Parteien mit klarem Profil, emotionalen Themen und aktiver Basis erzielen die höchste digitale Sichtbarkeit. Noch mehr Resonanz erzielen jedoch persönliche Accounts. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse des Dienstleisters Metricool, die die Social-Media-Aktivitäten deutscher Parteien und Spitzenpolitiker nach der Bundestagswahl zwischen dem 23. Februar und 3. Juni untersucht haben.
Demnach ist die AfD mit über 1,4 Millionen Followern die mit Abstand reichweitenstärkste Partei, gefolgt von Bündnis 90/Die Grünen (1,2 Millionen) und Die Linke (1,1 Millionen). Die CDU (843.921) und SPD (793.981) fallen im digitalen Vergleich zurück.
Auch bei den Einzelpersonen steht die AfD mit ihrer Vorsitzenden Alice Weidel (2,4 Millionen Follower) an der Spitze. Weidel sei es – ebenso wie Sahra Wagenknecht (BSW, 1,8 Millionen) und Markus Söder (CSU, 1,6 Millionen) – gelungen, eine starke persönliche Marke in den sozialen Netzwerken aufzubauen, schreiben die Autoren. Ihre Reichweite und Sichtbarkeit verdanken die Politiker demnach ihrer Markenführung, einem kontinuierlichen Content-Output und einem klaren Kommunikationsstil.
Bundeskanzler-Account mit deutlichem Follower-Verlust
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verzeichnet mit über 2,35 Millionen Followern die zweitgrößte Reichweite unter allen Einzelpersonen. Dies sei aber auf die starke Institutionalisierung des Amtes zurückzuführen, wie die Autoren betonen. So habe der Bundeskanzler-Account auf der Plattform X seit der Wahl mit minus 92 Prozent drastisch an Followern verloren. Als Grund nennen die Autoren politische Entscheidungen, die sich unmittelbar auf die Akzeptanz in der digitalen Öffentlichkeit auswirkten. Gleichzeitig hatte der Account im Untersuchungszeitraum die Beiträge mit den höchsten Engagement-Raten.
Die Analyse zeigt auch, dass viel nicht unbedingt viel hilft: Einige Politiker wie Markus Söder setzten auf eine sehr hohe Posting-Frequenz (919 Posts in 100 Tagen), doch der Impact bleibe moderat, die Interaktion erhöhe sich nicht. Entscheidend ist den Autoren zufolge die strategische Ausrichtung der Inhalte. Politikerinnen und Politiker mit selektiver, aber pointierter Kommunikation, beispielsweise Heidi Reichinnek (Die Linke) mit einem Fokus auf Reels, erzielten trotz geringerer Frequenz hohe Engagement-Raten.
Lesen Sie auch:
- Bundesregierung darf weiter auf Facebook aktiv sein
- 71 Prozent der Regierungsmitglieder nutzen Linkedin
- Unternehmen ziehen sich weiter von X zurück
Besonders viele Interaktionen und Kommentare rufen polarisierende Inhalte wie der Ukraine-Krieg, die Rentenreform oder der Gaza-Konflikt hervor. Beiträge mit emotionaler oder zugespitzter Ansprache führen der Studie zufolge regelmäßig zu hohen Interaktionszahlen. Die erfolgreichsten Inhalte kombinieren demnach visuelle Darstellungsformen (Videos, Reels) mit persönlicher Ansprache. Diese Mischung sorge für hohe Interaktion und emotionale Bindung.
Persönliche Marken aktivieren ihre Follower mehr als institutionelle Kanäle. Spitzenreiter im gesamten Feld ist Alice Weidel mit knapp 4,8 Millionen Interaktionen, dicht gefolgt von Markus Söder (3,18 Millionen). Auch Sahra Wagenknecht (1,9 Millionen), der offizielle Kanzler-Account (1,72 Millionen) sowie Friedrich Merz (1,47 Millionen) erzielen hohe Werte und bilden die Top-5. Zum Vergleich: Die erfolgreichste Partei (AfD) liegt bei 4,2 Millionen Interaktionen.
Plattformspezifische Dynamiken
Metricool hat auch die verschiedenen Plattformen untersucht. X ist demnach die Plattform für Debatten, die Spontaneität und Polarisierung belohnt. Oppositionelle oder jüngere Kräfte wie BSW, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grüne) oder Alice Weidel schneiden hier besser ab. Weidel liegt mit 1,13 Millionen Followern bei den Personen vorn. Bei den Parteien sind es Bündnis 90/Die Grünen (630.023 Follower). CDU, SPD, CSU und FDP erzielen auf X kaum nennenswertes Engagement (CDU: 0,08 Prozent, SPD: 0,03 Prozent).
Instagram hingegen belohnt vor allem visuelle und emotionale Kommunikation: Die Linke erreicht hier die höchste Engagement-Rate (5,15 Prozent) und erzielt hohe Interaktionszahlen mit über zwei Millionen. Markus Söder, der durch Nahbarkeit und persönliche Ansprache auffällt, dominiert mit 2,26 Millionen Interaktionen.
Facebook bleibt weiterhin das Netzwerk für mobilisierungsstarke, oft polarisierende Kommunikation. Hier dominieren die AfD (652.459 Follower bei Facebook) und Sahra Wagenknecht (749.430 Follower). Das noch junge Bündnis Sahra Wagenknecht, das mit rund 137.000 Followern zwar auf dem letzten Platz im Parteienranking liegt, weist hier das höchste Wachstum auf.
Ein Fazit der Studienautoren: Wer Inhalte plattformgerecht aufbereitet – kurz, visuell und emotional auf Instagram, diskursiv auf Facebook, pointiert auf X – erzielt mehr Reichweite und Resonanz.