Der Tod der Queen als dpa-Blitzmeldung

Nachrichtenagentur

Am Nachmittag des 8. Septembers 2022 starb Queen Elisabeth II.. Dass der Tod der 96-jährigen Königin bevorstehen könnte, deutete sich bereits ab mittags an, als die Nachrichten aus dem Umfeld der Windsors immer ernster wurden und ihre engsten Verwandten nach Balmoral reisten, um die letzten Stunden mit der Queen zu verbringen. Für die Deutsche Presse-Agentur (dpa) war der Tod von Elisabeth II. trotz der anderen weltweiten Krisen ein so wichtiges Ereignis, dass sie eine Blitzmeldung herausgab. Um 19.31 Uhr lief die Meldung „(Blitz) Palast: Britische Königin Elisabeth II. ist tot“ über die Ticker.

Seit dem Wahlsieg von Joe Biden im November 2020 hatte die Nachrichtenagentur keine News mehr als „Blitz“ deklariert. Überhaupt war es in der Geschichte der dpa seit 1949 erst die 62. Blitzmeldung.

Welche Kriterien muss ein Ereignis erfüllen, damit es in diese Kategorie eingeordnet wird? „dpa-Blitzmeldungen werden mit der höchsten Dringlichkeitsstufe 1 gesendet, bestehen nur aus einer Überschrift im Telegramm-Stil und sind außerordentlichen Breaking News zu epochalen Ereignissen vorbehalten“, erklärt dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger. „Die meisten Blitzmeldungen beziehen sich auf eindimensionale Ereignisse mit klar definierbarem Ereigniszeitpunkt – etwa den Tod oder Rücktritt einer epochalen Persönlichkeit oder das Ergebnis einer epochalen Wahl oder eines Referendums.“

Bei Krisen oder komplexen Ereignissen, die sich über längere Zeit hinziehen, gebe es in der Regel keine Blitzmeldung, weil es schwierig sei, „den einen Moment zu definieren, der aus den vielen anderen so herausragt“, sagt Homburger. Als Beispiele für epochale Ereignisse, bei denen es zwar zahlreiche Eilmeldungen, aber keine Blitzmeldung gab, nennt er den Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 und auch die Terroranschläge vom 11. September 2001, als sich die Ereignisse minütlich überschlugen.

Ereignisse, die zu „Blitzen” wurden

Neben dem Tod von Queen Elizabeth II. finden sich unter den Blitzmeldungen der vergangenen drei Jahrzehnte beispielsweise die Ergebnisse von Papst- und US-Wahlen. Auch der gescheiterte Putschversuch gegen Boris Jelzin im Jahr 1993, der Mord an Jitzchak Rabin im Jahr 1995 und der Beginn des Irak-Kriegs 2003 gingen als Blitzmeldungen raus. Ebenso wurden die Vergabe des Friedensnobelpreises an Barack Obama und die Rücktritte der Bundespräsidenten Horst Köhler und Christian Wulff sowie das Brexit-Referendum als Meldungen mit Dringlichkeitsstufe 1 gesendet. Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde hingegen nicht als Blitzmeldung, sondern als „EIL EIL” gemeldet. Dieses Format wurde inzwischen abgeschafft.

Die dpa-Kategorie mit der zweihöchsten Priorität sind die Eilmeldungen, die deutlich häufiger vorkommen. „Unsere Eilmeldungen sind dabei immer auch eine Art Weckruf an unsere Kunden: Schaut her, diese Information könnte dazu führen, dass Ihr Eure Titelseiten und Frontpages anders sortiert, einen neuen Ressort-Aufmacher wählt, einen Push verschickt oder Eure Radionachrichten kurzfristig umstellt“, sagt Homburger. Vom Rücktritt eines Fußballtrainers, Zugunglücken, Wirtschaftsentscheidungen, Kulturauszeichnungen oder politischen Entscheidungen wie beispielsweise der Kindergeld-Erhöhung – für jedes Ressort gibt es derartige Eilmeldungen.

Die Nachrichtenagentur zählt hauptsächlich Medienunternehmen zu ihren Kunden. Die Kategorisierung ist insofern als Orientierungshilfe für die Redaktionen zu verstehen. Die Einordnung deckt sich deshalb nicht zwingend mit den Erwartungen der breiten Öffentlichkeit, die eine Trainerentlassung im Fußball überwiegend als weniger wichtig ansehen dürfte als beispielsweise aktuelle Entwicklungen in der Ukraine. 2021 gab es 1.070 Eilmeldungen, was 30 Prozent weniger waren als 2020, als die Coronakrise die mediale Agenda dominierte.

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