Lange vorbereiteter Wechsel

Agenturen

Herr Horn, Sie wurden zum 1. Juli CEO von OSK. Vorher waren Sie mehr als 25 Jahre für Automobilunternehmen und -zulieferer tätig – zuletzt für ZF Friedrichshafen. Warum der Wechsel in die Beratung?

Horn: Ich kann nicht sagen, dass das ein natürlicher Schritt war. Theoretisch hätte ich auch bei ZF bleiben können. Das ist ein herausragendes Unternehmen. Über das Angebot, Olivers Nachfolger zu werden, haben wir beide bereits vor etwa zwei Jahren gesprochen. Wir arbeiten seit 1997 in verschiedenen Konstellationen zusammen, so dass ich auch die Veränderungen der Agentur miterlebt habe. Als Kunde hatte ich sogar einen Anteil daran, wie sich die Agentur entwickelt hat. Gereizt haben mich vor allem der Perspektivwechsel und die Vielfalt: Jetzt in eine der führenden Kommunikationsberatungen in Deutschland mit einem breiten Kundenportfolio zu wechseln. Ich kenne die maßgeblichen Player auf Industrieseite und ich bin mir sicher, dass ich mit meiner Erfahrung aus der Automobil- und Zulieferindustrie noch mal einen Mehrwert bieten kann. Ich freue mich aber auch darauf, mit Kunden zusammenzuarbeiten, die nicht aus der Automotive-Branche kommen.

Sie waren lange für Mercedes-Benz beziehungsweise den Daimler-Konzern tätig. Mercedes ist der größte Kunde von OSK. Inwieweit hat das Ihre Entscheidung beeinflusst?

Horn: Ich bin nach wie vor der Marke Mercedes-Benz sehr verbunden. Die Aussicht, wieder viel Zeit mit den Protagonisten auf der Mercedes-Seite zu verbringen, war für mich ein wesentlicher Anreiz. ZF ist stark im Automotive-Segment, hat aber zusätzlich eine große Industrie-Division. Die Markenkommunikation für einen Automobilzulieferer zu machen, unterscheidet sich fundamental von der Markenkommunikation für ein Unternehmen wie Mercedes-Benz, das die Endkunden erreichen muss. Beides machen zu können ist eine große Bereicherung. Ausschlaggebend für mich waren aber auch der Faktor Köln, meine Heimatstadt, und die Nähe zu meiner Familie.

Im August gab es die Meldung, dass Mercedes-Benz den Vertrag mit seiner Customized Agency Team X verlängert. OSK ist Teil davon. Wie funktioniert das Konstrukt? Was macht OSK für Mercedes?

Schrott: Vor vier Jahren hat Mercedes beschlossen, dass sie eine weltweite integrierte Agenturlösung haben wollen. Mercedes hatte damals Marketing und Kommunikation unter der Leitung von Bettina Fetzer zusammengelegt, das sollte durch eine entsprechende Agenturaufstellung ergänzt werden. Zu einer Luxusmarke gehört heute, dass sie weltweit einheitlich geführt wird und mit denselben Botschaften und einer einheitlichen Bildsprache auftritt. Der neue Agenturpartner sollte das ganze Spektrum abdecken – global. Den Pitch hat Omnicom gewonnen, die dann unter dem Namen team x eine Customized Agency für Mercedes gebaut haben – mit Media, Performance-Marketing, Social und unter Integration der langjährigen Agenturpartner Antoni als Kreativagentur in Berlin und OSK für PR, Kommunikation und Events.

Ihre Agentur arbeitet seit 23 Jahren für Mercedes-Benz. Vorstands- und Kommunikationschefs haben dort mehrfach gewechselt. Sowieso wollen Unternehmen häufig allein aus strategischen Gründen mal eine neue Agentur ausprobieren. Wie ist es Ihnen gelungen, diesen Etat so lange zu halten?

Schrott: Sie haben Recht: Einen großen Kunden zu gewinnen ist leichter, als ihn lange zu behalten. Unsere Zusammenarbeit mit Mercedes-Benz besteht seit 2001. Das funktioniert über eine so lange Zeit nur, wenn man partnerschaftlich zusammenarbeitet. Wir haben Mercedes über all die Jahre als hervorragenden Partner kennengelernt und wir haben die Partnerschaft genauso offen und ehrlich gelebt. Die Qualität einer Agentur hat viel mit Kontinuität zu tun. Wenn Unternehmen permanent die Agenturen wechseln oder in den Agenturen selbst zu viele personelle Wechsel haben, geht Know-how verloren. Die Herausforderung ist aber, zusätzlich innovativ zu bleiben. Mercedes wollte immer die beste Kommunikation machen. Und wir haben uns ein Stück weit auch immer wieder neu erfunden.

