Auf Twitch können Nutzerinnen und Nutzer Videos hochladen und anschauen. Der Schwerpunkt liegt auf Live-Übertragungen. Bekannt wurde die 2011 gegründete Plattform mit Streamern, die live Videospiele spielen und währenddessen mit ihren Zuschauern interagieren. Mehr noch als etwa bei Youtube steht bei Twitch die Interaktion mit den Usern im Fokus. Unternehmen mit einem Fokus auf Markenkommunikation wie Mercedes-Benz, Porsche, Red Bull oder About You nutzen die Plattform bereits für strategische Partnerschaften oder als eigenen Kommunikationskanal.
Wer nutzt Twitch?
Rund 105 Millionen Menschen besuchten die Plattform eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr monatlich. Zum Vergleich: Youtube kommt auf eine Zahl von 2,5 Milliarden monatlichen Usern. Weltweit konsumierten die Nutzer auf Twitch insgesamt 20 Milliarden Stunden Inhalte, davon 15,6 Milliarden an Gaming-Inhalten. Gaming macht den Kern der 2011 gegründeten Plattform aus. Mittlerweile haben sich auf Twitch, das 2014 von dem Onlinehändler Amazon übernommen wurde, aber auch Communitys rund um diverse Themen wie Musik, Talkshows oder Koch-Themen gebildet.
Auch Medien und Politiker experimentieren unlängst mit Twitch. Der ehemalige Wirtschaftsminister Robert Habeck beispielsweise war während des vergangenen Bundestagswahlkampfs in einem Twitch-Stream zu sehen. Der frühere Bundesfinanzminister Christian Lindner beantwortete bereits 2021 Fragen in einem Twitch-Chat. Die ARD betreibt seit Oktober 2024 einen eigenen Kanal (@ARD, 84.000 Follower).
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Die Twitch-Community besteht hauptsächlich aus der Generation Z und Millennials. Fast 70 Prozent der User sind nach Angaben der Plattform zwischen 18 und 34 Jahre alt. Sie verbringen im Schnitt bis zu drei Stunden pro Tag mit dem Dienst. Derzeit sind die Nutzer zu über 70 Prozent männlich. Dies dürfte sich aber mit der Öffnung für andere Themen ändern. Auch die Gaming-Community wird weiblicher.
Beliebte Kategorien und Streamer
Gaming ist zwar der Kern der Plattform, aber die Interessen der Nutzer und Creator werden breiter. Beliebte Kategorien sind etwa „Just Chatting“, bei der der Streamer mit dem Publikum über verschiedene Themen spricht, oder „In Real Life“-Formate (kurz „IRL“), bei denen die Kanalbetreiber beispielsweise den Spaziergang in der Natur oder das Zubereiten des Abendessens streamen.
Den Streamern, auch Creator genannt, stehen eine Chatfunktion sowie die Möglichkeit für Live-Umfragen zur Verfügung. Um Nutzer noch stärker an die Plattform zu binden, gibt es ein Kanalpunktesystem, mit dem Creator ihr Publikum für das Zuschauen ihrer Inhalte und Interaktionen mit Punkten belohnen können. Mithilfe dieser Punkte können die User etwa spezielle Funktionen oder Emojis (sogenannte Emotes) freischalten.
Zu den derzeit erfolgreichsten Streamern im deutschen Twitch-Kosmos gehören beispielsweise Grongk, MontanaBlack, Papaplatte und Eliasn97 – gemessen an Zuschauerzahlen, Follower und der generellen Reichweite ihrer Kanäle.
- Erik Range alias Grongk (1,7 Millionen Follower) zählt zu den bekanntesten Twitch-Streamern. Der Gamer begann seine Karriere mit „Let’s play“-Videos auf Youtube.
- Elias Nerlich alias Eliasn97 (2,1 Millionen Follower), ehemaliger Fußballspieler, wurde bekannt durch seine Leidenschaft für Fußball-Videospiele. Er gründete mit Toni Kroos die Icon League, eine eigene Fußballliga für Streamer und Fußballfans.
- Kevin Teller alias Papaplatte (2,9 Millionen Follower) ist für seinen unterhaltsamen Mix aus den Formaten „Just Chatting“, „GeoGuessr“ und dem Spielen von „Minecraft“ bekannt. Er ist vor allem bei den jungen Zielgruppen beliebt. Gemeinsam mit dem Streamer Dominik Reezmann (Reeze) betreibt er den Podcast „Edeltalk“ und tourte mit ihm beispielsweise per Wohnmobil durch Deutschland – zu sehen im Livestream auf Twitch.
- Marcel Eris alias MontanaBlack (5,6 Millionen Follower) zieht mit seinen Streams, oft unter „Just Chatting“ oder „In Real Life“-Kategorien gelistet, regelmäßig zehntausende Zuschauer an. Mit seinen Aussagen polarisiert er. Neben Gaming sind Reactions und große Community-Events wie zum Beispiel ein eigenes Weihnachtsspecial mit prominenten Gästen feste Bestandteile seines Contents.
Interaktive Live-Unterhaltung
Wie können Marken und Unternehmen von Twitch profitieren? Wer die junge, oft Gaming-affine Zielgruppe erreichen will, müsse sich auf die spezifische Kultur von Twitch einlassen, wird Gemma Battenbough, Twitch Brand Partnership Studio Lead, in einer Pressemitteilung des Unternehmens zitiert.
„Bei Twitch handelt es sich fast ausschließlich um Live- und Community-basierte interaktive Unterhaltung“, sagt Battenbough. Deshalb stünden Gespräche in Echtzeit an erster Stelle, persönliche Interaktionen sorgten dafür, dass immer etwas Unerwartetes passieren könne. „Solche authentischen Momente fördern vor allem eine enge Beziehung zwischen Streamer und Zuschauern.“ Echte Interaktionen stärken die Bindung zwischen Nutzern und Marke.
Die Plattform wird von Unternehmen vermehrt auch für Recruiting-Zwecke verwendet, zum Beispiel durch Recruiting-Streams, bei denen sie über offene Stellen informieren, Interviews mit Mitarbeitenden führen oder spezielle Projekte und Arbeitsbereiche vorstellen. Der Einzelhändler Aldi etwa betreibt einen erfolgreichen Twitch-Account mit mehr als 60.000 Followern.
Oft bietet sich eine Zusammenarbeit mit Creatorn an, beispielsweise durch Live-Sponsoring. Sie kennen ihre Community und können Markenbotschaften glaubwürdig integrieren. Wichtig ist, so betont Twitch-Expertin Battenbough, dass Marken und Streamer thematisch und in ihren Werten zueinander passen. Für Kampagnen bietet Twitch ein eigenes Full-Service-Kreativstudio an.
Ob sich Twitch für die eigene Unternehmenskommunikation lohnt oder nicht, ist letztlich Abwägungssache und eine Frage des Budgets. Wer auf Twitch mit einem eigenen Account aktiv sein will, sollte genügend Ressourcen einplanen, beispielsweise für die Moderation des Publikumschats. Auch auf Twitch sind Beleidigungen, Hate Speech und Fake News ein wiederkehrendes Problem. Dazu kommt die Bereitschaft, regelmäßig zu streamen. Es braucht einen festen Sendeplan. Darüber hinaus bedeuten Gespräche in Echtzeit, dass jederzeit Unerwartetes geschehen kann. Das dürfte nicht für jede Marke passen.