadriga Hochschule Berlin/BdKom
Kommunikationsexpertinnen und -experten mit mehrjähriger Berufserfahrung sind derzeit offenbar besonders rar und gefragt. Aber selbst genügend Berufseinsteiger oder auch Hilfskräfte zu finden, ist nicht mehr überall selbstverständlich.
Das alles führt auf Arbeitgeberseite zwangsläufig zu einem stärkeren Wettbewerb um Fachkräfte. Um dabei bestehen zu können, bietet man neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern häufig mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten oder beim Arbeitsort und natürlich höhere Gehälter.
Flexible Arbeitsmodelle unabdingbar
Solche Angebote sind heute also kein „Nice-to-have“ mehr. Sie sichern zunehmend die Arbeitsfähigkeit von Kommunikationseinheiten ab, indem sie das Recruiting unterstützen, aber natürlich auch aktuelle Beschäftigte vom Jobwechsel abhalten.
Die Möglichkeiten einer flexiblen Gestaltung der Arbeitswelt sind vielfältig. Dazu gehören alternative Regelungen zum Arbeitsort, allen voran Homeoffice (Remote Work) oder Workation. Hinzu kommen flexible Arbeitszeitmodelle, zum Beispiel die Nutzung von Arbeitszeitkonten oder Arbeitswertkonten, Sabbaticals (unbezahlter Sonderurlaub, um eine längere berufliche Auszeit zu realisieren), Vertrauensarbeitszeiten (Arbeiten ohne Zeiterfassung) oder Vertrauensurlaub (flexible, auch vom Umfang her nicht fixierte Urlaubszeiten).
Fast alle der befragten Kommunikationsfachleute geben an, im Homeoffice arbeiten zu können. © Quadriga Hochschule Berlin/BdKom
Die Berufsfeldstudie hat untersucht, wie verbreitet solche Modelle inzwischen im PR-Sektor sind. So bieten heute fast alle Kommunikationseinheiten in Deutschland die Möglichkeit, zumindest tageweise im Homeoffice zu arbeiten. Wir haben uns daher noch intensiver mit der Frage befasst, wie und wo Homeoffice-Modelle eingesetzt werden, welche Erwartungen bestehen und welche Entwicklungen es gibt.
Mehr Remote-Arbeit gewünscht
Während vor Corona 37 Prozent der Kommunikationseinheiten gar keine Remote-Option ermöglichten, verlagerten weite Teile des Berufsfelds ihre Tätigkeit während der Pandemie ins Homeoffice – 53 Prozent sogar komplett. Heute hat sich die Situation etwas ausdifferenziert. Die meisten Kommunikationsmanagerinnen und -manager (47 Prozent) praktizieren ein weitgehend ausgeglichenes Verhältnis zwischen Büropräsenz und Arbeit von zu Hause aus.
Ein großer Teil der Beschäftigten im Kommunikationssektor möchte gern mehr remote arbeiten, als es der Arbeitgeber gegenwärtig zulässt. Hier sollten also Unternehmen und Institutionen noch mehr Flexibilität wagen.
2024 liegt das durchschnittliche Bruttogehalt (Median) einschließlich aller variablen Bestandteile für Vollzeitbeschäftigte bei 78.000 Euro pro Jahr. Median bedeutet, die Hälfte der Einkommen liegt über und die andere unter dem Wert. © Quadriga Hochschule Berlin/BdKom
Homeoffice oder mobiles Arbeiten können in den jeweiligen Organisationen von recht unterschiedlichen Arrangements geprägt sein. 66 Prozent der Kommunikationseinheiten haben eine Mindestpräsenzpflicht im Büro. Gibt es eine solche, liegt sie mehrheitlich im Bereich zwischen 26 und 60 Prozent.
In 42 Prozent der Fälle sind Führungskräfte häufiger im Büro als Beschäftigte ohne Führungsverantwortung. 28 Prozent der Kommunikationsabteilungen sehen eine höhere Büroanwesenheit für ausgewählte Funktionsträger vor.
Konsequente Digitalisierung
Auch wenn es zuletzt von einigen großen Unternehmen einen medienwirksamen Aufruf „zurück ins Büro“ gab, wird es einen Weg in die Zeit vor Corona definitiv nicht geben. Das hat zuletzt auch das Münchner Ifo-Institut festgestellt. Danach planen insgesamt nur wenige Unternehmen in Deutschland wieder strengere Regeln. Andere wollen sogar weiter lockern. Das gilt gleichfalls für die PR. Auch hier mögen einige nach mehr Büroarbeit rufen. Aber wie die Studiendaten zeigen, ist das weder notwendig, noch wird es von der Mehrheit der Kommunikationsschaffenden überhaupt gewollt.
Stattdessen ist der Wunsch, dass es einen sinnvollen Mix aus Homeoffice und Büropräsenz gibt. Eine Anwesenheit im Büro erscheint vor allem dann sinnvoll, wenn es um kreative, schöpferische respektive kollaborative Aufgaben geht. Überall dort, wo Zusammenarbeit wichtig ist, um neue Lösungen zu finden, aber auch kritische Themen oder Veränderungen abzustimmen und einzusteuern, hat die physische Präsenz eines Einzelnen einen positiven Effekt.
Kommunikation häufig nicht ausreichend eingebunden
Kommunikation als Führungsaufgabe – dieses Selbstverständnis vertritt der BdKom schon seit Langem. Blickt man konkret in die Organisationen, dann sind 2024 elf Prozent der Kommunikationseinheiten auf höchster Leitungsebene angesiedelt. 78 Prozent sind als zentrale Organisationseinheit für PR/Kom direkt unterhalb der Unternehmens-/Organisationsleitung und nur wenige dezentral und nachrangig organisiert. Dennoch gibt es auf der konkreten Arbeitsebene Probleme: Vielerorts ist PR/Kommunikationsmanagement noch nicht genügend strategisch ausgerichtet und integriert. Kommunikation wird zu wenig akzeptiert. 35 Prozent der Befragten kommen sich eher wie eine Verlautbarungsstelle vor. 37 Prozent beklagen fehlende Durchsetzungsmöglichkeiten, 47 Prozent mangelnde Abstimmung und 51 Prozent ein fehlendes strategisches Verständnis für Kommunikation auf Leitungsebene.
Die Studienreihe „Kommunikationsmanagement“ entsteht in Kooperation von BdKom und der Quadriga Hochschule Berlin. Seit 2005 werden regelmäßig die Strukturen des Berufsfeldes in Deutschland, Karrierewege, Position, Gehälter und Einstellungen der PR-Schaffenden sowie Rahmenbedingungen per Online-Befragung erhoben. Die Reihe ist eine der umfassendsten PR-Studien weltweit. 1.719 PR-Manager und -Managerinnen nahmen teil. Die Studiendaten wurden zwischen dem 4. März und 4. April 2024 erhoben.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Brands. Das Heft können Sie hier bestellen.