Horn: Das Ziel auf beiden Seiten war immer, neue Standards zu setzen. Die Beziehung ist hochambitioniert gestartet und hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. In 23 Jahren hat sich auch Kommunikation sehr verändert – Kunde und Agentur mussten sich entsprechend ebenfalls ändern. Die Zusammenarbeit hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, weil beide Partner immer ambitioniert geblieben sind.

Herr Schrott, Sie haben die Agentur 31 Jahre lang geleitet. Sie trägt Ihren Namen. In einer solchen Konstellation überlegt man sich die Nachfolgeregelung besonders gut. Welche Voraussetzungen musste Ihr potenzieller Nachfolger mitbringen?

Schrott: Als wir vor drei Jahren Teil von Omnicom und dann von Team X wurden, war klar, dass sich die Agentur von einer inhabergeführten zu einer managementgeführten entwickeln würde. Damit stand auch fest, dass sich meine Rolle mittelfristig verändern würde. Für meine Nachfolge gab es aber nie eine Job Description, weil sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt konkret geplant war, sondern sich ergeben hat. Christoph Horn und ich kennen uns sehr lange. Wir haben die gleichen Werte, ergänzen uns aber auch vom Know-how her sehr gut. Als wir dann erste Gespräche geführt haben, konnte ich mir schnell vorstellen, dass er meine Rolle übernehmen kann.


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Was war für Sie entscheidend?

Schrott: Zwei Punkte. Erstens: ein hohes Maß an Kontinuität. Dass er die Agentur kennt und das, was sie auszeichnet, schätzt und weiter pflegt. Zweitens: Dass er mit eigenen Vorstellungen in die Agentur kommt und OSK neue Impulse geben kann. Wenn man eine Agentur aufgebaut hat, mag man in der Regel, was und wie man es macht. Das noch mal in Frage zu stellen an einem Punkt, an dem die ganze Welt sich verändert, unsere Kunden sich verändern, Kommunikation sich rasant verändert und Budgets knapper werden, halte ich für entscheidend.

Wie wichtig war es, dass Ihr Nachfolger Automotive-Erfahrung mitbringt?

Schrott: Automotive war für mich natürlich ein zentraler Punkt. Mit unserer DNA in Technologie- und Automotive-Kommunikation muss der neue CEO dieses Themenfeld von A bis Z beherrschen – von der technischen, der kommunikativen und der medialen Seite her. Dass Christoph ausgerechnet unsere großen Kunden Mercedes-Benz und ZF sehr gut kennt, waren natürlich weitere Punkte, die für ihn gesprochen haben. Dazu kommen seine langjährige Unternehmenserfahrung und Beratungsstärke. Wir haben in den vergangenen Jahren unsere strategische Beratungskraft gezielt ausgebaut. Ich bin überzeugt, dass uns Christoph an dieser Stelle weiter stärken kann.

Horn: Oliver und ich haben mit den anderen Geschäftsführern fast ein Jahr lang diskutiert, in welche Richtung wir die Agentur strategisch weiterentwickeln wollen. Wir glauben, dass man sich in Zeiten, in denen die Budgets unter Druck stehen noch stärker in der Beratung aufstellen sollte. Change und Transformation sowie M&A-Themen sind Bereiche, in denen OSK gute Wachstumsperspektiven hat. Meine langjährigen Erfahrungen im Bereich Corporate Communications wurden durch große M&A-Projekte, Integrations- und immer wieder Transformationsarbeit sowie Krisenkommunikation geprägt. Dieses Know-how bringe ich auf Agenturseite ein und stelle es den Kunden von OSK zur Verfügung.

In welchen Branchen und Kundensegmenten sehen Sie das größte Wachstumspotenzial? Es muss nicht nur inhaltlich passen, sondern sollte den Agenturmitarbeitern und Ihnen auch Spaß machen.

Horn: Mir hat es von Anfang an bei OSK einen Riesenspaß gemacht wieder für ZF und Mercedes zu arbeiten. Ich fühle mich aber auch herausgefordert, denn auf der Agenturseite müssen sie jeden Tag aufs Neue überzeugen. Ich habe unendliche Freude daran, an Pitches teilzunehmen, wenn es darum geht, neue Kunden zu gewinnen und neue Themenfelder zu entwickeln. Das ist in dieser Form eine neue Erfahrung für mich. OSK ist es immer wieder gelungen, auch ohne eigene große Werbemaßnahmen für interessante neue Kunden tätig zu werden. In den vergangenen Jahren haben wir bereits kontinuierlich den Non-Automotive-Umsatz gesteigert. Es ist eines der strategischen Ziele, uns unabhängiger vom Thema Automotive zu machen, aber dennoch in den Bereichen Mobilität und Technologie weiter zu wachsen.

