Kommunikatoren kämpfen mit steigendem Misstrauen

European Communication Monitor 2019

Weltweit sinkt das Vertrauen der Menschen in Massenmedien und in den Journalismus – ein Vertrauensverlust, den auch die Kommunikationsbranche spürt. Das ist ein zentrales Ergebnis des diesjährigen European Communication Monitor (ECM), der umfassendsten Studie zum Thema strategische Kommunikation und Public Relations weltweit. Die Ergebnisse wurden am heutigen 23. Mai im Rahmen des European Communication Summit in Berlin vorgestellt.

Im Fokus des ECM 2019 stand vor allem das Thema Vertrauen in die Kommunikation. Außerdem wurden der Einfluss der künstlichen Intelligenz auf die Branche sowie neue Formen der Content-Produktion und –Distribution untersucht.

Kommunikation und Vertrauen: Unterschiedliche Perspektiven

Die Studie macht klar: Kommunikatoren wird in ihrem Berufsfeld nur ein geringes Maß an Vertrauen entgegengebracht. Nur zwei Drittel (67 Prozent) der Spitzenkräfte vertrauen der Kommunikation. Auch bei Influencern und Bloggern (47 Prozent), Journalisten (39 Prozent) und in der breiten Öffentlichkeit (27 Prozent) vertraut nur eine Minderheit den Kommunikatoren.

Die Umfrageteilnehmer bewerten das Vertrauensverhältnis jedoch positiver: 85 Prozent der befragten Kommunikatoren haben positive Erfahrungen mit Führungskräften und Kunden gemacht, 68 Prozent mit Influencern und Bloggern. Am optimistischsten sehen die Befragten das Vertrauen, das ihnen persönlich entgegengebracht wird: Eine überwiegende Mehrheit glaubt, das Vertrauen von Kollegen und Vorgesetzten sowie von externen Stakeholdern und Zielgruppen zu genießen.

„In Anbetracht des sinkenden Vertrauens in Massenmedien zeigt der diesjährige ECM eine bemerkenswerte Vertrauenslücke in der Kommunikationsbranche: Kommunikatoren haben eine vertrauensvolle Beziehung zu den Menschen, mit denen sie regelmäßig interagieren, erwarten jedoch nur ein geringes Maß an Vertrauen von der breiten Öffentlichkeit“, kommentiert Studienleiter Professor Ansgar Zerfaß, Professor für strategische Kommunikation an der Universität Leipzig, die Ergebnisse.

 

(c) European Communication Monitor 2019

 

Transparenz: Zentral sind die politische Haltung und interne Prozesse

Vertrauen entsteht, wenn ein Unternehmen offen und transparent auftritt. Andererseits wird „transparente Kommunikation“ oft auch als Buzzword verwendet; die praktische Umsetzung gestaltet sich schwierig. Die befragten PR-Profis halten Transparenz für die wichtigste Herausforderung, die eine vertrauensbildende Kommunikation bewältigen muss.

Während Strategien und interne Prozesse eines Unternehmens oft streng unter Verschluss gehalten werden, ist die politische Haltung des Spitzenpersonals, wenn sie an die Öffentlichkeit gelangt, oft höchst umstritten. Eine transparente Kommunikation über die politische Haltung des Führungspersonals 41 Prozent der Kommunikatoren für besonders schwierig. Ein übergreifender Transparenzindex auf Basis von zehn verschiedenen Themen zeigt: Nordeuropäische Unternehmen fällt es weniger schwer, transparent zu kommunizieren, als Unternehmen in anderen Teilen Europas.

Künstliche Intelligenz birgt auch Herausforderungen

Der Vormarsch der künstlichen Intelligenz läutet für die Kommunikation eine neue Phase ein: Drei Viertel (77 Prozent) der Befragten glauben, dass KI die Kommunikationsbranche als Ganzes verändern wird; jedoch kennen sich bisher nur 15 Prozent von ihnen besonders gut auf dem Gebiet aus. 54 Prozent sind der Meinung, dass Informationstechnologien, Budgets oder auch die Organisationsstruktur wichtige Hürden auf dem Weg zur Integration von KI in die Kommunikation darstellen werden.

Dabei unterscheiden sich die Ansichten von Kommunikatoren aus verschiedenen Organisationsarten: NGOs bewerten die organisatorischen Hürden als höher, während Agenturen starke Bedenken in Bezug auf die Motivation der Kommunikatoren haben.

 

(c) European Communication Monitor 2019

 

Über den European Communication Monitor

Der European Communication Monitor wird seit 2007 jährlich von Professorinnen und Professoren von 24 renommierten europäischen Universitäten durchgeführt und von der European Public Relations Education and Research Association (EUPRERA) gemeinsam mit der European Association of Communication Directors durchgeführt und von den Partnern Cision Insights, Fink & Fuchs und dem Magazin Communication Director unterstützt.

Die diesjährige Studie basiert auf rund 2.700 Teilnehmern aus 46 europäischen Ländern. Die Ergebnisse wurden am 23. Mai 2019 im Rahmen des European Communication Summit in Berlin vorgestellt. Den vollständigen Ergebnisbericht gibt es hier.