Fast drei Stunden täglich nutzen Kinder und Jugendliche im Schnitt Social Media. 157 Minuten sind es an einem Schultag; 227 Minuten an einem schulfreien Tag wie dem Wochenende. Rund zwei Stunden am Tag verbringen sie jeweils mit Gaming (werktags 105 Minuten) und Streaming (werktags 93 Minuten). Die Zeit, die sie sozialen Medien und digitalen Spielen widmen, hat sich damit in den vergangenen zwei Jahren zwar nicht deutlich verändert. Doch der Konsum ist noch immer intensiver als vor der Corona-Pandemie und bleibt auf einem deutlich zu hohen Niveau, wenn man die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und von Psychologen als Grundlage nimmt. Die Leitlinien sehen für Neun- bis Zwölfjährige eine Bildschirmzeit von höchstens 45 bis 50 Minuten täglich und einen ausschließlich beaufsichtigten Internetzugang vor.
Zu den genannten Ergebnissen kommt die diesjährige „DAK-Suchtstudie“, eine repräsentative Befragung von 1.008 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren und einem zugehörigen Elternteil zu ihrem Umgang mit digitalen Medien. Die Studie wird regelmäßig seit 2019 von dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit durchgeführt.
Mediensucht höher als vor fünf Jahren
Demnach hat sich die Problematik der Mediensucht auf einem hohen Niveau eingependelt. Problematisch ist ein Nutzungsverhalten dann, wenn es mit einem erhöhten Risiko für schädliche Konsequenzen für die physische oder psychische Gesundheit der Betroffenen oder anderer Menschen in deren Umgebung einhergeht. Abhängig ist, wer sich in Bezug auf die Aktivität nicht mehr kontrollieren kann, ihr gegenüber anderen Lebensinhalten und Alltagsaktivitäten Priorität einräumt und dieses Verhalten trotz negativer Konsequenzen beibehält. Langfristig können sich psychische Störungen entwickeln.
94 Prozent der Mädchen und 90 Prozent der Jungen nutzen regelmäßig (mindestens wöchentlich) Social Media. Mehr als jedes vierte Kind weist der Studie zufolge ein problematisches Nutzungsverhalten auf. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 lag der Anteil der problematischen Social-Media-Nutzung nur bei elf Prozent. Gleichzeitig sind die Zahlen leicht rückläufig (2022: 29 Prozent, 2023: 31 Prozent). Rund fünf Prozent gelten heute als abhängig (2019: drei Prozent), Jungen sind doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Hochgerechnet auf absolute Zahlen weisen in Deutschland damit mehr als eine Million Kinder und Jugendliche eine riskante Nutzung auf und fast 300.000 eine pathologische Nutzung auf.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich auch beim Gaming. Während 93 Prozent der Jungen regelmäßig Games spielen, tun dies nur 70 Prozent der Mädchen. Bei digitalen Spielen zeigen zwölf Prozent der Kinder und Jugendlichen ein problematisches Verhalten, drei Prozent ein pathologisches. Damit sinkt das Niveau das dritte Jahr in Folge und ähnelt fast dem Vor-Pandemie-Niveau: 2022 zeigten 18 Prozent ein problematisches Verhalten, sechs Prozent galten als abhängig (2019: 13 Prozent; drei Prozent).
Konstant hoch bleiben dagegen die Zahlen beim Streaming, das seit 2022 in der Studie erfasst wird. In den vergangenen drei Jahren lag die Zahl problematischer Nutzer bei rund 16 Prozent. Rund drei Prozent gelten heute als abhängig. Video-Streaming-Dienste werden der Studie zufolge von jeweils 92 Prozent der befragten Mädchen und Jungen regelmäßig genutzt.
Gesundheitliche und soziale Folgen
Die gesundheitlichen Folgen einer Mediensucht können vielfältig sein. Sie äußern sich beispielsweise in Übergewicht und Bewegungsmangel, Augenproblemen und Haltungsschäden. Auch Entwicklungsverzögerungen in Motorik und Sprache sowie Bindungs- und Verhaltensstörungen können die Folge sein.
Daneben haben die Forschenden erstmals das Phänomen des sogenannten Phubbing untersucht. Die Wortneuschöpfung aus dem englischen „Phone“ (Telefon) und „Snubbing“ („jemanden brüskieren“) beschreibt die unangemessene Nutzung des Smartphones in sozialen Situationen, beispielsweise bei Gesprächen oder am Esstisch.
Demnach fühlen sich 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen durch die Smartphone-Nutzung anderer Personen ignoriert. 25 Prozent haben dadurch soziale Konflikte erfahren. Wer häufiger Phubbing-Erfahrungen macht, ist der Studie zufolge einsamer, depressiver, ängstlicher und gestresster.