Schrott: Ja, das ist die Herkunft der Agentur und bis heute eine unsere großen Stärken. Die Themenfelder Automobil und Technologie sind über die Jahre hinweg aber viel breiter geworden. Wir haben Infrastruktur im Kundenportfolio, Fahrräder oder multimodale Systeme. Mit Daimler Trucks zählen wir einen führenden Nutzfahrzeughersteller zu unseren Kunden. ZF ist ein großes Technologieunternehmen. Wir sind immer gut darin gewesen, erklärungsbedürftige Produkte und Themen zu kommunizieren.

Horn: Auch große Energieversorger gehören zu unseren Kunden oder mehrere namhafte Anbieter aus dem Bereich Consumer Tech. Aber auch Automotive ist an sich bereits ein breites Feld. Mercedes bedeutet nicht nur Technologie und Produkte, sondern ebenso Marke und Historie, Produktion und Dienstleistungen, Internationalität und Transformation. Die Marke bietet sehr unterschiedliche Facetten.

Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in der Krise. Die E-Mobilität kommt nicht richtig in Gang. Das Chinageschäft schwächelt. Inwieweit macht sich das bei Ihnen bemerkbar?

Horn: In der Automobilindustrie herrscht ein riesiger Druck, der auch die Kommunikation betrifft. Wie erwähnt gibt es bei Strategie, Change, Transformation und M&A noch Wachstumspotenzial für OSK. Zudem besinnt man sich bei knappen Mitteln auch gerne wieder auf die Stärken einer inhaltsgetriebenen PR. Ich sehe daher Licht und Schatten.

Inwieweit sind Sie noch in das tägliche Geschäft der Agentur involviert, Herr Schrott? Wo treffen Sie beide aufeinander?

Schrott: Meine offizielle Funktion ist jetzt Chairman. Ich habe damit eine eher beratende und aufsehende Rolle bei OSK und als Mitglied des Advisory Board von Team X. Aus dem operativen Geschäft habe ich mich komplett zurückgezogen. Das leitet jetzt Christoph. Nichts ist schlimmer, als wenn man sagt, man gebe eine Führungsposition auf und dann greift man seinem Nachfolger ins Lenkrad. Ich bin nicht mehr der CEO und nicht mehr der Geschäftsführer, aber natürlich tauschen Christoph und ich uns über Themen aus, die anstehen: die Weiterentwicklung der Agentur, unsere wichtigsten Kunden und auch mal über etwas, das im täglichen Ablauf passiert. Damit der Übergang reibungslos funktioniert, haben wir den ersten Monat jedes Meeting und jeden Call gemeinsam gemacht. Dann habe ich meine Präsenz auf die Hälfte reduziert. Mittlerweile komme ich nur noch tageweise in die Agentur.

Ich habe OSK immer als eine Agentur wahrgenommen, die auf Eigen-PR nicht viel Wert legt. Sie sind seit Jahren in den Rankings weit oben, aber sonst weiß man recht wenig über Sie und Ihre Kunden. Wollen Sie diese Strategie beibehalten?

Schrott: Wir haben die Eigen-PR in den vergangenen Jahren gezielt verstärkt – Stichwort Employer Branding –, haben aber immer versucht, eine intelligente Kommunikation für uns wie für unsere Kunden zu machen. Wir wollen mit unserer Leistung und Kompetenz überzeugen, nicht durch Lautstärke. Wir sehen uns eher als Dienstleister im Hintergrund, der seinen Kunden hilft, auf der Bühne zu glänzen.

Wir wollen Sie Ihre Rolle in der Öffentlichkeit wahrnehmen, Herr Horn? Wird man Sie künftig bei allen Awards und Kongressen erleben?

Horn: Zu Branchenveranstaltungen bin ich in der Regel immer nur dann gegangen, wenn ich etwas zu sagen hatte und vortragen durfte. Das werde ich auch in Zukunft so handhaben. Darüber hinaus nutzen wir bei OSK verschiedene Plattformen, um zu zeigen, was wir können. Das Tagesgeschäft nimmt jedoch so viel Raum ein, dass wenig Platz für Selbstdarstellung durch die Geschäftsführung bleibt. Zum Glück haben wir viele kompetente Mitarbeitende im Team, die ihre Themen und Ideen gerne vorstellen.

