Wie interne Kommunikation Diversität und Inklusion fördern kann

Studie

Noch nie wurde den Themen Diversität und Inklusion so viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wie in den vergangenen Monaten. Erst bewegte #BlackLivesMatter im Sommer 2020 die USA und später die Welt. Dann ging anlässlich des Internationalen Frauentags im Frühjahr 2021 #choosetochallenge um den Globus. Im Juni erhitzte während der Fußball-EM das Verbot der Uefa in Regenbogenfarben zur Beleuchtung der Münchner Allianz-Arena die Gemüter und führte zu Solidaritätsbekundungen weit über Deutschland hinaus. Nicht zu vergessen die seit Monaten andauernde Diskussion über Gendern und inklusive Sprache. Immer wieder zeigen Nachrichten von rassistischen Übergreifen und Hetze, dass Rassismus und Diskriminierung in der Gesellschaft noch immer weit verbreitet sind.

Unternehmen können zu Chancengleichheit und zur Akzeptanz von Vielfalt einen wesentlichen Beitrag leisten. Sie können mit gutem Beispiel vorangehen und Diversität und Inklusion in ihren eigenen Reihen fördern. Viele wissenschaftliche Studien haben in den vergangenen Jahren untersucht, wie das am besten gelingen kann. Und vor allem bewiesen, dass es sich sowohl unter wirtschaftlichen als auch sozialen Gesichtspunkten lohnt. Doch ein Aspekt wurde dabei nur am Rande erörtert: die Rolle der Kommunikation.

Mit diesem Defizit im Blick hat ein Forschungsteam an der Universität Wien 2020 bis 2021 ein groß angelegtes Forschungsprojekt durchgeführt, unterstützt von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation. Mehr als 1.000 Arbeitnehmende aus Deutschland und Österreich wurden interviewt respektive in einer Online-Umfrage befragt. Ergänzend wurden D&I-Verantwortliche zu ihren Strategien interviewt. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie zusammen.

1. Die Unterstützung des Top-Managements ist ein Muss.

Diversität und Inklusion im Unternehmen zu fördern, ist ein langfristiger Prozess, der auf die Unterstützung des (Top-) Managements angewiesen ist. „Inklusiver Führungsstil“ heißt die Zauberformel und zielt darauf ab, dass Vorgesetzte als Vorbilder agieren. Für die führende D&I-Forscherin Michàlle Mor Barak kommt es vor allem darauf an, dass alle im Unternehmen – ungeachtet der persönlichen Unterschiede (Diversität) – den gleichen Zugang zu Informationen und Karrierechancen haben. Der individuelle Beitrag jeder Person muss gefördert und wertgeschätzt werden. Daraus entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit (Inklusion), was sich wiederum positiv auf Identifikation mit dem Unternehmen und Loyalität auswirkt.

2. Wenn D&I-Management nicht authentisch ist, dann wirkt es nicht.

Eine zentrale Erkenntnis aus dem Forschungsprojekt ist: Die Bestrebungen für mehr Diversität und Inklusion müssen authentisch sein. Mitarbeitende müssen davon überzeugt sein, dass es ihr Arbeitgeber wirklich ernst meint. Nur dann wirken sich die Aktivitäten positiv auf die Identifikation mit dem Arbeitgeber aus und führen zu mehr Eigeninitiative und Loyalität. Doch hier ist in vielen Unternehmen noch Luft nach oben: Nur 38 Prozent der 1.000 befragten Arbeitnehmenden gaben an, sich in ihrem Unternehmen inkludiert zu fühlen, und nur 53 Prozent bezeichneten sich als loyal.

