Selbstverständlich selbstbewusst

Interne Kommunikation 2022

Im beruflichen Umfeld ist Kommunikation so relevant wie nie. Wir sehen die Belege dafür in den Unternehmen, die sich organisatorisch neu aufstellen, die komplexere Herausforderungen als je zuvor zu bewältigen haben und die ihre Mitarbeitenden zu erfolgsrelevanten Zielgruppen machen müssen (und meist auch wollen). Bereits im letzten Jahr haben wir an dieser Stelle die neue Relevanz der internen Kommunikation postuliert – eben weil so viel so schnell und so klar kommuniziert werden musste. Corona hat ihre Wirkkraft notwendig und sichtbar gemacht. Viele Kolleg*innen, die vorher um Aufmerksamkeit kämpfen mussten, waren plötzlich gefragt wie nie.

Aber wie sieht es in diesem Jahr aus? Was sind die Trends, denen die interne Kommunikation folgen wird? Was muss sie tun, um ihre Relevanz nicht nur zu halten, sondern auszubauen?

Fünf Trends für die interne Kommunikation

Fünf Trends haben wir mitgebracht, die die Arbeit der internen Kommunikation in diesem Jahr aus unserer Sicht beeinflussen werden. Den ersten Trend haben wir mit Corona bereits erlebt, er wird sich fortsetzen:

1. Gesellschaftsrelevante Themen erreichen die Unternehmen. Mitarbeitende erwarten den Diskurs, vielleicht sogar die Positionierung der Geschäftsleitung.

Vor Corona waren es Blitzlichter, wenn sich mal ein Dax-Vorstand oder ein beherzter Mittelständler zu Themen abseits des Unternehmenszwecks äußerte. Heute erreichen gesellschaftliche Debatten die breite Masse der Firmen. Das hat sicherlich mehrere Gründe. Dort, wo mehr Räume für den Austausch geschaffen werden, werden mehr Fragen gestellt. Dort, wo Hierarchien abgebaut werden, entsteht mehr Mut. Dort, wo die Generation Z in die Arbeitswelt eintritt, werden mehr Antworten erwartet. Die Kommunikation muss der internen Community also den Puls fühlen, Stimmungen und Themen aufspüren, kenntnisreich sein oder Expert*innen hinzuziehen. Sie muss das Ohr der Geschäftsleitung sein, den engen Austausch mit ihr suchen und in der Lage sein, diese kommunikativ zu beraten.

2. Die Unternehmensspitze wird nahbar. Die Kommunikation nach innen bekommt für sie und die nächste Führungsebene (mindestens) den gleichen Stellenwert wie nach außen.

Raus aus der Deckung der gehobenen Funktion. Das mussten viele CEOs in der Corona-Zeit wagen, denn die anhaltende Unsicherheit verlangte nach Sichtbarkeit, nach Ansprache, nach Führung. Aber die Fähigkeit zur Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist ganz oft diametral zum sicheren Auftreten nach außen. Vor externem Publikum sind die obersten Führungskräfte trittsicher und eloquent. Ganz anders nach innen, wo sie Distanz aufgeben müssen, wo das Publikum keine Gruppe von Stakeholdern, sondern eine Gruppe von ihnen anvertrauten Menschen ist. Dahinter stecken meist Unsicherheit und Angst – emotionale Zustände, in denen Kreativität und Empathie nicht abrufbar sind.

Wenn die interne Kommunikation als strategisch beratende Einheit wahrgenommen werden will, dann ist hier ein Einsatzort. Sie kann Ängste nehmen, Sicherheit geben und mit ersten Positionierungen des C-Levels zeigen, wie gut Offenheit, Nahbarkeit und Authentizität ankommen. Mit den positiven Erfahrungen kann der oder die CEO die Rolle als wichtigste*r Kommunikator*in wunderbar ausfüllen und nach innen weite Wirkkreise ziehen.