Bei OSK diskutieren die Mitarbeitenden neue Herangehensweisen im Team. © OSK

Awards und Eigen-PR sind auch eine Möglichkeit, zu zeigen, was man als Agentur besonders gut kann. Was bekomme ich als Kunde, wenn ich OSK beauftrage?

Schrott: Wir sind so breit aufgestellt wie wenige andere Agenturen. Wir besitzen eine große strategische und digitale Kompetenz und Beratungsstärke in den Themen, in denen wir besonders intensiv tätig sind. Dazu kommen Kreativität in der Umsetzung mit eigenen Studios für Design, Bewegtbild, Events und Experiences sowie Kommunikation im Raum. Wir können damit vieles inhouse produzieren und anbieten, ob vernetzt oder als solitäre Leistungen. Diese Vielfalt der Kompetenzen und Disziplinen macht uns schlau und schnell. Diese Breite unterscheidet uns von den meisten anderen PR-Agenturen, auch innerhalb der Omnicom Public Relations Group.

Meine Philosophie war immer, nicht alles zu machen, aber das, was wir machen, immer richtig. Wir waren nie ein Gemischtwarenladen, sondern immer fokussiert auf die Themen, die wir wirklich beherrschen – wie eben Mobilität. Da wollen wir die Besten sein.

Horn: Beide Standorte gibt es seit mehr als zehn Jahren und sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Aufstellung. Das Mercedes-Benz-Headquarter arbeitet global. Da hilft es ungemein, wenn sie bei weltweiter Kommunikation in den beiden wichtigsten Automobilmärkten eigene Dependancen haben. Die Standorte unterstützen die Organisationen Mercedes-Benz USA und Mercedes-Benz China vor Ort und machen dort zentral erarbeitete Assets wie Reden, Präsentationen und Social-Media-Beiträge verfügbar. Gleichzeitig helfen sie bei PR-Events und lokalen Aktivitäten.

OSK besitzt Standorte in New York und Peking. Welche Aufgaben übernehmen die?

Horn: Beide Standorte gibt es seit mehr als zehn Jahren und sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Aufstellung. Das Mercedes-Benz-Headquarter arbeitet global. Da hilft es ungemein, wenn sie bei weltweiter Kommunikation in den beiden wichtigsten Automobilmärkten eigene Dependancen haben. Die Standorte unterstützen die Organisationen Mercedes-Benz USA und Mercedes-Benz China vor Ort und machen dort zentral erarbeitete Assets wie Reden, Präsentationen und Social-Media-Beiträge verfügbar. Gleichzeitig helfen sie bei PR-Events und lokalen Aktivitäten.

Wie viele Personen arbeiten für Sie in den USA und China?

Schrott: In Peking haben wir aktuell 14 Kolleginnen und Kollegen, in New York sind es neun. Mercedes-Benz ist der Hauptkunde, aber die Dependancen besitzen auch lokale Kunden.

Die gesamte Kommunikationsbranche spricht über KI. Inwieweit nutzen Sie KI? Wie wird die Technologie das Agenturgeschäft verändern?

Horn: KI ist bei OSK bereits Alltag – in der Verwaltung und Management der Agentur, in der Projektarbeit und bei der Betreuung unserer Kunden und als eigenes Leistungsfeld, weil wir Unternehmen bei der Einführung von KI und den damit verbundenen organisatorischen Änderungen beraten.  Die vornehmste Aufgabe ist für uns am Puls der Zeit zu bleiben und permanent darüber nachzudenken, wo KI im täglichen Doing Qualität und Geschwindigkeit erhöhen kann. Die Veränderungen mit und durch KI sind also gravierend – aber mit vielen Chancen und Potenzialen für das Agenturgeschäft.

Abschließende Frage: Wäre für Sie eigentlich auch eine neue Stelle als Kommunikationschef eines Unternehmens in Frage gekommen?

Horn: Man soll niemals nie sagen. Wenn Sie sich meinen beruflichen Werdegang anschauen, sehen Sie, dass ich so eine Aufgabe wie jetzt noch niemals hatte – mit einer solchen Verantwortung. Ich habe diese Rolle bewusst gesucht, gefunden und mit Oliver Schrott zusammen entwickelt. Ich fühle mich pudelwohl. Allerdings auch nur deshalb, weil ich um mich herum ein sehr starkes Führungsteam habe, mit dem man kollegial und professionell diese Agentur führen und weiterentwickeln kann.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe #Visuell. Das Heft können Sie hier bestellen.

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