Die Presseportale deutscher Unternehmen sind technisch auf hohem Niveau, lassen inhaltlich aber zunehmend Tiefe und Vielfalt vermissen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle „MR Benchmark“ der Kölner Beratungsagentur Netfed, der die Media-Relations-Portale der 50 größten deutschen Unternehmen untersucht hat.
Presseportale entwickeln sich demnach zunehmend zu strategischen Content-Hubs. Der Newsroom diene als zentrale Plattform für orchestrierte Unternehmenskommunikation, in der Inhalte systematisch aufbereitet und bereitgestellt werden.
Technisch hohes Niveau
Die technische Infrastruktur ist laut Netfed weitgehend ausgereift. Funktionen wie die Bereitstellung von Ansprechpartnern, Downloadcentern und Filtermöglichkeiten seien umfassend etabliert. Fortschritte zeigen sich auch in den vermeintlich kleinen Dingen: So sind inzwischen 98 Prozent der Pressemeldungen mit einem sichtbaren Datum versehen – 2021 waren es noch 80 Prozent. Wichtig ist diese Information nicht nur für Journalisten, sondern auch für KI-Systeme. Mit dem Aufkommen von KI-basierten Antwortsystemen sei die Bereitstellung strukturierter, maschinenlesbarer und aktueller Informationen zur strategischen Notwendigkeit geworden, heißt es in der Untersuchung.
Defizite bestehen noch bei der Interaktivität: Dialog- oder Echtzeitfunktionen wie Chats oder Messenger bieten nur sehr wenige Presseportale. „Viele Newsrooms bleiben kommunikative Einbahnstraßen“, heißt es in der Analyse. Viele Portale bleiben zudem trotz Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Menschen mit Einschränkungen schwer nutzbar und damit auch für KI-Systeme schwer indexierbar. Lange Ladezeiten auf dem Handy, Pressemeldungen ohne Alternativtexte sind vernachlässigte Aspekte.
Fokus auf neutrale Themen
Die Bedeutung von künstlicher Intelligenz hat zugenommen, auch thematisch. 90 Prozent der Unternehmen kommunizieren inzwischen zu KI, etwa über Strategie, Anwendungsfälle oder ethische Fragen. Damit wächst KI laut Netfed schneller als jedes andere Thema im Benchmark.
Gleichzeitig zeigt sich ein Rückzug aus gesellschaftspolitischen Themen. Kommunikation zu Diversity, Inklusion oder politischen Fragestellungen sei deutlich rückläufig. Politische Kommunikation ging seit 2023 um 36 Prozent zurück – der stärkste Rückgang im gesamten Benchmark. Thematische Vielfalt wird durch gezielte Fokussierung auf Zukunftsthemen wie Innovation, Change-Management, künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit abgelöst.
Die Studie spricht von einer Fokussierung auf „steuerbare Inhalte“ und eine Vermeidung von öffentlichen Positionierungen. Sie warnt vor einer „Verengung der inhaltlichen Vielfalt“ und dem Risiko, dass Stakeholder relevante Informationen künftig aus externen Quellen beziehen. „Der digitale Newsroom ist heute weit mehr als ein Ablageort für Pressemitteilungen“, sagt Netfed-Geschäftsführer Christian Berens.
Auch in den sozialen Medien verschieben sich die Schwerpunkte. Die Kommunikation verschiebt sich zu visuellen, emotionalen Plattformen – bei abnehmender Diskurstiefe. Linkedin bleibt mit 98 Prozent Nutzung die wichtigste Plattform, gefolgt von Youtube (90 Prozent). X (Twitter) dagegen stürzte von 96 Prozent im Jahr 2023 auf 58 Prozent. Gewinner ist Tiktok, das von 10 Prozent (2023) auf 26 Prozent (2025) zulegte.
Ranking
Auch in diesem Jahr haben die Analysten die Unternehmen nach Punkten bewertet. Spitzenreiter sind diesmal der Energiekonzern Eon (840 Punkte), der Konsumgüterhersteller Henkel (808 Punkte) und die Deutsche Telekom (780 Punkte).

Die Unternehmen mit den besten Presseportalen. © Netfed
Über die Studie
Der „MR Benchmark“ wird seit 2007 jährlich erhoben. Er analysiert die Inhalte, Strukturen und Tools der Presseportale der größten Unternehmen in Deutschland und zeigt Trends und Verbesserungspotenziale auf. Grundlage ist ein Fragenkatalog mit 89 Kriterien, der im dritten Quartal des Jahres geprüft wurde. Um die tatsächliche Nutzererfahrung realistisch abzubilden, kam die 30-Sekunden-Regel zum Einsatz: Informationen mussten innerhalb von 30 Sekunden auffindbar sein, um als vorhanden zu gelten. Primärdaten wurden durch eine Kombination quantitativer und qualitativer Ansätze erhoben.