1.000 Mitarbeitende in Deutschland und Österreich wurden befragt, wie sie ihre Unternehmen bei den Themen Diversität und Inklusion bewerten. (c) Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation
<sup>1000 Mitarbeitende in Deutschland und Österreich wurden befragt wie sie ihre Unternehmen bei den Themen Diversität und Inklusion bewerten c Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation<sup>

3. Interne Kommunikation zu D&I-Themen ist wesentlich für einen Bewusstseinswandel.

Um möglichst alle im Unternehmen für Diversität und Inklusion zu sensibilisieren, ist eine strategische Kommunikation zentral, so die einhellige Meinung der befragten Expert:innen. Gemeinsam mit den D&I-Verantwortlichen ist es die Aufgabe der Kommunikationsabteilung, über die D&I-Ziele und Maßnahmen zu informieren, aber auch zu motivieren und Vorurteile abzubauen. Die Kommunikationsabteilung soll zuhören und Bedürfnisse erkunden. Denn wie die Literatur und unsere eigene Forschung zeigen, bringt ein erfolgreiches D&I-Management sowohl wirtschaftliche als auch soziale Vorteile mit sich:

  • Unternehmen sind kreativer und innovativer.
  • Der Vielfalt in allen Stakeholdergruppen – intern wie extern – wird Rechnung getragen.
  • Mitarbeitende zeigen mehr Eigeninitiative und sind loyaler gegenüber ihrem Arbeitgeber.

4. Das ganze Team mitzunehmen ist nicht einfach. Aber wichtig!

Jede und jeden im Team von den Vorteilen von D&I zu überzeugen – das gleicht einer Herkulesaufgabe. Insbesondere die Unternehmensmitglieder, die bislang privilegiert waren, stehen Veränderungen häufig skeptisch gegenüber und fürchten, benachteiligt zu werden. „White Male Backlash“ wird dieses Phänomen genannt und wurde von etwa der Hälfte aller befragten D&I-Expert:innen beobachtet. Doch was tun? Aktives Zuhören („organizational listening“), die Vorteile von mehr Diversität und Inklusion betonen und einen offenen Dialog suchen! Und manchmal hilft auch eine Prise Humor, wie Elke Heitmüller, Head of Diversity bei Volkswagen, berichtete:


„Wenn ein Glas zu 20 Prozent leer ist, und die Männer dann sagen, dass es halb leer ist, dann ist das aus meiner Sicht als Psychologin ein Fall für den Psychiater. Das ist eine verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung, denn selbst wenn ich jetzt 30 Prozent Frauen berufe, im Gegensatz zu den 10 Prozent davor, dann sind es immer noch 70 Prozent Männer. Da lache ich sie immer an und sage: ‚Strengen Sie sich an! Sie haben ein bisschen mehr Konkurrenz bekommen, aber wenn Sie wirklich gut sind, haben Sie ja kein Problem.‘“

Elke Heitmüller, Head of Diversity bei Volkswagen


5. Vor allem persönliche Kommunikation ist gefragt.

Die Mitarbeitenden – so hat unsere Befragung gezeigt – wünschen sich vor allem eine direkte persönliche Kommunikation zu Diversität und Inklusion. Geschätzt werden Schulungen, Workshops oder Team-Meetings. Auch Mentoring-Programme, themenspezifische Netzwerke oder Wettbewerbe (zum Beispiel D&I-Awards) können dabei helfen, Mitarbeitende zu involvieren und intrinsisch zu motivieren. Persönliche Kommunikationsformate wirken sich stärker auf das Inklusionsgefühl aus als mediale Kommunikation (Artikel im Intranet, Videos oder Podcasts und so weiter). Letztere dient vorrangig der Informationsvermittlung. Hierfür hat sich vor allem Storytelling bewährt, bei dem Vorbilder porträtiert werden, die andere inspirieren.


„Das Thema Diversitätsmanagement hat viel mit Unternehmenskultur zu tun. Nur offene Kommunikation und entsprechendes Leadership können eine inklusive Unternehmenskultur schaffen.“

Julia Valsky, Head of Group Diversity Management, Erste Group Bank


Über die Studie

Das Forschungsprojekt wurde 2020/2021 unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Einwiller und Daniel Wolfgruber an der Universität Wien durchgeführt. Diese Studie wurde von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation gefördert, einem gemeinnützigen Thinktank im Bereich der Unternehmenskommunikation. Die Initiative verfolgt das Ziel, die Arbeit von Kommunikations­abteilungen durch unabhängige, wissenschaftlich fundierte Studien und einen engen Erfahrungsaustausch zwischen Forschung und Praxis weiterzuentwickeln und zu professionalisieren. Weitere Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Let’s talk about diversity & inclusion“ können hier nachgelesen werden.

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