3. Mental Health und Digital Wellbeing werden Themen, mit denen Führungskräfte konfrontiert werden.

Und damit werden sie zu Kommunikations-Themen. Denn auch wenn wir das nicht gerne hören, hat die interne Kommunikation an vielen Stellen mit neuen (und richtigen) Tools und Kanälen dazu beigetragen, dass die Informationsflut uns zeitweise überschwemmt. Hier muss jetzt aufgeräumt und gefragt werden: Was brauchen wir wirklich und in welche Kanäle geben wir welche Botschaften und durch wen? Auch hier wird das Thema „Zusammenarbeit“ wieder relevant. Wer sendet und wie kann eine gemeinsame Strategie aussehen, um nicht planlos, sondern orchestriert zu kommunizieren?

Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Die andere zeigt veränderte Arbeitsweisen, die zu einem „always-on-Gefühl“ bei den Mitarbeitenden führen. Digitale Fitness und mentale Gesundheit sind Möglichkeiten, die Resilienz zu steigern und Burnouts zu verhindern. Mit diesen Themen mussten sich Führungskräfte bisher nicht beschäftigen, heute landen sie auf ihrem Tisch. Die Kommunikation kann gemeinsam mit HR unterstützen, kann Coach sein und die Führungskräfte sowohl sensibilisieren als auch fit machen – zum Beispiel durch Ausbildungen zum „Mental Health First Aider“.

4. Organisationsentwicklung findet laufend statt.

Unternehmen müssen sich aktuell intensiv mit ihren Geschäftsmodellen beschäftigen und die CEOs brauchen Sparringspartner in Bezug auf die Kommunikation der Organisationsentwicklung. Dafür braucht es zumindest eine Grundkenntnis über die zugrundeliegenden Strategien, um auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung kommunizieren zu können. Die Kommunikation muss verstehen, was passiert, und beurteilen können, was kommunikativ geleistet werden muss, um einer veränderten Strategie, einer veränderten Organisation zu entsprechen. Dafür müssen die vorhandenen Kommunikations-Skills mit einem tiefen Verständnis für die Veränderung komplettiert werden.

5. Hybrides Arbeiten wird zum Standard

Die Kombination aus Arbeit im Büro und aus der Ferne ist keine Übergangslösung mehr, sie wird zur Selbstverständlichkeit, auch wenn der Nutzungsgrad in einigen Unternehmen noch verhandelt wird. Darauf sollte die interne Kommunikation Antworten finden. Wenn sie jeden Mitarbeitenden erreichen will, muss sie einen gemeinsamen kommunikativen Raum schaffen – der neue Identifikationsort außerhalb des Büros, der Zentrale, der Werkshalle. Und das ist nicht nur eine Frage der Tools, sondern eine Frage der Ausgestaltung dieses Angebots.

Kommunikation muss strategischer werden

Wer nun versucht, all das allein innerhalb des Teams für die interne Kommunikation zu bewältigen, wird nicht weit genug kommen. Die Zusammenarbeit mit den übergreifenden Abteilungen wie Human Resources, dem Strategie-Bereich oder dem Gesundheitsmanagement wird alternativlos. Im Zuge der Professionalisierung der internen Kommunikation ist die Bildung von Allianzen im Unternehmen ein entscheidender Erfolgsfaktor geworden. Sie muss über den Tellerrand schauen, die Kompetenzen und Zuständigkeiten anderer Fachleute nutzen, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Dazu gehört sicherlich auch, dass neue Kompetenzen erlernt werden oder das Team durch neue Kolleg*innen ergänzt wird.

Was 2022 bleiben wird, das ist das neue Selbstbewusstsein der internen Kommunikation. Um die gesteigerte Wertschätzung nicht leichtfertig zu verspielen, muss sie jetzt strategischer werden – ein weiterer wichtiger Baustein ihrer Professionalisierung. In der Studie „Trendmonitor 2022“ der School for Communication and Management geben nur 13,5 Prozent der Befragten an, strategisch zu arbeiten, also ein umfassendes Konzept für ihre interne Kommunikation aufzusetzen. Um langfristig mit der Geschäftsleitung auf Augenhöhe arbeiten zu können, braucht die interne Kommunikation messbare Ziele und eine entsprechende Strategie, um sie zu erreichen. Natürlich braucht diese Planung Zeit und mehr Personal, aber das wird es erst geben, wenn die Erfolge der Kommunikation messbar und damit belegbar sind.

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